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von rls

MY RUIN: The Horror Of Beauty   (Century Media/SPV)

Es war im Dezember 1996, als ich in Leipzig den Gig von Type O Negative besuchte. Planmäßige Anstoßzeit sollte 20 Uhr sein - als ich zehn vor acht im Haus Auensee eintraf, bekam ich indes nur noch Reste des Gigs von Manhole mit. Sonderlich gut im Gedächtnis geblieben ist mir das Wenige, was ich damals hörte, nicht, und Augen-/Ohrenzeugenberichten zufolge hätte ich auch im restlichen Teil des Manhole-Gigs nichts Weltbewegendes verpaßt.
Sieben Jahre später begegnet mir Manhole-Fronterin Tairrie B nun wieder, und zwar in Gestalt des schon dritten Studio-Fulltime-Albums ihrer Quasi-Soloband My Ruin. "The Horror Of Beauty" ist das erste, das über Century Media erscheint, die EP "The Shape Of Things To Come" ging diesem schon voraus. Ob da ein Cover des ähnlich betitelten Yardbirds-Classics drauf ist, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Die 14 Songs des regulären Albums jedenfalls dürften es schwer haben, einen festen Fankreis zu finden - es sei denn, es gibt zahlreiche Nu Metal-Allesmöger, die auch noch ein Faible für Doom haben. Nach dem Intro "Stage Fright" stünde für den unbedarften Hörer auch noch die Option einer ganz finsteren Kapelle im Stile von Winter im Raum, und Mick Murphys Gitarrenarbeit hört man auch in etlichen weiteren Songs eine starke Liebe zur ganz alten Black Sabbath-Schule an, womit sich der Gitarrist automatisch für die Endausscheidung qualifiziert, falls The Bronx Casket Co. mal wieder aktiv werden sollten und zufällig noch jemanden für den Sechssaiterposten brauchen. Mit "Burn The Witch" und "Bravenet" zieht die komplette Band die Doomlinie durch, wohingegen Tracks wie "Made To Measure" doch eher im weiten Nu-Fach landen. Reinrassiger Doom ist das in den beiden Tracks aber sowieso nicht, denn reinrassiger Doom muß entweder einen kleinen Ozzy oder einen Death Metal-Grunzer am Mikro haben, und Tairrie B ist beides nicht - über weite Strecken kreischt sie in mittleren Tonlagen (mitunter auch noch verzerrt) alles nieder, wenn sie nicht gerade halbwegs bedrohlich zu flüstern beginnt. Das mag mancher Hörer mögen, mir gefällt es nicht sonderlich und dem Großteil der Fans von Danzig (die mit dem musikalischen Unterbau durchaus was anfangen können müßten, denn auch der "Schinkengott" hatte in seiner Frühzeit die Linie einer Art von doomigem Rock verfolgt, bevor er elektronisches Spielzeug für sich entdeckte) vermutlich auch nicht. Vielleicht täusche ich mich ja, aber ich versuche mir gerade "Hot In The House Of God" mit 'nem richtigen Sänger vorzustellen, und das funktioniert vor meinem geistigen Ohr besser als das, was parallel an mein körperliches Ohr dringt. Mag's vielleicht originell sein, was My Ruin hier als Kombination abliefern, aber ich würd' hier auf dem musikalischen Unterbau zu gerne mal 'ne andere Stimme hören. Zwar übertreibt das Infoblatt mal wieder gnadenlos mit der Feststellung, Schlagzeugerin Yael "transportiert die Kunst des Schlagzeugspielens auf ein komplett neues Level ..." (wer zum Henker sind dann Neil Peart oder Mike Portnoy, um nur mal zwei zu nennen?) "... und dürfte die allgemeine Annahme endlich Lügen strafen, dass Frauen ihr Drumkit nicht in Einzelteile zerlegen können" (offenbar hat der Schreiber noch nie Antidemon live gesehen, was aber kein Vorwurf sein soll, denn er teilt sich diese Eigenschaft mit noch vielen anderen Menschen in der weiten Welt des Metal). Trotzdem liefert die MusikerInnenfraktion (auch am Baß steht mit Meghan Mattox eine Frau, so daß Mick Murphy alleiniges männliches Wesen der Band bleibt) eine gute und interessante Leistung ab (man wünscht sich nur an ganz wenigen Stellen mal einen straighter durchgehaltenen Part, während an wenigen anderen etwas Abwechslung zur Aufwertung geführt hätte). Wer nun noch mit dem "Gesang" klarkommt, der wird mit "The Horror Of Beauty" sicher glücklich. Ich werde es wie ausgeführt nur teilweise.
Kontakt: www.myruin.com, www.centurymedia.de

Tracklist:
Stage Fright
Made To Measure
American Psycho
Spitfire
Burn The Witch
Radio Silence
Hot In The House Of God
Nazimova
Stinkface
Weightless
Bravenet
Ten Minutes To Hollywood
Get Pretty
Rid Of Me





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