www.Crossover-agm.de NEW EDEN: Stagnant Progression
von rls

NEW EDEN: Stagnant Progression   (Rock It Up Records)

Durch sonderlich große Stabilität zeichnet sich das Bandgefüge von New Eden nicht gerade aus, und die Tatsache, daß zwischen den jeweiligen Releases größere Zeitabstände liegen, kann diesbezüglich sowohl als Ursache wie auch als Wirkung aufgefaßt werden. Für das 1999er "Obscure Master Plan"-Werk konnten Gitarrist/Chefdenker Horacio Colmenares und seine damalige Mannschaft sogar einen Eurodeal bei Nuclear Blast klarmachen, aber das Album erfüllte die Verkaufserwartungen offensichtlich nicht (wurde aber interessanterweise trotzdem 2008 von Metal Mind Records in ihrer auf je 2000 goldene CDs limitierten Wiederveröffentlichungsreihe nochmal neu aufgelegt). Das nächste Lebenszeichen datiert von 2003 - die seinerzeitige Urversion von "Stagnant Progression" auf dem Label P&P Records fand lange Zeit keinen Lizenzpartner in Europa, erst 2007 schlugen Rock It Up Records zu und brachten das Album mit verändertem Artwork, remixter Musik und drei Bonustracks nochmal neu heraus, was bis heute die letzte konserventechnische Aktivität der Band blieb. Freilich steht zu befürchten, daß auch "Stagnant Progression" kein Verkaufsschlager wird, und das aus mehreren Gründen. Erstens sieht das neue Frontcover derart graumäusig aus, daß hinter dieser Verpackung niemand hochklassigen progressiven Power Metal vermuten wird. Zweitens war selbst hochklassiger progressiver Power Metal noch nie ein größerer Absatzgarant, wie selbst Bandlegenden wie Helstar erfahren mußten, wobei diese in den 80ern noch von der niedrigeren Gesamtzahl der Bands und der damit einhergehenden gegenüber heute deutlich verringerten Entscheidungsvielfalt beim Geldausgeben profitierten. Selbst eine mit New Eden durchaus vergleichbare Band wie Steel Prophet blieb trotz intensiver Touraktivitäten und zahlreicher Releases auf Nuclear Blast doch ein Nischenprogramm. Interessanterweise stand nicht nur Colmenares selbst einmal in Diensten Steel Prophets, er konnte für den Gesangsposten auf "Stagnant Progression" auch deren Sänger Rick Mythiasin gewinnen, der allerdings auch nicht lange blieb und wieder Platz für Tony DeVita machte, welcher wiederum bereits die drei Tracks des 1999er Demos eingesungen hatte. Da zwei der drei Tracks für "Stagnant Progression" nochmal neu eingespielt wurden, kann der geneigte Anhänger schöne Vergleiche zwischen den beiden Sängern ziehen (Mythiasins Qualitäten sind ja bekannt, aber der weitgehend apokryphe DeVita zieht sich durchaus gut aus der Affäre); "Unlock The Door" hingegen blieb in den Archiven und wertet den Re-Release daher als Rarität auf. Im direkten Vergleich mit Steel Prophet fehlen New Eden die auf Iron Maiden zurückverweisenden mehrstimmigen Strukturen in den Gitarrenleads, und die Eingängigkeit liegt noch ein gutes Stück weiter unten - man braucht schon etliche Durchläufe, um sich in das Material einzuarbeiten, das zwar durchaus mit den metaltypischen Wiederholungen arbeitet, aber schon die grundsätzliche Themenwahl eher aus der anspruchsvollen, verschrobenen oder gar unzugänglichen Ecke generiert. Dazu dann auch noch eine gewisse rhythmische Vielfalt und die Freude am Einbau mancherlei unerwarteter Wendungen - fertig ist das Schlamassel für den Freund geradliniger urwüchsiger metallischer Power, der von den über 75 Minuten hier restlos überfordert sein dürfte, obwohl das Material, wenn man seine Ideen sagen wir mal auf die doppelte Spielzeit verteilt hätte, durchaus auch für weitere Kreise interessant sein könnte. Mitpfeif- oder mitsingbare Melodien, die bei der Einarbeitung hilfreich sein könnten, fehlen ebenfalls über weite Strecken, wobei das erstmal kein prinzipielles Problem sein dürfte, denn die hatten beispielsweise Fates Warning in der Post-Arch-Ära auch nicht mehr am Start. Und mit der Zeit entdeckt man dann doch so manche Passage, die sich im Ohr festsetzt und Entdeckerglückshormone ausschütten hilft, etwa der Refrain von "No Ill Intent" oder das coole Leadgitarrenbreak in "Emptiness Of Black Tomorrow". Aber das dauert seine Zeit! Freilich kennt man dieses "Problem" bereits, denn auch "Obscure Master Plan" erschloß sich erst nach einer größeren Anzahl Durchläufen (und diese Geduld hatten viele Metaller offensichtlich nicht); das Debütalbum "Through The Make Believe" liegt noch auf dem großen Ungehört-Stapel im Wohnbüro des Rezensenten, so daß über seine (Nicht-)Eingängigkeit hier nichts berichtet werden kann. Einzelne Songs herauszuheben ergibt hier absolut keinen Sinn, aber bei genauerer Betrachtung zeigt sich, daß "Contemptuous World", der einzige von Tony DeVita mitkomponierte Song, unterm Strich doch der eingängigste ist, was man freilich relativ zum Gesamtmaterial interpretieren muß. Aber der galoppierende Auftakt zieht einen förmlich in den Song hinein, anstatt eine auf den ersten Blick abweisende Mauer aufzubauen, wenngleich auch hier natürlich Breaks, Fills, Riffs, Melodien ein forderndes Strukturdickicht aufbauen. Vier der zehn Songs hat übrigens Zweitgitarrist Tim Thomas komponiert, aber sein Kompositionsstil und der Colmenares' ähneln sich so sehr, daß man das ohne die entsprechenden Bemerkungen im Booklet nicht herausgefunden hätte. Die 1999er Demotracks sind einen Deut dumpfer produziert, ohne daß deshalb etwaige Qualitätsunterschiede zu konstatieren wären; sie runden diese hohe Dosis feinen, aber schwierigen amerikanischen Metals perfekt ab.
Kontakt: www.neweden.net, www.rockitup.org

Tracklist:
Threshold Of Tolerance
Stagnant Progression
Mortal Realizations
No Ill Intent
Emptiness Of Black Tomorrow
Contemptuous World
For My Love
Advocate
Pawn For The King
Freezing My Darkside
Demo 1999:
Unlock The Door
Mortal Realizations
Pawn For The King
 




www.Crossover-agm.de
© by CrossOver