www.Crossover-agm.de OSSIAN: Fényárban És Félhomályban
von rls

OSSIAN: Fényárban És Félhomályban   (Hammer Records)

Hatten Ossian ihren Ausstoß an neuen Studioalben rings um ihr 25jähriges Bandjubiläum etwas reduziert, so kehren sie nun zum bis 2009 üblich gewesenen Jahrestakt zurück, und auch das 30jährige Bandjubiläum bildet da keine Zäsur, sondern stellt laut den Liner Notes zugleich den Rahmen für das mittlerweile 21. Studioalbum "Fényárban És Félhomályban" dar. Auf den ersten Blick scheint alles beim alten: Digipack, 11 Songs in diesmal nur knapp 42 Minuten (was aber nur drei weniger sind als beim Vorgänger "Lelekerö", also keinen Quantensprung nach unten darstellt), davon ein von Gitarrist Richard Rubcsics geschriebenes Instrumentalstück, und an der seit dem Vorgängeralbum neuen Quartettbesetzung hat sich auch nichts geändert. Stilistische Bocksprünge waren sowieso nicht zu vermuten, und Ossian haben die Reduzierung von der Zwei-Gitarren-Besetzung auf diejenige mit nur noch einer Gitarre nicht mit einer markanten Stiländerung verbunden, wie das etwa weiland bei Accept vom noch auf zwei Gitarren ausgerichteten "Objection Overruled" hin zum auf nur noch einen Gitarristen zugeschnittenen und dadurch deutlich modernistischer wirkenden "Death Row" der Fall war, sondern bleiben ihrem traditionsbewußten klassischen Metal treu. Das bedeutet freilich nicht, daß sie hin und wieder nicht doch mit ungewöhnlichen Elementen arbeiten würden, und so hören wir auf diesem Album hier gleich in Song 2 "Nyitott Könyv" als Gastmusiker Tamás Ángyán, und der Mann spielt Geige: Das Songwriterteam aus Rubcsics und Sänger Endre Paksi unternimmt hier tatsächlich einen Ausflug in den Folk Metal, was Ossian zumindest auf den dem Rezensenten bekannten bzw. im aktiven Gedächtnis verhaftet gebliebenen Alben bisher noch nie getan haben. Aber auch auf diesem ungewohnten Terrain bewegen sich die beiden Kreativköpfe mit ihrer gewohnten Sicherheit und erschaffen einen sich logisch ins Gesamtwerk einfügenden Song. Bisweilen pflegte die Band einen irgendwie hervorstechenden Song zum Titeltrack zu erklären, was auch bei "Lelekerö" mit den markanten psychedelisch anmutenden Keyboardpassagen noch der Fall war - die vorliegende CD aber wurde nach dem Opener benannt, einem treibenden Midtemposong, der mit dem Untertitel "Maximális Rock" versehen wurde, zwei Worten, die auch im Text vorkommen, allerdings längst nicht in irgendeiner markanten Funktion, die man sich von ihnen eigentlich erhoffen würde, und selbst für Liveeinsätze bietet sich da eigentlich kein Anknüpfungspunkt zum umfangreichen Mitsingen an, zumindest nicht für den der ungarischen Sprache nicht mächtigen Mitteleuropäer, während die Anhängerschaft in der Homebase vielleicht eine Möglichkeit im Refrain findet. Aber sei's drum: Der Titeltrack hält die von Ossian gewohnte hohe Qualität ebenso wie das Gros der ihm folgenden 10 Nummern, auch wenn man konstatieren muß, daß Paksis Stimme durchaus nicht jünger wird und die ansonsten eigentlich sehr starke treibende Metalnummer "Életed Legszebb Napja" durch den fast grobschlächtig wirkenden Gesang in den Strophen etwas an Reiz verliert. Freilich gibt es genügend andere Passagen auf dem Album, die demonstrieren, daß Paksi nach wie vor genau weiß, was er tut. Interessanterweise greift er bei zwei der elf Songs auch zur Baßgitarre (ganz früher, als er noch bei Pokolgép war, hatte er gleichfalls dieses Instrument bedient), und zwar einerseits beim genannten Instrumental "Hajnalban (Györfi András Barátunk Emlékére)", andererseits beim sehr melodischen, an der Grenze zur Ballade liegenden "A Régi Láng". Zudem fällt beim genauen Hinhören auf, daß Gastmusiker Zsolt Lisi Nagy nicht selten einen sehr dezenten, aber stimmungstechnisch wirkungsvollen Keyboardteppich unter bestimmte Passagen legt, was es früher nur selten gab, hier aber beispielsweise in den Refrains gleich dreier aufeinanderfolgender Stücke (5-7) und in Verbindung mit dem Geiger auch noch im Intro des Folgesongs "Istennél A Kegyelem" samt dessen Refrain auftritt. Trotzdem braucht niemand Angst vor Verwässerung zu haben: Ossian bleiben durch und durch eine Metalband, auch wenn sie Härte- und Geschwindigkeitsmaximum im letzten Jahrzehnt ein wenig zurückgefahren haben - und wer etwa vom treibenden "Lendületböl" nicht mitgerissen wird, der kann vermutlich generell wenig mit Traditionsmetal anfangen. Im Gegensatz zu "Lelekerö", das gänzlich ohne Ballade auskommen mußte, geben Ossian diesmal allerdings auch wieder der Fraktion unter ihren Hörern, die die ruhigere Seite der Band schätzt, Raum: Das nicht weit von einer Ballade entfernte "A Régi Láng" wurde bereits erwähnt, der Closer "Álmod Legyen" stellt über weite Strecken eine pure Akustikballade dar (und wird durch den kurzen, unmotiviert wirkenden Perkussivpart leider etwas in seiner Wirkung beeinträchtigt), und das offensichtlich András Györfi als Gedenkstück gewidmete Instrumental bewegt sich im halbballadesken Rahmen und gewinnt nur kurz vor Ende seiner reichlich vier Minuten etwas mehr an bombastischer Härte, die dafür dann prima in das wieder treibende "Átkozott Szép Gyötrelem" samt seinem auch ganz leicht folkig wirkenden einleitenden Gitarrenthema überleitet. Falls irgendwer bezweifeln sollte, daß Rubcsics zu den fähigsten Gitarristen im Traditionsmetal zu zählen ist, bekommt er mit diesem Album erneut zahlreiche Gegenargumente geliefert, wobei freilich die mittlerweile ihr drittes gemeinsames Album realisierende Rhythmusgruppe aus Krisztián Erdélyi und Gergely Kálozi auch nicht unterschlagen sei, die unauffällig, aber wirkungsvoll ihre Arbeit tut, was gelegentliche solistische Einwürfe von Bassist Erdélyi etwa in "Istennél A Kegyelem" nicht ausschließt. So fragt man sich zwar ein weiteres Mal, wie es Paksi und seine Spießgesellen schaffen, hochkarätige Traditionsmetalalben am Stück zu produzieren - aber das kann einem als Luxusproblem eigentlich auch egal sein, wie sie das schaffen, denn die Hauptsache ist ja, daß sie es schaffen.
Kontakt: www.ossian.hu, www.metalshop.hu

Tracklist:
Fényárban És Félhomályban (Maximális Rock)
Nyitott Könyv
A Régi Láng
Soha Nem Lehet
Életed Legszebb Napja
Míg Együtt Leszünk
Lendületböl
Istennél A Kegyelem
Hajnalban (Györfi András Barátunk Emlékére)
Átkozott Szép Gyötrelem
Álmod Legyen
 




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