www.Crossover-agm.de QUELONIO: Vicio Y Virtud
von rls

QUELONIO: Vicio Y Virtud   (Red Rivet Records)

Die vom Tod umgarnte Blondine, die auf dem Cover nach einem Apfel greift und in Kürze zu Staub zerfallen wird, ist offenbar nicht Quelonio-Sängerin Teresa Broseta, stellt man bei einem Blick auf das Bandfoto, welches das Backcover ziert, fest. Dafür begrüßt diese den Hörer gleich mit einem fies röhrenden Schrei im Opener "Dame Placer", und kurze Zeit später wird erstmal klar, daß die düstere Aussage des Covers keinen Widerhall in der Musik gefunden hat: Quelonio spielen traditionellen Metal ohne Wenn und Aber. Dafür erlebt man mit Teresas Stimme noch die eine oder andere Überraschung. Die angerauhten Lagen, die, wenngleich nicht so kräftig wie im ersten Schrei, den besagten Opener dominieren, weichen in vielen anderen Songs einer etwas geschliffeneren Artikulation in Tonlagen, die im besten Sinne als normal zu bezeichnen sind. Inwieweit das urspünglich so geplant war, muß Detailkennern der Band vorbehalten bleiben: Die Instrumente wurden nämlich bereits 2007 eingespielt, als noch Anna Real als Sängerin zur Band gehörte. Diese wurde 2008 gegen Teresa ausgetauscht, und die Neue sang daraufhin das ganze Material, das original ja nicht auf sie zugeschnitten war, noch einmal neu ein. Annas Stimme ist nur auf einem 2006er Demo zu hören, vorher stand wiederum Juanja Herraiz am Mikro, welche das 2002er Debütalbum "Buscando Una Luz" eingesungen hatte. Wer dieses Album besitzt, ist in der Lage, Vergleiche anzustellen: Erstens steht auf "Vicio Y Virtud" die Fortsetzung des 2002er Titeltracks, und zweitens finden sich mit "Ave Fénix" und "Susurrando Al Viento" gleich zwei Songs auf beiden Alben wieder. Die Trennung von den beiden Sängerinnen scheint allerdings im Guten abgelaufen zu sein, denn einerseits stehen auf "Vicio Y Virtud" auch noch je zwei Songs, für die die beiden Ex-Sängerinnen Co-Composer-Credits zugewiesen bekommen, und andererseits sind sie auch in der Thankslist ganz vorn erwähnt. Wie nun das allein auf Teresas Stimme zugeschnittene Quelonio-Material klingt, das läßt sich auf dem neuesten Album "Rebelion" nachhören, welches sich bisher aber noch nicht beim Rezensenten eingefunden hat.
Also zurück zu den knapp 55 Minuten von "Vicio Y Virtud": Daß wir uns hier im traditionellen Power Metal bewegen, wurde bereits erwähnt, und im Gegensatz zu etlichen spanischen Landsleuten, die ihren Power Metal bombastisch und mit Keyboards inszenieren, gehören Quelonio zumindest heute zu den traditionsorientierten und gitarrendominierten Vertretern ihrer Zunft, wohingegen sie zu Juanja Herraiz' Zeiten einen festen Tastendrücker in der Besetzung hatten. Keyboards gibt's diesmal laut Tracklist nur in "Susurrando Al Viento" (real aber z.B. auch noch im Intro des zweiten Teils von "Buscando Una Luz"; Isauro als Gast spielt sonst bei Dragonfly, wo wiederum der Vorgänger von Juanja Herraiz heute singt), ansonsten setzen die Gitarristen Jose Ruiz (auch Hauptsongwriter, aber alle anderen Instrumentalisten sind ebenfalls am Songwriting beteiligt) und Emilio Luque die Standards und wissen auch ohne Wenn und Aber zu überzeugen, sowohl im Riffing als auch in den darübergelegten Melodien oder den Solospots. Die zweistimmigen Läufe atmen oft ein klares Iron-Maiden-Feeling, ohne deren Stilistik zu kopieren, und hier und da fühlt man sich auch an alte Helloween-Tage erinnert. In der Gesamtbetrachtung halten Quelonio das Tempo übrigens recht hoch, so daß sie per Achtziger-Definition als Speed Metal angesprochen werden müssen. Gerade die Albummitte wird von einer ganzen Reihe Speedsongs dominiert, die im heutigen Maßstab zwar keinesfalls an der Speerspitze des Genres angesiedelt werden müssen, aber in den Mittachtzigern locker für eine solche Qualifikation ausgereicht hätten. Dabei inszenieren die Spanier ihre Songs aber durchaus vielschichtig, wie etwa der erwähnte zweite Teil von "Buscando Una Luz" mit seinen eingeflochtenen Akustikparts beweist. Das danach an Position 10 befindliche "Aquí Estoy" täuscht mit seinem fetten Intro einen Midtempostampfer an, aber auch hier entwickelt sich bald ein flottes Stück Musik, in dem auch Bassist Toni Rosaleny mal solieren darf. "Cima De La Eternidad" beginnt als Ballade, aber auch hier zeigen Quelonio dem Hörer bald noch eine Speed-Metal-Harke und lassen ihn für eine reinrassige Halbballade noch bis zu "Susurrando Al Viento", also dem Albumcloser, warten. Wer wissen will, wie vielschichtig man ein Power-Metal-Album auch (fast) ohne Keyboards und bei stark dominierendem Speed gestalten kann, der kann hier bedenkenlos zugreifen, zumal es auch an der technischen Umsetzung nichts zu beanstanden gibt.
Kontakt: www.myspace.com/queloniometal

Tracklist:
Dame Placer
Juego De Miradas
Ave Fénix
Vicio Y Virtud
V
El Grito De La Realidad
Por La Espalda
Tu Fuego
Buscando Una Luz (Pt. II)
Aquí Estoy
Cima De La Eternidad
Susurrando Al Viento
 




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