www.Crossover-agm.de THE PROVENANCE: How Would You Like To Be Spat At
von rls

THE PROVENANCE: How Would You Like To Be Spat At   (Scarlet Records)

Keine Veränderungen im Personal - The Provenance halten ihr fünfköpfiges Line-up auch auf dem dritten Longplayer konstant. Dagegen hat sich in der musikalischen Richtung durchaus einiges verändert, wenngleich man die Band definitiv weiterhin im Gothic Metal-Sektor anzusiedeln hat und auch der progressive bzw. avantgardistische Aspekt nach wie vor eindeutig festzustellen bleibt. Aber die Schweden haben mittlerweile zwei Schritte mehr in Richtung The Gathering getan. Den einen vollführte Sängerin Emma, deren Anneke-lastiger Gesangsstil in ihrem Schaffen einen noch breiteren Raum zugewiesen bekam als früher. Der zweite geht aufs Konto der gesamten Band, denn einige Passagen hören sich überdeutlich nach The Gathering zu "if_then_else"-Zeiten an - einer allgemein übersehenen Übergangs- bzw. Rückgriffsphase also, was etwaige kommerzielle Hintergedanken bei dieser Neuausrichtung konsequent ausschließt, denn wäre dies das Ziel von The Provenance gewesen, so hätten sie sich entweder an "Mandylion" (für den Rezensenten immer noch das beste The Gathering-Album) oder aber an den experimentelleren Werken des 21. Jahrhunderts orientiert. Allerdings bleibt der Metalaspekt bei The Provenance grundsätzlich auf einem höheren Level als der The Gatherings auf allem, was nach "Nighttime Birds" kam - zudem gibt's auf dem neuen Werk auch noch etliche Schlenker in alternative Richtungen, was der verstärkte WahWah-Einsatz deutlich macht (ohne allerdings The Provenance zu einer Grungeband zu stempeln, wenngleich einige Songs tatsächlich auch zu Soundgarden in ihren besten Zeiten gepaßt hätten). Bassist Jonnie Täll darf, wenn er sich bei einer x-beliebigen Stonerband zu bewerben gedenkt, "Some Gossip On Stealing A Spouse" als akustische Referenz mitnehmen - er arbeitet sehr flächig, besonders im Intro, aber auch unter dem hier mal sehr alternativen Riff hat er erstaunlicherweise noch genügend Platz. Dieser Song könnte The Provenance durchaus auch einen Fanzustrom aus anderen Lagern bescheren - Analoges würde für "Catching Scarlet In The Sun" gelten, wenn der liebliche Refrain nicht gerade den Text "You look so pretty with a gun in your mouth" aufweisen würde - das Ding ist nämlich nicht nur der gatheringlastigste Song, sondern auch noch der hitverdächtigste, wohingegen die meisten anderen Songs für eine breitere Akzeptanz nach wie vor deutlich zu sperrig ausgefallen sind (der kürzeste ist es übrigens auch noch mit seinen nur knapp vier Minuten, während "Some Gossip ..." am anderen Ende der Skala bei reichlich sechs Minuten zum Stehen kommt). Und noch ein paar Dinge fallen im Vergleich mit dem Vorgänger anders aus. "Speeding To Get By", der Closer, verbleibt bis auf einige Zwischenspiele in nahezu reinrassigem Doom (das hat die Band in dieser Konsequenz noch nicht praktiziert), Co-Sänger Tobias Martinsson hat seine Grunzvocals fast durchgängig zugunsten eines meist rauhen, appellierenden Stils aufgegeben, und die Flöte, die Emma früher gern geblasen hat (was die Beschreibung "Jethro Tull spielen Gothic Metal" für manche der älteren Songs erklärt), ist bis auf wenige Rudimente wie das Zwischenspiel in "Going Down" (und selbst dort wurde sie fast ins Hintergrundrauschen eingemischt, also akustisch keineswegs in den Fokus gestellt) verschwunden. Das mag der eine bedauern, der andere wird sie nicht vermissen, und dem dritten, der The Provenance vorher noch nicht kannte, wird ihr Fehlen gar nicht erst auffallen. Denn die zehn neuen Songs sind auch so schon mehr als dicht inszeniert, wilde Percussion am Ende von "Going Down" geht in altertümliche Keyboardklänge und große Gongs am Anfang von "Considering The Gawk, The Drool, The Bitch And The Fool" über, dessen einleitendes Strophenriffing soundlich noch am ehesten an althergebrachten Gothic Metal erinnert, bevor sich auch hier wieder eine eher siebzigerlastige gedeckte Produktion Bahn bricht und der progressive, teils verschrobene Aspekt natürlich auch nicht außen vor bleibt. Wenn man mal den Entwicklungsschritt von Tristania von "World Of Glass" hin zu "Ashes" beleuchtet, kommt einem die Idee, daß Tristania bei einer konsequenten schrittweisen Weiterentwicklung auf Album Numero 8 ("Ashes" ist das vierte) ungefähr dort angekommen sein könnten, wo The Provenance heute stehen. Das mag für traditionsorientierte Gothic Metaller keine schöne Aussicht sein, aber wer den progressiven Aspekt im Schaffen von The Provenance schon immer mehr schätzte als das Verharren in althergebrachten Strukturen, der wird "How Would You Like To Be Spat At" trotz seiner gegenüber den Vorgängern veränderten Marschrichtung durchaus mögen können.
Kontakt: www.theprovenance.com, www.scarletrecords.it

Tracklist:
WOH II TSC
Heroine
Catching Scarlet In The Sun
How Would You Like To Be Spat At In The Face?
Some Gossip On Stealing A Spouse
Going Down
Considering The Gawk, The Drool, The Bitch And The Fool
Kick You So Hard
About A Whore, About A Kill ...
Speeding To Get By
 




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