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STELLA POLARIS: Stella Polaris
von rls

STELLA POLARIS: Stella Polaris   (Stone Premonitions)

Langsam wabernde Keyboards leiten den Opener "Off With Their Heads" ein, und der Hörer beginnt sich bald zu fragen, ob er sich in "Shine On You Crazy Diamond" befindet, wenngleich die harmonische Struktur dort schon eine deutlich andere ist. Nach 1:40 min erklingt jedenfalls ein überraschender, förmlich aus dem Nichts kommender Tonartwechsel, die Gitarre setzt ein, und wir finden uns in einer geringfügig rauhbeinigeren Version des Verrückten Diamanten wieder, bis kurz vor Minute 2 Paddi zu trommeln und Tim Jones seiner Gitarre auch Riffs zu entlocken beginnt, wonach sich eine Art Melodic Rock entspinnt, der noch sieben weitere Minuten andauert und ein Grundthema immer wieder mehr oder weniger unauffällig variiert, so daß man schon genau hinhören muß, um die Entwicklung wahrzunehmen und nicht nach kurzer Zeit gelangweilt abzuschalten. Gesang gibt es hier keinen und in den anderen Songs des selbstbetitelten Stella-Polaris-Debütalbums auch nicht, von "Givin' It Large" abgesehen, wo Bassist The Reverend Rabbit auch mal zum (leicht angezerrten) Mikrofon greift. Wem die bisher gelesenen Namen bekannt vorkommen, der liegt richtig: Wie auch schon oben anhand der Labelangabe deutlich geworden sein sollte, handelt es sich bei Stella Polaris wieder um ein Bandprojekt aus der Stone-Premonitions-Familie, also mit "den üblichen Verdächtigen", die sich immer wieder in neuen Konstellationen zusammenfinden, aber auch bewährte beibehalten. Stella Polaris jedenfalls sind offenbar neu, die Leute wiederum sind es nicht, bis auf Drummer Kevin Thompson, dessen Name zumindest dem Rezensenten in diesem Umfeld bisher nichts sagte und der außer "Off With Their Heads" alle anderen Songs der reichlich 55minütigen Scheibe eingetrommelt hat, sofern es seiner Dienste denn bedurfte, was nicht durchgehend der Fall ist: Im sphärischen Instrumental "Ephadream" etwa bedurften Jones und Keyboarder Dave Hendry seiner Dienste nicht. Da keine Einzelkomponisten angegeben sind, sondern die jeweils aktiv gewesene Triobesetzung (ohne den Basser) als Urheber genannt wird, könnte es sich durchaus um mitgeschnittene Improvisationen handeln, die dann nur noch um ein paar zusätzliche Stimmen erweitert wurden - aber auch die Variante eines klassischen Songwritings ist möglich, zumal gerade Hendry seinen Effektkasten definitiv schon vorher gut bestückt und durchstrukturiert haben muß. In den meisten Songs dominieren jedenfalls seine Keyboards, allerdings spielt auch Jones durchaus eine zentrale Rolle. Das Gesamtbild ist dann durchaus vielschichtig, auch wenn man hinter dem gesamten Material schon ein und dieselbe Handschrift erkennt und diese zudem problemlos als aus dem Hause Stone Premonitions stammend erkennbar ist. Aber gerade "Off With Their Heads", auch anhand des Titels ja schon recht dramatisch angelegt, läßt durchaus Querverweise zu den Asia der frühen John-Payne-Ära, also im wesentlichen "Aqua", oder auch zu den späten Emerson Lake & Palmer, also die weitgehend unterschätzte "Black Moon"-Zeit, zu, nur eben ohne Gesang. Als großer Fixpunkt des Schaffens stehen allerdings unverrückbar Pink Floyd im Raum, die von Stella Polaris zwar nicht kopiert werden, aber wichtige Orientierung gaben, wobei sich Stella Polaris ja auch nur auf einen von deren Schaffensaspekten konzentrieren und dann wieder etwas ganz anderes machen, was sich Gilmour, Waters & Co. nie getraut hätten - in "Retroglide" etwa spielen sie puren Hardrock mit doppelläufiger Leadgitarre, der angesichts der Bandkonstellation definitiv nicht als Improvisationsmitschnitt entstanden sein kann und Verwandtschaft eher in anderen Siebziger-Formationen findet, etwa bei Thin Lizzy oder gar bei Wishbone Ash. Aber die Floyd-Orientierung dominiert insgesamt schon, und einen hübschen Stone-Premonitions-internen Verweis bekommt der Hörer zum Schluß auch noch: Der Albumcloser heißt "We're All Egyptians Now" und erinnert den Kenner natürlich sofort an "We're All Americans Now" von den gleichfalls zur Familie gehörenden Body Full Of Stars (zu finden auf deren "Welcome!"-Album). Wer beide Songs besitzt, kann sich auf die Suche nach musikalischen Querverweisen machen, wer nur das Stella-Polaris-Debüt hat, darf sich zumindest Gedanken machen, ob es hier eine Anspielung auf das, was weiland euphemistisch "Arabischer Frühling" genannt wurde und längst einer Ernüchterung gewichen ist, gibt. Immerhin ist "Stella Polaris" schon 2011 eingespielt worden. So bietet sich einiger Stoff zum Nachdenken (auch schön: "Liberation Squared") neben solchem, der eher zum Schmunzeln anregt, sofern sich da keine Anspielungen dahinter verbergen sollten, die der Rezensent nicht entschlüsseln kann ("So What If They've Got Tee Shirts In Denmark" als Exempel). Für Stone-Premonitions-Sammler ist jedenfalls auch dieses Album typisch genug, um es bedenkenlos der eigenen Sammlung einzuverleiben, aber prinzipiell sollte auch jeder Pink-Floyd-Anhänger, der in puncto neuer Releases seiner Helden ja am Hungertuche nagt, mal ein Ohr riskieren.
Kontakt: www.aural-innovations.com/stonepremonitions

Tracklist:
Off With Their Heads
Ephadream
Diocin & Widdershins
So What If They've Got Tee Shirts In Denmark
Remembrance
Retroglide
The Man Who Never Was
Givin' It Large
Liberation Squared
We're All Egyptians Now
 



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