SCENE X DREAM: Scene X Dream von rls (Battle Cry Records)
Nach dem Ende von Wallop gründeten Gitarrist Andreas Lorz und Bassist Stefan Fleischer eine neue Band mit dem kryptischen Namen Scene X Dream, und nachdem sie bei Wallop immer mit nur mittelmäßigen Vokalisten vorlieb nehmen mußten, zogen sie mit ihrer neuen Band das große Los in Gestalt von Andi Sommer. Der sieht auf den (reprotechisch ziemlich üblen) Bandfotos völlig harmlos aus - aber das seinerzeit in der Presse bisweilen zu lesende Urteil, der beste Metalsänger Deutschlands zu sein, stellt sich nach Durchhören des selbstbetitelten Debütalbums als mit keiner Silbe übertrieben heraus: Der Mann klingt wie eine etwas kräftigere Version von Michael Kiske, meistert die Höhenlagen spielend, beherrscht aber auch relativ aggressive Äußerungen in mittlerer Höhe und zeigt sein ganzes gefühlvolles Können im balladesken Intro von "Dream Away". Freilich wollen ihm seine drei Kollegen an den Instrumenten (neben den beiden Genannten noch Drummer Wolfgang Arnold) in puncto Höchstleistungen nicht nachstehen, und sie tun das auch nicht, weder spieltechnisch noch songwriterisch. Die Scheibe mixt in geschicktester Weise Melodic und Prog Metal und stellt quasi das Album dar, das Queensryche immer schreiben wollten, aber nie hinbekommen haben. Ein Speedie wie "Silver Surfer" erinnert dabei noch etwas an alte Wallop-Zeiten, aber generell haben die Offenbacher den metallischen Vorwärtsdrang ein wenig gezügelt, ohne dabei freilich an Energie einzubüßen. Nur transportieren sie die jetzt eben anders - das rasende Auto im Intro des Openers "Out Of Time" führt diesbezüglich also ein wenig auf die falsche Fährte. Statt dessen ist hier Eleganz das richtige Stichwort: Tempo- bzw. Rhythmuswechsel im richtigen Moment, nämlich dort, wo sie tatsächlich eine Bereicherung bilden, exzellent eingewobene Backing Vocals, seltene, aber wirkungsvolle Keyboardeinsätze und die Fähigkeit, alles ohne ausufernde Arrangements auf den Punkt zu bringen, nämlich in kompakten Songs, die alle so um die vier Minuten lang sind. Mit solchen Tugenden hätten Scene X Dream in einer gerechten Welt eigentlich ganz vorn mit dabei sein müssen, aber in einer solchen leben wir bekanntlich nicht, und als 1992 das selbstbetitelte Debüt als Quasi-Eigenproduktion erschien, war der traditionell orientierte Metal auch in seiner progressiv angereicherten Variante (trotz eines Millionenerfolgs Queensryches mit "Empire") medial quasi totgesagt worden, so daß zwar diverse Gourmets sich an solchen Klängen labten, die breite Masse aber andere Wege ging. Die schmale Bandkasse führte allerdings dazu, daß das Album mit nur 33 Minuten Spielzeit auch nicht gerade überreich bestückt war, und das, obwohl man die letzten beiden Tracks "Dream Evil" und "New Age" sogar live mitgeschnitten hatte, damit einerseits Studiokosten sparend, andererseits als willkommener Nebeneffekt aber auch demonstrierend, daß Scene X Dream ihre Songs auch live in adäquater Weise darbieten konnten (die Halftimedrums im Intro sollten hier nicht als Ausdruck einer etwaigen Trendhörigkeit, sondern als künstlerisches Stilmittel gewertet werden). Was dieser Haufen von Könnern für ein Potential hatte, zeigt sich u.a. auch in der Tatsache, daß keiner der sechs Songs von den beiden Demos fürs Debüt neu eingespielt wurde, sondern selbiges ausschließlich exklusives Material enthielt.
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