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von ta

DISILLUSION: Back To Times Of Splendor   (Metal Blade)

Alles andere als desillusionierend gehen Disillusion zu Werke. Der Sturm, den schon die EP "Three Neuron Kings" und famose Live-Auftritte erahnen ließen, wird nun mit dem ersten, knapp einstündigen Album des Leipziger Trios mit kontinuierlich vakantem Bassistenposten erst richtig ausbrechen. Mit einseitiger Pedanterie sollte man sich "Back To Times Of Splendor" selbstredend nicht zu nähern versuchen, denn der nach Bands wie Tourniquet oder Grip Inc. (die Disillusion definitiv viel näher stehen als die oft herbeizitierten Opeth) bereits geübte Weitblick ist nötig, um in den maximalen Genuss dieses Albums zu kommen. Den muss man sich natürlich nicht in rationalen Unterfangen erarbeiten, aber "Back To Times Of Splendor" braucht ob seiner Progressivität und Opulenz eine Startzeit von mehreren Probedurchläufen, ehe man als Hörer in dieses kleine Universum, das unter dem Banner Disillusion läuft, laviert wird. Die Brillianz solcher Musik erschließt sich in Stufen, aber sie tut es. Ohne Frage: Disillusion sind schwer kategorisierbar, haben aber ihre Wurzeln im Hart-und-Schnell-Metal-Areal, welches hier Death und Thrash Metal umfassen soll. Ausschweifend von einem solchen Standort wird jedoch alles umliegende und entfernte Gelände erkundet und in den traditionell metallischen Kontext eingeflochten, so dass am Ende ein vielfältiges und leckeres Gebräu herauskommt, das alle erdenklichen Eigenschaften besitzt: Brutal, sanft, hart, melodisch, schnell, langsam, eindeutig Metal, dynamisch, traditionell, neuartig, süß, sauer, bitter ... nur eben nicht ad hoc kategorisierbar, weil nicht bis ins Detail von anderen Spielarten ohne allzuhohen geistigen Aufwand abgrenzbar. Dabei klingen Disillusion nicht generell zerfahren (kommt trotzdem manchmal vor) oder gar orientierungslos, sondern zuallererst quicklebendig, freilich nicht entspannt und entspannend, sondern fordernd. Ein Track wie "Back To Times Of Splendor" dauert vierzehn Minuten und bietet in diesen vierzehn Minuten etwa sechstausendeinhundertneunundreißig Ideen, zieht einen Bogen von harschem Geknüppel bis zu dezenter Wandergitarrenakustik (die tatsächlich streckenweise an Opeth erinnern macht) und verschachtelt jeden kreativen Einfall in drei andere. Das Chaos an Arrangements, Riffvariationen, Rhythmuswechseln, unterschwelligen Synthesizern etc. erinnert teilweise an Emperor. Ein Genuss. Anstrengend, aber ein Genuss. Stilprägend wirkt jeder Beteiligte und über jeden ließe sich lange schreiben: Technisch versiertes Drumming, abwechslungsreich, gewaltvoll hackend, sanft jazzend, vielfältige Gitarren, Akustikschmerz, thrashige Bosheit, Iron Maiden-Reminiszenzen, verschroben und befremdlich, eingängig und einfach, spannungsgeladener Canto, ein undefinabler Mix aus Grunzen und Brüllen trifft auf eine normale Männerstimme, die teilweise etwas skurrile Melodien im Einzel- und Harmonien im Duettgesang feilbietet. Doch wer hier wie und wohin läuft, soll jeder für sich entdecken. Summa cum laude: Die Schweisstropfen, die nach "Back To Times Of Splendor" die Stirn bedecken, sind ausdrücklich Kompliment an die Band. Ich bin begeistert.
Kontakt: www.disillusion.de, www.metalblade.de

Tracklist:
1. And The Mirror Cracked
2. Fall
3. Alone I Stand In Fires
4. Back To Times Of Splendor
5. A Day By The Lake
6. The Sleep Of Restless Hours



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