www.Crossover-agm.de PUSHKING: I Believe
von rls

PUSHKING: I Believe   (Eigenproduktion)

Nanu, was ist denn mit Pushking passiert? "Rock'n'Roll It's Fire" heißt der Opener von "I Believe" und entpuppt sich als speedlastiger Hardrock alter Schule, wie er beispielsweise auf der Best Of von 2005 völlig abwesend war - ein richtig Laune machender Song, der sich allerdings nicht als programmatisch für die anderen achtzehn Stücke auf "I Believe" entpuppen soll, wenngleich dieser im Kontext Pushkings offensichtlich neue Stil durchaus noch einmal wiederkehren wird. Schon "Love Message" an zweiter Stelle führt eine Stilistik fort, die man als eine der tragenden Säulen des neueren Pushking-Sounds kennt, nämlich Aerosmith-lastigen und leicht boogiegeimpften Hardrock mit Bläsern - und auch dieser Song macht richtig Laune. Die Pushkingsche Spezialität der stilistischen Brüche am laufenden Band wird auch in der Folge deutlich, denn "Christina Talks To God" entpuppt sich als Orchesterballade, die äußerst gekonnt zurückhaltende Teile mit Bombastparts koppelt, und "Rain" fällt nicht als Gewitter, sondern als sanfter Landregen im Akustikrockstil Marke Soul Asylum. Und wir sind in der Betrachtung gerade mal an vierter Trackposition angekommen! Böse Zungen mögen die Stilvielfalt zwar als Orientierungslosigkeit zu brandmarken versuchen, aber einerseits kennt man sie ja schon von früheren Pushking-Alben (weshalb sie als bewußt eingesetztes Stilmittel anzusehen ist), zweitens liegt alles nicht so weit auseinander, daß man das eine Ende zwanghaft nicht mögen dürfte, wenn man das andere Ende schätzt, und drittens gibt es mit Bandkopf Konstantin "Kocha" Schustarjews Stimme ein verbindendes Element, wenngleich er natürlich die harten Rocker anders, nämlich deutlich kreischiger vokalisiert als die Balladen, in denen er erstaunlich dunkle Wärme erzeugen kann. Und bisweilen kombiniert er die Stile in seinen Kompositionen ja auch, etwa "Hunger", das den erwähnten Akustikrock mit kräftigeren Hardrockpassagen leicht angeschrägten rhythmischen Zuschnitts koppelt, aber deswegen trotzdem nicht als Progrock anzusprechen wäre, sondern schon noch im klassischen Melodic Rock-Fach verbleibt. Irgendwie erinnert die Klangvielfalt etwas an Queen (dieser Vergleich findet sich auch in etlichen Gästebucheinträgen auf der Bandhomepage), was in pianodominierten Kompositionen wie "I Wanna Be..." auch noch einen direkten Bezug findet, wenngleich in diesem Song ein anderer Vergleich noch treffender ist: die Guns'n'Roses-Balladen der "Use Your Illusion"-Ära, wobei Kocha gerade hier auch stimmlich ein wenig an Axl Rose erinnert. Dieser Song ist einer von zweien, an denen Keyboarder Oleg Bondaletow mitgeschrieben hat (alles andere ist Kocha-Eigenleistung), und der zweite folgt auf dem Fuße: "You'll Got Sometime Just A Moment" beinhaltet ebenfalls prägende Keyboards, in den gerüstgebenden aerosmithartigen Boogiepassagen als traditionelles Klavier (die Bläser sind dort auch wieder da) und in den eingeschobenen Melodic Rock-Teilen als mal spaciger, mal teppichartiger Klangbackground. "Let The Sun" wiederum unternimmt einen Ausflug in Richtung von Extremes "More Than Words" und Mr. Bigs "To Be With You", kann allerdings mit deren schlichter Eleganz nicht ganz mithalten (die ein wenig zu dominant eingesetzte Percussion trägt daran vermutlich die Hauptschuld, wobei es generell am Klangbild der CD aber wenig bis nichts auszusetzen gibt - gemastert hat man übrigens in Hamburg, aufgenommen aber zu Hause in Rußland). Da hat der Titeltrack doch wieder ganz andere Qualitäten - eine schöne große Melodic Rock-Hymne mittleren Tempos ist hier entstanden, alle Zutaten beinhaltend, die in den Achtzigern Bands wie Night Ranger groß gemacht haben (sogar einige Uhuhuh-Backings fehlen nicht, und die klingen dankenswerterweise nicht so androgyn wie die der Produktionen aus dem Hause Barfly). Danach ist mal wieder eine kreative Erholungspause vonnöten - "You Are Free" kommt als Akustiksong mit kastagnettenartiger Percussion der Marke "voll daneben" herüber (die Eisenbahnpfeife am Anfang und Ende wirkt auch als Fremdkörper und nicht als kultiges Element, und den Klang dieser Percussion kann man sich am besten mit dem Geräusch, wenn man versehentlich auf einen Frosch getreten ist, verdeutlichen). Dafür geht's in "Lazy Dude" wieder zur Sache, übrigens auch textlich (eine Abrechnung mit der "Generation NEXT", die nur noch virtuell zu existieren scheint), und wenn man ausschließlich den schnellen Refrain und den kompletten Mittelteil zum Maßstab nimmt, man könnte fast vermuten, hier ein Outtake eines Virgin Steele-Albums vor sich zu haben (die Strophen nehmen das Tempo heraus und nivellieren diesen Eindruck, aber der Song selbst bleibt klasse). "Down" landet bläserbedingt wieder mal bei Aerosmith, baut aber hymnische Elemente traditionellen Melodic Rocks dazu und erschafft so wieder ein hochinteressantes Konglomerat. "Fancy" covert natürlich nicht das Schaffen des ebenso verpseudonymten Herren (wer kennt den noch?), bleibt aber im eher unauffälligen Bereich, während "Kill Me Babe" das Tempo des Openers aufgreift, gar noch Doublebassdrums hinzufügt und, wäre es etwas zackiger produziert worden, fast als Power Metal einzustufen wäre, wobei Kocha hier etwas gedämpfter kreischt als noch im Opener. "Sailor" entpuppt sich als reine orchestrale Bombastballade und holt mit Galina Sidorenko noch eine Mezzosopranistin als Gast ans Mikro, wobei diese nur in den Schlußteil des Songs eingreift und dort zwar noch eine interessante Klangfarbe einbringt, aber aufgrund der Kürze ihrer Beteiligung keine tragende Rolle spielt, zumal sie in der zweiten Hälfte ihres Einsatzes noch von künstlichen Chorstimmen flankiert wird (sie singt übrigens nur Vokalisen, keinen Text). "Just Calm Down" schaltet dann den Bombast titelgemäß herunter und landet wieder im Akustikrock der Prägung von Soul Asylum, kommt aber nicht ganz ohne Kunstorchester aus, das in den Hintergrund des Refrains noch ein wenig Klangtapete hängen darf, während die Strophen bis auf ein paar "Uhuhuh-Ahahah"-Backings unverzierte Zone bleiben. Fehlt hier eigentlich noch was? Ja, genau, folkige Anklänge - und die kommen in "Not Only Prayer Could Feel", einer Ballade mit Akkordeon im Intro und Outro sowie mandolinen- bzw. balalaikaartigem Saitenspiel als Ergänzung der klassischen Akustikgitarrenklänge, die das Gerüst des Songs bilden. "Talking To Pretend" schließt als traditionelle Akustikballade ohne Stilschwenk oder Zutaten die knapp 73 Minuten des auch optisch sehr ansprechend gestalteten Albums (Prägung, Partiallack ...) ab. Zwar hätte man in der Gesamtbetrachtung durchaus noch den einen oder anderen Akustiktrack durch etwas Kernigeres ersetzen dürfen, aber generell macht "I Believe" viel Hörspaß, deutlich mehr noch als das schon starke "Poka Ja Schiwu", und ist jedem Freund härterer Rockmusik ans Herz zu legen.
Kontakt: www.pushking.ru, www.pushking.eu
www.myspace.com/pushkingofficial
www.facebook.com/pages/PUSHKING/95032838279

Tracklist:
Rock'n'Roll It's Fire
Love Message
Christina Talks To God
Rain
Sail Away
Hunger
I Wanna Be...
You'll Got Sometime Just A Moment
Let The Sun
I Believe
You Are Free
Lazy Dude
Down
Fancy
Kill Me Babe
Sailor
Just Calm Down
Not Only Prayer Could Feel
Talking To Pretend
 




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