www.Crossover-agm.de SALAMANDRA: Skarremar
von rls

SALAMANDRA: Skarremar   (Leviathan Records)

Nicht mehr ganz taufrisch ist diese CD - sie stammt bereits aus dem Jahre 2000 und gelangte erst jetzt in meine Sammlung (mit "Great Moravian Elegies" hat der Nachfolger unlängst auch schon das Licht der Welt erblickt, belehrt mich ein Blick auf die Bandpage). Trotzdem macht sich eine Vorstellung auch vier Jahre nach Erscheinen noch Sinn, denn einerseits dürfte sich der Bekanntheitsgrad von "Skarremar" in Westeuropa in überschaubaren Grenzen halten, und zum anderen lohnt sich der Erwerb des Teils aus musikalischen Gründen hochgradig: "Skarremar" verdeutlicht, wie Blind Guardians "Nightfall In Middle-Earth" hätte klingen können, wenn die Krefelder sich nach dem Meisterwerk "Imaginations From The Other Side" nicht plötzlich als eigendefinierte Prog Metal-Band mit einem überambitionierten und teilweise schwammig produzierten Konzeptwerk in die Nesseln gesetzt hätten (eine Einschätzung, mit der ich allerdings nicht zwingend auf Zustimmung unter den Kollegen hoffen darf). "Skarremar" ist auch ein Konzeptalbum, das die Story des Debütalbums "Twilight Of Legends" fortzuschreiben scheint (besagtes Album findet sich bisher nicht in meiner Sammlung) und das textlicherseits von Katka Pancová ausgestaltet wurde - eine Handlungsweise, die man auch noch bei anderen osteuropäischen Bands findet, etwa bei Arija, wo auch keines der eigentlichen Bandmitglieder Texte schreibt. Kurz gesagt geht's in die Vergangenheit, wo König Skarremar sein Land in endlosen Kriegen auszehrt, bevor er selbst von einer Legion aus den Gräbern erstandener Alt-Kämpfer (deren Herkunft vermutlich auf dem Debüt erläutert wurde) hinweggefegt wird, wenngleich auch das den Konflikt nicht löst, wie das paradox betitelte Abschlußinstrumental "The Beginning" mit seinem Kommentar im Booklet deutlich macht: "This is the place to start a new story ... or let the history go repeating" (Parallelen zum Afghanistan-Krieg sind zufällig - "Skarremar" entstand bereits vorher). Musikalisch bieten die sechs Tschechen (samt einer Schar Gastmusiker) begeisternden melodischen Power/Speed Metal (auf ihrer Page nennen sie's paradoxerweise "speed metal gothic", wobei ich nicht weiß, ob das allerneueste Material den Begriff "gothic" in der Terminierung tatsächlich rechtfertigen würde), der wie erwähnt die eine oder andere Parallele zu Blind Guardian mit sich herumträgt, aber auch ein paar Italien-Affinitäten nicht verleugnen kann, Helloween aus dem Fenster winken läßt und die zahlreichen metalfremden Einflüsse geschickt ins Gesamtkonzept einwebt. Unter den 15 Tracks gibt es ähnlich wie auf "Nightfall ..." etliche narrative oder instrumentale Zwischenspiele, die aber in einigen Fällen an einen eigenständigen Songcharakter grenzen, wie das beispielsweise in "Remember The Legend" deutlich wird, das klassische Sopranpassagen von Terezka Halamová über einen Kirchenorgel-Begleitsatz von Martin Pawlas legt. Klassischer weiblicher Gesang findet sich auch in anderen Stücken, daneben bekommt Leadsänger Dalibor Halamícek auch noch Unterstützung von einem kleinen Chor sowie von René Vrsecky, welcher vermutlich die eher kräftig-rauhen Passagen (z.B. in "Roads To Hell") einsang, während Dalibor eher in den hohen Lagen agiert (das Booklet vermerkt indes keine exakte Aufteilung, insofern ist das nur eine Vermutung). Im Gegensatz zu Blind Guardian besitzen Salamandra mit Marek Lankoci einen festen Keyboarder (der zwischenzeitlich durch Hanka Slachtova ersetzt worden ist), und trotz eindeutiger Dominanz der Gitarren bekommt ihre Musik damit einen etwas symphonischeren Touch als die der Krefelder, was eine höhere erzielbare Klangvielfalt ergibt, die aber trotzdem songdienlicher eingesetzt wird als auf den jüngeren Outputs der Deutschen. Jeder Song hat seinen eigenen Charakter, nichts wirkt austauschbar, kompakte Inszenierung ist alles andere als ein Fremdwort (nur zwei der 15 Tracks überschreiten die Fünfminutenmarke, ein Speedhammer wie "All Hope Abandon ..." kommt gar in 2:22 Minuten zum Ziel), die Eingängigkeit bleibt nicht auf der Strecke, und keine der 49 Minuten wird langweilig. Menschen, die "Twilight Of Legends" kennen, sprechen von einem kleinen Schwachpunkt, da mangels eines eigenen Drummers ein Drumcomputer diese Aufgabe erfüllen mußte - auch dieses Problem hat die Band mit der Verpflichtung von Daniel Jurecek (in Tschechiens Metalszene kein unbeschriebenes Blatt) gelöst (mit Jarda Dufek, der Ales Limsa ersetzte, gibt es für die Statistiker auch noch einen neuen Bassisten zu vermelden), und auch die Produktion genügt zweifellos internationalen Ansprüchen, ist gleichermaßen transparent wie druckvoll, dabei aber nicht überladen und damit sowohl "Nightfall ..." als auch "A Night At The Opera" deutlich überlegen. Flöten, Dudelsäcke und schöne Keyboardfanfaren geben dem Material den letzten Schliff und runden ein Album ab, das eigentlich viel bekannter sein müßte, wenn es da nicht drei Probleme gäbe: Erstens stammt die Band wie erwähnt aus Tschechien, was auch nach der EU-Osterweiterung alles andere als ein Standortvorteil ist, zweitens steht sie bei Leviathan Records unter Vertrag, die ansonsten hauptsächlich Death und Black Metal veröffentlichen, also nicht unbedingt im Fokus der Aufmerksamkeit eines Traditionsmetalfreaks stehen, und drittens wirkt das Covergemälde nicht ganz so professionell wie der Rest dieses hochklassigen Albums (es vereint sämtliche metallischen Klischees in nicht der allerhöchsten Malkunst). Aber das sollte keinen qualitätsbewußten Freund traditionell orientierten, aber zu keiner Sekunde altbacken wirkenden Metals davon abhalten, sich schleunigst auf die Suche nach diesem Juwel zu machen. "The guardians are winning us back what seemed lost" heißt es in "Freedom's Won Back" - als Anspielung auf die Krefelder untauglich, denn Salamandra sind die wahren Gewinner dieses Vergleichs.
Kontakt: www.mybox.cz/leviathan.cze, www.salamandra.cz

Tracklist:
The Time: Go Back Through Ages
The Legend: Reign Of The Wicked
The Silence: Comes Before A Storm
The Today: All Hope Abandon ...
The Lover: A Kiss Goodbye
The King: Skarremar's Pride
The Army: Dead End Battles
The Singer: Remember The Legend
The Traitor: Roads To Hell
The Coward: Hail The King
The Dead: Cantata Oscura (Silent Memory II)
The Coming: Mindnight Creatures
The Revenge: Legends Come True
The End: Freedom's Won Back
The Beginning



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