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Toxic Smile    12.04.2002    Leipzig, Rabet
von rls

Heimspiel für Toxic Smile! Theoretisch jedenfalls (sie proben im Rabet). Nur: Der Prophet gilt im eigenen Lande bekanntlich wenig bis nichts, und so werden Toxic Smile zwar in Südkorea von begeisterten Teenies umlagert (sie haben dort einen Majordeal), spielen hierzulande aber meist vor einer überschaubaren Anzahl an Publikumsköpfen. So auch an diesem Freitagabend: 5000 Leute pilgern in die Messehalle 7 zu einem Greis, dessen musikalische Glanzzeiten Jahrzehnte zurück in the wind blowen und der es sogar für nötig hält, auf der kompletten Tour ein Fotografierverbot (also auch für Journalisten!) zu erlassen - Toxic Smile hingegen spielen sich vor vielleicht 50 Leuten, von denen gut und gerne drei Viertel zum Familien- oder engsten Freundeskreis der Musiker zählen, den Hintern ab. Auf der Bühne stand die "Basisversion" der Band - der zwischenzeitlich eingestiegene Satyr-Bandkopf Pierre Bosolum ist mittlerweile nicht mehr dabei, da ihm seine sonstigen Aktivitäten nicht genügend Zeit für Toxic Smile ließen, und man hatte erwartungsgemäß auch Zweitgitarrist Hete nicht aus Korea einfliegen lassen -, und die legte mit "O.T." und "Autumn Leaves II" gleich ordentlich los, leider in phasenweise etwas übertriebener Lautstärke, die speziell Uwes Gitarrenleads nicht guttat. Dafür machte sein (seltenes) fettes Riffing (man merkte halt doch, daß nur eine Gitarre am Start war) soundlich entscheidenden Boden gegenüber den dominierenden Polen Larry (Gesang) und Marek (Keyboards) gut. "Arirang" sollte im weiteren Verlaufe der knapp anderthalb Stunden der einzige weitere Song bleiben, den man schon einmal auf Tonkonserve zu hören bekommen hatte (und wo man dementsprechend hätte nachprüfen können, ob die teilweise irrwitzigen Breaks auch tatsächlich alle so geplant waren). Die restlichen 10 Tracks nämlich waren allesamt brandneu (auch das bereits seit 1998 in den Hinterköpfen festgenagelte "Cold Run", das erst kürzlich seine finale Ausarbeitung erfahren hatte) und teilweise gar noch in der Ausfeilphase, so daß sie streckenweise noch gar keine Titel hatten und unter so sinnigen Arbeitstiteln wie "LPG" oder "L.H.B." liefen. Gerade letztgenannter machte aber exemplarisch deutlich, daß Toxic Smile es nach wie vor verstehen, ihren Progmetal auch eingängig zu gestalten und mit für Progverhältnisse minimalen Mitteln ein den Ansprüchen der Hörerschaft und des eigenen musikalischen Egos genügendes Ergebnis zu erzielen - der lange instrumentale Mittelteil war der ausreichende Beweis für diese These. Überhaupt hatte Larry oft nichts zu tun - das lag aber daran, daß auch die Lyrics zu vielen der neuen Tracks noch im Arbeitsstadium sind, so daß sich die starke Instrumentallastigkeit (was ja prinzipiell nichts Schlechtes ist, aber auf den ersten Hör doch etwas ungewöhnlich) bzw. der kryptische Charakter mancher Strophenfetzen wohl noch relativieren wird. Generell pendelt das neue Material in zwei Richtungen: einerseits konsequent ins Progmetallische (mit einem leicht erhöhten Sperrigkeitsgrad), womit sich "Autumn Leaves II" nahtlos in den Set einfügte, zum anderen in die balladeske Ecke, wofür es zwei Exempel zu hören gab, von denen sich das "Everyone" bearbeitstitelte als wahrer Ohrwurm vor dem Herrn entpuppte (und widersinnigerweise vom koreanischen Label als potentielle Single abgelehnt wurde). Die technischen Fertigkeiten der Herrschaften sind ja allgemein bekannt und fanden auch an diesem Abend ihre Bewunderer (die anwesenden Musiker einer Leipziger Undergroundband beschlossen notgedrungen die rapide Erhörung ihrer Probenintensität :-)), nur die Technik spielte dem Fünfer einen Streich nach dem anderen: Ab der Mitte des Sets waren beide Monitorboxen ausgefallen, so daß sich die Musiker untereinander gar nicht mehr hörten, und der Baßverstärker verweigerte ebenfalls seinen Dienst, so daß Larry die ungewollte Pause mit Ansagen zum vorgeblich bevorstehenden Teil der Setlist überbrückte und man dementsprechend tatsächlich mit einer Modern Talking-Jamsession begann, die für großes Hallo im Publikum sorgte. Als er schließlich Material von Monika Hauff und Klaus-Dieter Henkler androhte, war die notdürftige Reparatur zum Glück beendet, und es konnte normal weitergehen. Eine "richtige" Zugabe blieb dem zufriedenen Auditorium aufgrund der Technikprobleme versagt (eine gab's schon, aber ...), womit ein Gig mit absolutem Eventcharakter ein doch etwas abruptes Ende fand.
 






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