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Antidemon, Bierschiss, Trust   09.08.2003   Ennepetal
von tk

Deutschland war in diesen Augusttagen ein Glutofen wie selten zuvor, da überlegte man sich jede längere Reise mehrmals, bevor man sie antrat, denn geschwitzt hätte man auch ganz gut im heimischen Keller ohne sich dabei einen Zentimeter bewegen zu müssen. Sei's drum, ich machte mich trotz der Hitze auf den Weg in die CRN-Stadt Ennepetal, um mir die "metallische Inkarnation" (Wortschöpfung Rolands :-) von Trust sowie den vierten Deutschland-Auftritt der brasilianischen Extrem-Metaller Antidemon, die eine Woche zuvor beim Freakstock mächtig abgeräumt hatten, anzuschauen. Unter dem Motto "Ennepetal rockt" hatten in der Halle der Voigt GmbH die Jesus Freaks EN diesen Konzertabend organisatorisch mit in die Hand genommen, so daß sich vor Ort auch ein recht bunter Haufen an Leutchen eingefunden hatte.
Trust durften gleich als erstes ran, und ich war gespannt, wie sich Deutschlands beliebteste Akustik-Rocker elektrisch verstärkt präsentieren würden, nachdem mir Roland mit seinem Bericht von der Wohlbacher Rocknacht schon ganz schön den Mund wässrig gemacht hatte. "Flower Power" blies mich gleich in eine andere Sphäre, denn der Sound war dermaßen rauh, knarzig und heavy, daß man den Eindruck hatte, Motörhead ständen auf der Bühne und hätten eben mal die Regler bis hinten hin aufgedreht. Mit "Love Survive" hatten Trust auch einen neuen Song im Gepäck, der ebenso straight nach vorne abging wie der Opener und einmal mehr unterstrich, daß die Jungs als Fans des klassischen Hardrock/Metal selbigen auch genauso ambitioniert und energiegeladen spielen können wie ihren Akustikstoff. "Way Out" überraschte mit einem fast schon powermetallastigen Grundgerüst, das Marc und Hans gitarrentechnisch aber noch ein bißchen kreativer und abwechslungsreicher hätten gestalten können. Beim Bride-Cover "Psychedelic Super Jesus" hatte Marc doch einige Probleme, die extrem schnellen vocalpassagen sauber zu reproduzieren, was aber durchaus mit an der lähmenden Bruthitze lag. Der Schweiß floß in Strömen, so auch bei "Home" und dem in einen flotten Rocker umgebauten "Sing A Song"; erst recht aber beim abschließenden Stryper-Tribute "Makes Me Wanna Sing", bei dem meinereiner noch mal alles gab, während ein Großteil des Publikums sich gänzlich passiv im Hintergrund hielt, was ich angesichts der hohen spielerischen Klasse der Band nun überhaupt nicht nachvollziehen kann ... oder lag es einfach nur an der Hitze?
Die nachfolgende Ennepetaler Nachwuchscombo Bierschiss, welche als Punkrockband angekündigt wurde, konnte zu keinem Zeitpunkt ihres viel zu langen Gigs musikalische Akzente setzen. Mit einem lauen Pop-Punk-Aufguß und verunstaltenden Cover-Versionen ("Losing My Religion") ohne Biß und Power langweilten sie nicht nur mich über eineinhalb Stunden lang. Sorry Jungs, aber wenn ihr schon dem Headliner dermaßen viel Zeit stehlt, dann gebt wenigstens auf der Bühne ein bißchen mehr Gas.
Als für Antidemon umgebaut wurde, konnte man drinnen kaum atmen, 45°C (eher mehr) mögen es gewesen sein. Trotzdem ließen es sich die etwa noch 50 verbliebenen Anwesenden nicht nehmen, Antidemon bangend und pogend abzufeiern. Das hyperintensive Trio aus Sao Paulo legte ein wahrhaftig infernalisches wie abwechslungsreiches Thrash/Death/Grindgemetztel hin, das jedem großen act dieser Sparte locker standhalten konnte. Ich habe ja nun schon viele Extrem-Shouter im Deathmetal-Sektor live erlebt, aber ein dermaßen barbarisches Organ wie das von Basser Batista hab ich bis dato auch noch nie gehört. Axeman Kleber schüttelte dazu mal pfeilschnelle, mal schleppend doomige Riffs aus dem Ärmel und die zierliche Elke hinter der Schießbude sorgte mit ihrem Powerdrumming für reihenweise offenstehe Münder. Antidemon boten einen gelungenen Querschnitt ihrer beiden Alben "Demonicidio" und "Anillo de Fuego" und überzeugten mit einem guten Mix aus Blastspeedpassagen und tonnenschweren Doom-Parts, die sich wie eine Fräsmaschine in die Gehörgänge bohrten. Die Regler am Mischpult waren auch optimal eingestellt, so daß es am Sound nichts zu mäkeln gab. Batista bedankte sich nach jedem Song mit einem doppelten "Danke" und gab zu erkennen, daß der Band das deutsche Publikum sehr am Herzen liegt. Überhaupt überzeugte der quirlige Brasilianer nicht nur mit einer Unmenge Temperament und geradezu väterlichen Gesten, sondern auch mit einem klaren geistlichen Anliegen, das er in Zwischenansagen, die von einer jungen Konzerthelferin ins Deutsche übersetzt wurden, immer wieder in klare prägnante statements fasste. Hier ist wirklich noch eine Band am Start, denen geistliche Kampfführung am Herzen liegt.
Antidemon konnten trotz vorangeschrittener Zeit noch zwei Zugaben spielen und griffen hier auf etwas hardcorelastigeres Material (u.a "Massacre") zurück, welches aber ebenso begeistern konnte wie der übrige Todesblei-Stoff. Ein in allen Belangen überzeugender Gig der Südamerikaner, die wir in adäquatem Tourpackage hoffentlich bald wieder auf deutschen Bühnenbrettern bejubeln dürfen - wünschenswerterweise in etwas temperierterer Atmosphäre.

Setlist Trust:
1. Flower Power
2. Love Survive
3. Rain
4. Hell On Earth
5. Way Out
6. You Make Me Fly
7. Psychedelic Super Jesus
8. The Only One
9. Home
10. Sing A Song (schnelle Version)
11. Makes Me Wanna Sing



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