www.Crossover-agm.de SCALD: Will Of The Gods Is Great Power
von rls

SCALD: Will Of The Gods Is Great Power   (Wroth Emitter)

Das hier sind nicht die Scald aus dem Vereinigten Königreich, sondern eine russische Band gleichen Namens, die allerdings bereits seit 1997 nicht mehr existiert, nachdem Sänger Agyl aka Maxim Adrianow auf tragische Weise ums Leben kam und die anderen Bandmitglieder ohne ihn nicht mehr weitermachen wollten (sie gründeten daraufhin Tumulus, bei denen zwei von ihnen heute immer noch spielen). "Will ..." stammt im Original aus dem Jahre 1996 (vorher gab es bereits ein Demo namens "North Winds", das aber lange nicht so gut gewesen sein soll) und wurde 2003 mit einem Bonustrack (der auch auf dem regulären Album enthaltene Song "Sepulchral Bonfire" in einer bereits 1995 aufgenommenen Frühfassung) wiederveröffentlicht, wobei das Remastering aber bereits 2001 stattgefunden hat - warum es noch so lange bis zum Re-Release gedauert hat, entzieht sich meiner Kenntnis (der produktionsseitige Druck fehlt auch der remasterten Version immer noch etwas, aber da wird aus den Originalaufnahmen vermutlich nicht viel mehr rauszuholen gewesen sein). Aber das Warten hat sich gelohnt, denn "Will ..." ist ein mächtiges Werk geworden, dessen Stil man schon anhand des Covers erahnen kann, auf dem ein Wikinger-Drachenboot von einer Art Tor eingerahmt wird, das optisch an eine Mischung aus Jugendstil und Runenverschnörkelung erinnert. Daß Bathory dann auch noch an erster Stelle der Bandinspirationsliste genannt wird, sollte die letzten Zweifel beseitigen: Scald spielen Viking Metal, wie ihn Bathory zu "Hammerheart"-Zeiten geprägt haben - allerdings haben sie gegenüber Quorthons Schaffen gleich mehrere Vorteile. Erstens fehlt ihren Gitarren dieser fast indielastige Schrammelsound, der sowohl auf "Hammerheart" als auch beispielsweise auf den bisherigen Werken von Primordial vorherrschte (erst auf dem neuen Werk "The Gathering Darkness" konnten sich die Iren davon lösen) - Scald kreieren mächtige traditionell klingende Doomriffs und kombinieren sie mit schneidenden Leads, welche die spielerischen Fähigkeiten von Harald und Karry eindrucksvoll unter Beweis stellen (und die sind ein gutes Stück höher anzusiedeln als die Fertigkeiten von Quorthon an diesem Instrument - das wäre Vorteil Numero 2). Und dann gibt es da ja noch diesen Sänger, der so viel Pathos mit sich rumschleppt, daß sich auch gute Teile der metallischen Zunft entnervt abwenden werden - ein Fehler, wie der Rest ganz klar feststellen wird, denn Agyl kann singen. Und wie! Robert Lowe von Solitude Aeturnus kommt einem als Vergleich in den Sinn (wie überhaupt auch das Intro von "A Tumulus" durchaus an diese Band erinnert), aber selbst er hatte nicht diese durchdringende Klarheit in der Stimme. Selbst höchste Passagen meistert Agyl ohne jeglichen Anflug von Rauheit, gar von Anstrengung. Hier hätte ein ganz Großer heranwachsen können, und das macht seinen Tod doppelt tragisch. "A Tumulus" (damit klärt sich dann auch die Inspiration für den Namen der Nachfolgeband) ist an dritter Position übrigens auch der erste Track (es soll auch der einzige bleiben), in dem Drummer Ottar zumindest an einigen Stellen von der Schleichgeschwindigkeit in unteres Midtempo vorstößt, die bisher mit jeder Spielminute drohende Monotonieabkippung vorerst verhindernd - Tempovariation bleibt allerdings auch in den Folgesongs nicht die Stärke Scalds, wie gleich wieder "In The Open Sea" an vierter Position deutlich macht, das in analoger Weise durch die Gegend tappt wie ein russischer Bär, den man versehentlich aus dem Kaukasus in die Großstadt versetzt hat. Daß Ottar auf dem Einzelfoto im Booklet offenbar so etwas Ähnliches wie einen Pelzanorak trägt (genau ist es nicht zu erkennen), sollte hoffentlich nicht auf die Temperaturverhältnisse im Proberaum von Scald Rückschlüsse zulassen - immerhin liegt Jaroslawl noch ein gutes Stück nördlich von Moskau (allerdings noch lange nicht am Meer - deswegen klingt das Wellenrauschen am Übergang von "In The Open Sea" in "Eternal Stone", das auch im nächsten Songübergang nochmal wiederkehrt, offenbar so künstlich). Die CD rotiert insgesamt 64 Minuten im Player, auflockernde Intermezzi wie "Song To Hall Up High" gibt es hier nur in Gestalt des kurzen Outros "Bilrost" (oder als kurze Songintrosequenz, etwa in "Ragnaradi Eye"), so daß man angesichts der erwähnten temposeitigen Invariabilität schon ein ausgeprägter Fan doomigen Viking Metals sein muß, um die Spielzeit ohne Sekundenschlafanfälle zu überstehen. Aber wenigstens halten blitzartige Einfälle, mal eine atmosphärische Keyboardfläche, die brillant eingewobenen Glockenklänge im Mittel- und Schlußteil des knapp elfminütigen "Ragnaradi Eye" oder wieder eine dieser schneidenden Leadgitarrenlinien, den Fan, so er sensibel genug für das Entdecken solcher Details, bei Laune und lassen ihn bedauern, daß Scald unwiderruflich Geschichte sind. Mit einem Link zu einer Bandinfopage kann ich dementsprechend auch nicht dienen (außer der auf www.metal-archive.com), das Album gibt's in Mitteleuropa wohl am einfachsten unter www.metalglory.de zu ordern. Zwei Mailadressen vom Label (dessen erste Veröffentlichung das wohl ist, aus der Katalognummer zu schließen - auch hier sind die Bandmitglieder wohl selbst am Werk) wären auch noch im Angebot: wroth_emitter@mail.ru oder wroth_emitter@musician.org

Tracklist:
Night Sky
Sepulchral Bonfire
A Tumulus
In The Open Sea
Eternal Stone
Ragnaradi Eye
Bilrost
Sepulchral Bonfire (Version '95)
 




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