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SKINFLINT: Iklwa
von rls

SKINFLINT: Iklwa   (Pure Steel Records)

Die metallische Erschließung des afrikanischen Kontinents hat, was seine nördlichen und ganz weit südlichen Staaten betrifft, auch in Europa zumindest etwas Aufmerksamkeit gefunden, aber das ganze dazwischenliegende Areal, gemeinhin unter Schwarzafrika subsumiert, gilt außer bei ausgesprochenen Undergroundfreaks als terra incognita. Aber auch dort gibt es interessante Bands, und eine von denen besitzt nun die strukturelle Ausgangsposition, um Botswana langfristig auf der metallischen Landkarte zu etablieren: Die 2005 gegründeten Skinflint konnten einen Deal mit den Erzgebirgsbewohnern Pure Steel Records an Land ziehen, so daß ihre Tonzeugnisse nun auch regulär in europäischen Gefilden zu bekommen sind und man nicht erst nach Botswana reisen oder das WeltWeitNetz nach Sounddateien durchsuchen muß. "Iklwa" ist von den nun auch hierzulande veröffentlichten Scheiben die älteste, original 2010 eingespielt und das zweite volle Album der Band (das Debüt "Massive Destruction" haben Pure Steel nicht mit an Land gezogen, jedenfalls nicht komplett - dazu gleich mehr). Acht Songs enthält die Originalversion, die bisher nur als CDR erhältlich war und für die CD-Veröffentlichung von Rocco Stellmacher noch einmal remastert wurde. Ein Klanggewand, das mit einem europäischen High-End-Studio konkurrieren kann, ist natürlich trotzdem nicht herausgekommen, aber erstens kann man in Botswana ja nicht mal eben in jedem Laden die neueste Tontechnik kaufen, zweitens würde ein solcher Sound auch gar nicht zum ungewöhnlichen Epic Metal der Band passen, und drittens ist das Klanggewand zwar ein wenig polterig und auch nicht so sehr druckvoll, aber keineswegs schlecht.
Das Stichwort "Epic Metal" ist eben schon gefallen: Skinflint halten sich von Geschwindigkeitsattacken weitgehend fern - der Quasi-Opener "Iron Pierced King" und der Titeltrack mit ihrem gehobenen Midtempo stellen schon die prinzipielle Obergrenze dar, ein etwas schleppenderes Tempo wie im dem erstgenannten folgenden "Mbube The Great" ist typischer für Skinflint, die allerdings auch in diesem Song gegen Ende hin die Schlagzahl etwas erhöhen, während "Burning The Soul With Diesel" im Intro einen Doomtrack antäuscht, dann zur Halbballade mutiert und schließlich wieder im gewohnt-geliebten schleppenden Tempo landet, nach zwei Minuten im Refrain aber plötzlich in einen galoppierenden Beat verfällt, dann allerdings nach einem weiteren Midtempopart etwas unmotiviert endet, nachdem gerade knapp über drei Minuten vergangen sind. Andererseits wagen sich Skinflint aber auch an Epen in der Nähe der Zehnminutengrenze heran, wobei ihnen der Hang zu sehr ausführlichen identischen oder nur geringfügig variierten Wiederholungen einzelner Passagen entgegenkommt, es dem Hörer aber auch schwermacht, seine Aufmerksamkeit nicht ermüden zu lassen, wofür der Schlußteil von "Profit Making Funeral" und das Instrumental "When You Die, You Die" (auch wenn es nur halb so lang ist) Paradebeispiele abgeben. Rhythmisch agiert das Trio bisweilen nach den gängigen "erstweltlichen" Metalstandards, etwa im geradlinigen Titeltrack, aber Drummer Mothusi Mahuri spielt durchaus auch Figuren, die afrikanischen Traditionen entstammen und in die sich der Hörer erst schrittweise hineinversetzen muß. Das gilt in ähnlicher Form auch für die Melodik, wobei hier Sänger/Gitarrist Giuseppe Sbrana von vornherein eine Doppelrolle einnimmt: Im Gegensatz zu seiner Rhythmusgruppe ist er von weißer Hautfarbe, stammt also offensichtlich in direkter Linie von europäischen (dem Namen her wohl italienischen) Einwanderern ab und hat daher wahrscheinlich zumindest in gewisser Weise einen "gemischten" kulturellen Background. Daß er m">Iron Maiden liebt (sie stehen im Booklet-Interview hinter Black Sabbath an zweiter Stelle seiner Einflußliste), ist an einigen Stellen nicht zu überhören, etwa in den eröffnenden Gitarrenlicks von "Mbube The Great", während an Iommi & Co. allenfalls die Vorliebe für schleppende Tempi erinnert. Die Inspiration aus der heimischen Kultur wiederum ist an zentraler Stelle in die Lyrics eingeflossen, wofür der Albumtitel (er bezeichnet einen Speer, der von den Zulu verwendet wurde) oder ein Songtitel wie "Mbube The Great" schon beredte Zeichen abgeben, und da die Texte im Booklet auch abgedruckt sind und Sbrana zudem in Englisch und nicht etwa in einer der zahlreichen Eingeborenensprachen Botswanas singt, kann der europäische Leser diesen Hintergrund auch problemlos nachvollziehen, sofern ihn das etwas arg klischeehafte und zudem vom Zeichenstil her gewöhnungsbedürftige Cover nicht schon vorher abgeschreckt hat oder ihm das Intro ungewollt komisch vorkam, in dem Sbrana mit heiligem Ernst in merkwürdigem Englisch Verse rezitiert. Überhaupt könnte sich sein Gesang zum Knackpunkt für Skinflint entwickeln, wirkt er doch relativ unbeholfen und wenig tontreffsicher. Fände das Trio noch einen richtig großartigen Epic-Metal-Frontmann (und vielleicht auch noch einen Zweitgitarristen, um die diversen zweistimmigen Gitarrenpassagen live noch besser umsetzen zu können), so wäre dies als eine bedeutende Verstärkung zu werten, aber solche Menschen pflegen schon in Europa oder den USA nicht mal eben um die Ecke zu wohnen und in Botswana noch viel weniger. Wenn man sich einmal an die Stimme gewöhnt hat, ist man zwar nicht mehr geneigt, sie als richtigen Schwachpunkt zu werten, aber zum Trumpf der Band (und der Sänger sollte immer ein wichtiger Trumpf einer Metalband sein) deklarieren wird man ihn zumindest anhand des Gesanges auf "Iklwa" auch nicht, was auch auf die beiden Bonustracks der erzgebirgischen Edition zutrifft. "Army Of The Dead" stammt vom Debütalbum "Massive Destruction" und hinterläßt beim mitteleuropäischen Hörer mit seinem Mix aus einer Rockgitarre und afrikanischen Rhythmen in den ersten zwei Minuten ein noch viel größeres Fragezeichen als die diesbezüglichen, schon deutlich rarer gesäten Stellen im "Iklwa"-Material, bevor dann doch noch geradliniger Metal mit einem richtig ekstatischen Gitarrensolo draus wird. "Gauna" wiederum steht als Studiofassung auf einer nach dem Album veröffentlichten EP, ist hier aber als Livefassung deklariert, wobei nirgendwo genau vermerkt ist, woher sie denn stammt, und es somit eine Vermutung bleiben muß, daß es sich um den in den Liner Notes vermerkten Mitschnitt im Rahmen eines CNN-Interviews handelt. Der Song gehört in seinen Rahmenteilen zur flotteren Kategorie im Skinflint-Repertoire und ist rhythmisch relativ geradlinig ausgefallen, fordert allerdings die Nerven der europäischen Hörer mit teilweise relativ schräger Gitarrenarbeit, wobei er einen kleinen Schlenker zu Tankards "Empty Tankard"-Intro versteckt, der freilich sicher unbeabsichtigt war. Potential besitzen Skinflint jedenfalls definitiv - die Folgewerke müssen zeigen, in welchem Rahmen sie es abzurufen und auf Konserve zu pressen verstehen. "Iklwa" ist schwer einzuordnen und sollte zumindest nicht ohne vorherigen Hörtest (am besten ohne das Intro) erworben werden.
Kontakt: www.facebook.com/skinflintmetal, www.puresteel-records.com

Tracklist:
Intro
Iron Pierced King
Mbube The Great
Burning The Soul With Diesel
Iklwa
The Fallen
Profit Making Funeral
When You Die, You Die
Army Of The Dead
Gauna (Live)



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