www.Crossover-agm.de THY MAJESTIE: Hastings 1066
von rls

THY MAJESTIE: Hastings 1066   (Scarlet Records)

Nach White Skull (auf "Tales From The North") begibt sich eine weitere italienische Band auf historisch-mythologische Inspirationssuche außerhalb ihrer heimatlichen Gefilde: Thy Majestie greifen, wie der Titel schon besagt, die Schlacht von Hastings am 14. Oktober 1066 auf, die Wilhelm I. und seine Normannen gegen die ansässigen Angelsachsen unter Harald II. siegreich beendeten (die Folgeperiode kann literarisch aufgearbeitet u.a. in Sir Walter Scotts Klassikerroman "Ivanhoe" nachgelesen werden) und setzen damit die bandinterne Tradition von Konzeptalben (das mir nur vom Hörensagen bekannte 2000er Debüt "The Lasting Power" war ein ebensolches) fort. Musikalisch fällt es alles andere als schwer, Thy Majestie als Italiener zu identifizieren (mit den deutschen Black Metallern Thy Majesty haben sie nichts zu tun), obwohl symphonisch-melodischer Speed Metal italienischer Prägung ja längst auch aus Rußland, Spanien oder Argentinien bekannt ist. Thy Majestie versuchen allerdings, dem Gebräu ihre eigene Note zu verleihen, und das schaffen sie mittels gleich mehrerer Mittel. Zum einen gehen sie sehr klassiklastig zu Werke und integrieren einen echten Chor (den "Teatro Massimo Choir" aus Palermo, der nicht etwa nur in ein oder zwei Intros zum Zuge kommt, sondern Dario Grillos Leadstimme in mehreren Songs assistiert oder handlungsbezogen auch konterkariert), was in ähnlicher Konsequenz in Italien lediglich von Rhapsody praktiziert wird. Zweitens haben sie einige überraschende Tempowechsel und Rhythmusverschiebungen eingebaut (man ziehe als Exempel nur mal "The Scream Of Taillefer" heran), was sie zwar nicht gleich zu einer Progressive-Band macht, aber doch leicht in diese Richtung schielt. Drittens schließlich entsprechen sie auch musikalisch dem gewählten Thema, indem sie ein paar mittelalterliche Melodieverläufe einbasteln, Marschrhythmen an mehreren Stellen das militärische Geschehen unterstreichen und im Intro zu "Echoes Of War" auch noch ein Dudelsack ausgepackt wird. Die Story selbst wird anhand des mir nicht vorliegenden Booklets hoffentlich für alle Interessierten in epischer und fundierter Breite illustriert, denn nicht jeder dürfte mit der englischen Geschichte so vertraut sein, daß er das Schlachtgeschehen samt Vor- und Nachspielen aus dem Stegreif nachstellen kann. Der Tragweite des Ereignisses gerecht werdend (immerhin sickerte, nachdem die Angelsachsen im Zuge der Völkerwanderung auf die britische Insel übergesetzt waren, mit den Normannen ein weiteres Mal sozusagen "europäischer Geist" auf die Insel ein, allerdings bis zur allerjüngsten Geschichte auch zum letzten Mal in einer solchen Massivität), sind die 14 Tracks (von denen allerdings sechs lediglich Intros oder Interludien bilden) mit majestätischer Größe konzipiert und lassen auch die nötige Dramatik nicht vermissen, obwohl man ja weiß, wie die Geschichte ausgehen wird (es sei denn, sie hat hier einen anderen Schluß verpaßt bekommen, was ich aufgrund der mir nicht vorliegenden Lyrics nicht verifizieren kann - der Titel des letzten Tracks "Demons On The Crown" entspricht allerdings dem historisch echten Gefühl der besiegten Angelsachsen, Wilhelm I. auf "ihrem" Thron zu sehen; sein Beiname "Wilhelm der Eroberer" hat sicher nicht dazu beigetragen, die noch lange Zeit schwelenden Konflikte zwischen Normannen und Angelsachsen, die in "Ivanhoe" sehr schön literarisch verarbeitet worden sind, beizulegen). Einige der Tracks wissen mit großem Hymnencharakter zu begeistern, ganz vorn dabei das siebenminütige "Anger Of Fate", das parallel dazu auch den größten Eingängigkeitsfaktor besitzt und deshalb (allerdings in seiner Gesamtlänge, sonst verpaßt man nämlich das hübsche Baßsolo) als Anspieltip herhalten muß. Übrigens sollte man sich nicht wundern, daß (zumindest auf meiner Promoversion) nur 10 Tracks namentlich aufgeführt sind, die Durchnumerierung aber bis 14 reicht - die vier Intros sind dort (im Gegensatz zum Präludium "Rerum Memoria" und zum Interludium "Incipit Bellum") nicht aufgeführt und in der Tracklist auf dem Promozettel schlicht mit "Intro" bezeichnet. Summa summarum eine sehr gutklassige Veröffentlichung, die zwar keinen Italometalfeind zur Abbitte nötigen wird, aber für jeden Genrefreak ein unverzichtbares Schätzchen in der Tonträgersammlung bilden dürfte.
 




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