www.Crossover-agm.de NOISEHUNTER: Rock Shower
von rls

NOISEHUNTER: Rock Shower   (Karthago Records)

Im gleichen Atemzug wie die Wiederveröffentlichungen der regulären Achtziger-Alben "Time To Fight", "Spell Of Noise" und "Too Young To Die" (letztgenanntes komplett als Bonustracks auf den Re-Release von "Spell Of Noise" gepackt) überkommt uns nun auch noch die Rockdusche, und wie kalt die ausfällt, hängt davon ab, ob man mit dem straighten Metal teutonischer Prägung, den es in den 12 Songs zu hören gibt, prinzipiell etwas anfangen kann oder nicht. Obwohl Songs wie "American Way Of Life" oder "Leather Boyz" etwas anderes vermuten lassen, hatten Noisehunter den amerikanisierteren Kurs von "Too Young To Die" nicht explizit weiter verfolgt, sondern waren stilistisch wieder einen Schritt in Richtung der beiden ersten Alben zurückgegangen, wobei sie allerdings die Tugenden, die "Too Young To Die" besaß (also beispielsweise ein gewisses Gespür für eine abwechslungsreichere Spielkultur), weiter anzuwenden versuchten. Druck seitens eines Vertragspartners waren sie dabei nicht ausgesetzt, da sie nach den schwachen Verkäufen von "Too Young To Die" schlicht und einfach keinen mehr hatten. Auch die vorher recht stabile Bandbesetzung geriet in Umbruchsituationen, so daß Drummer/Co-Gründer Ronny Lewandowski und Sänger/Gitarrist Hanny Vasiliadis als einzige Konstanten übrig blieben und mit wechselnden Mitstreitern bis in die Mittneunziger hinein weiter werkelten, bevor sie die Aktendeckel zuklappten. In der Zwischenzeit war allerdings unter Demobedingungen noch ein Stapel neuer Songs entstanden, und die auf "Rock Shower" publizierten 12 Tracks stammen allesamt aus diesem Fundus. Die Herkunft aus verschiedenen Sessions wird im Booklet leider nicht dokumentiert, der Fakt ist aber gesichert und erklärt auch die recht unterschiedlichen Soundverhältnisse der einzelnen Songs, wiewohl ein vernünftiges sauberes Klangbild durchgehend zu konstatieren ist, wenngleich beispielsweise "Take It Up" nahezu ohne akustisch vernehmbaren Baß auskommen muß und die Drums an manchen Stellen einen etwas arg künstlichen Touch besitzen (man höre sie beispielsweise im Intro von "You Gotta Get My Love" mal genau an). Aus der "Too Young To Die"-Phase haben Noisehunter die Erkenntnis herübergerettet, daß Hanny eigentlich richtig gut singen kann (wenngleich er das auch hier nicht so ganz durchgängig zu zeigen gewillt ist und bisweilen noch so angestrengt, obwohl nicht mehr so rauh klingt wie früher); auch manche Ausfeilung der Backing Vocals läßt eine Verwandtschaft zu dieser Periode noch erkennen, wird aber meist geschickter in den Songkontext eingeflochten als damals. Was Noisehunter aber auch mit herübergerettet haben: Sie waren und sind einfach keine richtig genialen Songwriter. Zwar blitzte in der Vergangenheit, auch auf "Too Young To Die", immer mal ein gutes Händchen auf, aber über weite Strecken kamen sie nicht über ein annehmbares, aber unauffälliges Niveau heraus. Das ist auch auf "Rock Shower" nicht anders: Die Songs wissen prinzipiell durchaus zu gefallen, aber Langzeitwirkung geht ihnen völlig ab, wenn man mal vom eröffnenden Titelsong absieht - der nistet sich aber auch nur deshalb im Gehörgang ein, weil dort seit 1980 schon Maidens "Prowler" sitzt, dessen Strophenpart Noisehunter mal eben zum Leitthema von "Rock Shower" umfunktioniert haben. Kompetent eingespielt ist das zwar alles, aber auch in der Instrumentalarbeit vermißt man den Mut zum Risiko, denn selbst die nicht mal so zahlarmen Leadfills kommen derart unauffällig durch die Botanik gerobbt, daß man sie ganz zu überhören droht, und nur gelegentlich schaut aus dem einförmig grünen Dschungel mal eine schöne Soloblüte hervor. Wenigstens geraten die meisten der Songs so geradlinig, daß Noisehunter gar nicht erst dazu kommen, einige der für sie so typischen künstlich-schrägen Breaks und Tempowechsel einzubasteln - einen herausstechenden Fall findet man im Intro von "Children Of The Nite", als die Drums ein ganz anderes Tempo vorgeben als das, welches dann beim Einsetzen der Gitarren eingeschlagen wird. Als zumindest etwas schräg ist auch das Cover zu bezeichnen - zwar ist die gebißzeigende Fledermaus, die auf "Too Young To Die" zugunsten eines fürchterlichen Motivs mal kurz in den Ruhestand geschickt worden war, wieder da, aber diesmal ist sie es, die das fürchterliche Motiv abbekommen hat (keine Ahnung, was für Beutetiere man als Fledermaus verschlingen muß, um so in undeutlich-verschwommenen Neonfarben zu leuchten ...). Und wenn wir grade bei Äußerlichkeiten sind: Eine Übereinstimmung der Songtitel im Booklet und auf dem Backcover wäre auch durchaus wünschenswert gewesen - ich übernehme für die Tracklist unten mal die Backcover-Variante. Diese Details passen allerdings prima ins eher zwiespältige Bild dieser Veröffentlichung: Alte Noisehunter-Fans, sofern sie sich überhaupt noch in Szenekreisen bewegen, sind vermutlich durchaus daran interessiert zu erfahren, was ihre Heroen nach der letzten offiziellen Platte noch so getrieben haben, aber bei neutraler Betrachtung bietet "Rock Shower" im musikalischen Sinne nichts, was eine Veröffentlichung dieser Aufnahmen zwingend erforderlich gemacht hätte, so daß Einsteiger erstmal vorsichtig anhand der regulären Alben prüfen sollten, ob Noisehunter für sie geeignet sind. Ein "Victim Of Time", wie der letzte Song nahelegen würde, sind Noisehunter jedenfalls nicht gewesen - sie waren einfach nicht gut genug, obwohl besagter Song zu den besten auf "Rock Shower" gehört und hier sogar die komischen Drehungen im Metrum der Strophenzeilen nicht negativ ins Gewicht fallen.
Kontakt: Stefan Riermaier, Feichtetstraße 41, 82343 Possenhofen, riermaier@aol.com, www.karthagorecords.de

Tracklist:
Rock Shower
Call It Out
Wonderland
Sexy Eyes
Take It Up
You Gonna Get My Love
Out In The War
I Don't Need Your Love
Children Of The Nite
Leather Boyz
American Way Of Life
Victim Of Time
 




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