www.Crossover-agm.de MOLLLUST: Bach Con Fuoco
von rls

MOLLLUST: Bach Con Fuoco   (Eigenproduktion)

Im Rahmen des Leipziger Bachfestes geben die Organisatoren regelmäßig auch ungewöhnlicheren Herangehensweisen an das Schaffen des populärsten aller Thomaskantoren Raum, und bisweilen gipfelt das gar in einem Wettbewerb, der die originellste Auseinandersetzung prämiert, was dann unter dem Terminus "BachSpiele" firmiert. Als klassikaffine Leipziger Band gerät es natürlich beinahe zur Pflicht, dort einmal teilgenommen zu haben, und so stürzte sich Molllust-Chefdenkerin Janika Groß in die Arbeit und arrangierte vier Bach-Stücke für ihre Opera-Metal-Bandbesetzung, also weibliche und männliche Vocals, E-Gitarre, E-Baß, Violine, Klavier, Cello und Schlagzeug. Das Ergebnis überzeugte offenbar so, daß die Band den Siegerplatz erobern konnte (zusammen mit der Formation des Jugendkulturzentrums O.S.K.A.R.), sodann schnurstracks ins Studio marschierte und unter den kundigen Ohren von Disillusion-Kopf Andy Schmidt eine Konservenversion schuf. Und das hat sich gelohnt, stellt man nach Durchhören der knapp 20 Minuten Musik fest. Herausgekommen sind ein Instrumentalstück und drei Werke mit Gesang; erstgenanntes eröffnet die CD und ist auch herkunftsseitig ein Präludium, nämlich dasjenige in d-Moll BWV 554, aus dem Dmitri Kabalewski schon mal eine Klavierfassung gemacht hatte (im Original ist's ein Orgelstück), die Janika nun wiederum auf die ihr zur Verfügung stehenden Instrumente aufgeteilt hat. Die in dramatischer (meinetwegen auch dramaturgischer) Hinsicht interessanteren Stücke sind aber die beiden folgenden: "Blute nur, du liebes Herz" und "Aus Liebe will mein Heiland sterben", beide aus der Matthäus-Passion BWV 244, wo die Hinzufügung der Metalband starke disparate Wirkungen ermöglicht, die Gitarrist Frank Schumacher in seiner Zweitfunktion als Sänger in letzterem Stück mit wilden "Kreuziget ihn!"-Brüllattacken noch zu intensivieren weiß, während er in "Blute nur" vielleicht ein wenig zu normal und unauffällig klingt, um einen gleichwertigen Gegenpol zu Janikas Sopran abzugeben. Dafür ermöglicht dieses Stück schöne Vergleiche zur Fassung von Tarja Turunen und Mike Terrana, die auf der DVD "Beauty & The Beat" enthalten ist, und es stellt diese durchaus souverän in den Schatten. Der letzte Track ist das "Ave Maria" - genau, DAS "Ave Maria", das Charles Gounod aus dem Präludium Nr. 1 C-Dur BWV 846 gemacht hatte und das sich, wenngleich vom Bearbeiter unbeabsichtigt, als Hochzeitsstück einer immensen Beliebtheit auch im nichtkatholischen Teil Mitteleuropas erfreut (warum auch immer). Molllusts Umsetzung glänzt auch hier durch Kompetenz, Stilsicherheit und viel Gefühl (und einen interessanten neuen Text), und wer Janika einen Heiratsantrag machen will, der bekommt hier einen Maßstab vorgelegt, was er beherrschen sollte. Damit endet die in einen einfach, aber hübsch gestalteten Digipack gehüllte EP und weist Molllust abermals als eine der originellsten und besten Metalbands nicht nur Leipzigs, sondern auch in weit überregionalem Maßstab aus.
Kontakt: www.molllust.de

Tracklist:
Präludium in d-Moll BWV 554
Blute nur, du liebes Herz
Aus Liebe will mein Heiland sterben
Ave
 




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