www.Crossover-agm.de MISERY SPEAKS: Catalogue Of Carnage
von rls

MISERY SPEAKS: Catalogue Of Carnage   (Drakkar Records)

Kollege Tobias hatte den selbstbetitelten Labelerstling von Misery Speaks als "Pflichtstoff für Freunde der härteren Göteborg-Gangart" bezeichnet, aber auch darauf hingewiesen, daß die Konkurrenzsituation in diesem Genre metalcorebedingt nicht dazu beiträgt, ein hevorstechendes Glanzlicht zumindest in stilistischer Hinsicht zu setzen. Letztgenannte Situation hat sich auch zwei Jahre später nicht verändert - aber dafür die Band, wenngleich diese Nuancierung nichts zur prinzipiellen Veränderung der Lage tut. Der Gig im April 2007 in Leipzig hatte es schon angedeutet, daß Misery Speaks das ehedem überwiegend recht hoch liegende Durchschnittstempo gefühlt etwas gesenkt hatten, und das nur einen Monat später im Rape Of Harmonies-Studio eingespielte Zweitwerk "Catalogue Of Carnage" ("Zweitwerk" meint auch hier "Label-Zweitwerk" ohne Berücksichtigung der Eigenproduktionen zuvor) bestätigt diesen Trend. Hatte "Misery Speaks" allerdings gerade aufgrund dieses hohen Tempos, gepaart mit einer in deutschen Landen selten anzutreffenden spieltechnischen Lockerheit und einem glücklichen Händchen für den Einbau von Abwechslung bringenden Elementen überzeugt (immerhin lag damit eines der stärksten Alben des Jahres 2006 vor, und das war weißgott kein schlechter Metaljahrgang), so fällt auf "Catalogue Of Carnage" der Tempofaktor nun noch differenzierter aus, nimmt den zehn neuen Songs gerade dadurch aber ein wenig dieser unbändigen Frische, dieser nach vorn drängenden Energie, für die zwar nicht ausschließlich Tempo determinierend ist, welches aber eben doch an zentraler Stelle steht. Misery Speks haben es nicht geschafft, diesen kleinen Verlust irgendwie zu kompensieren - sie haben es aber auch gar nicht erst versucht, denn ansonsten hält "Catalogue Of Carnage" praktisch alle Vorzüge konstant, die man auch auf dem selbstbetitelten Werk liebgewinnen konnte. Ganz leichte Hardcoreeinflüsse können und wollen sie nicht verleugnen, wenn man gleich den Opener "The Scavenger" hernimmt, der mit einem ausgedehnten Breakdown endet, das eindeutig aus dem Hardcore stammt (man höre nur mal genau auf das scheppernde Becken!); generell siedeln sie allerdings nach wie vor eindeutig im melodischen Death Metal und setzen all dessen Stilmittel im engeren Sinne gekonnt ein. "Sentiment Is Missing" oder "Lay This Burden Down" enthalten diese typischen Melodien, wie man sie schon von 6940 anderen Bands kennt, aber auch bei der 6941. durchaus noch schätzen kann, wenn sie denn geschickt arrangiert sind - und das sind sie hier zweifellos, wofür "Lay This Burden Down" wohl das beste Beispiel abgibt, in dem besagte Melodien in einen eingängigen Midtempopart eingeflochten wurden, den selbst In Flames mit Kußhand übernommen hätten, der aber von einigen der schnellsten Passagen des Albums flankiert wird und zudem noch andere Brüder wie das coole Galoppelriff nach dem Solo (und wenn's nur ein grundtöniges ist - who cares?) an seiner Seite weiß. In eine ähnliche Kerbe schlägt beispielsweise der Titeltrack, dessen Refrain zweifellos ähnlich einprägsam ist, wobei man nicht verkennen sollte, daß Claus Ulka sich nach wie vor von Clean Vocals konsequent fernhält (das Geflüster in "Engraved In Stone" als Ausnahme begriffen) und sich statt dessen in klassischer tiefer Death Metal-Manier artikuliert (also auch kein göteborgtypisches Gekreisch abgibt), dort aber im Bereich des Möglichen eine gewisse Variationsbreite einzubauen versucht, wofür abermals der Titeltrack exemplarisch herhalten muß, in welchem das Gebrüll nach hinten heraus höher wird. Gelegentliche akustisch-epische Einsprengsel geben dem Material weiteren Pfiff - ein bis auf einen kurzen speedigen Zwischenpart doomiger, fast gotischer Track wie "Engraved In Stone" mit erwähntem Geflüster in den Strophen wäre auf dem Erstling wohl noch nicht möglich gewesen, wenngleich umgekehrt ein Track wie das von Tobias als mehr Prog als Death klassifizierte "All Bones Broken" diesmal abwesend bleibt - "Fall Of Envy" als Closer indes fällt mit melodiestabilisierenden und schließlich ganz das Heft des Handelns übernehmenden Klavierpassagen auch etwas aus dem Rahmen. Statt The Black Dahlia Murder wie beim Erstling müssen als Kreuzungspartner für The Forsaken auf "Catalogue Of Carnage" unelektronische In Flames herhalten, um den Siedelpunkt von Misery Speaks korrekt zu beschreiben (an wen ihn die Melodie in der Einleitung zu "Sounds Of Brutality" erinnert, ist dem Rezensenten lange nicht eingefallen, bis sich das Rätsel paradoxerweise am Songtitel löste: Auf "When The Sky Turns Black", dem Zweitling der US-Deather Brutality, gab es ähnliche Melodien in den Zwischenspielen). Freilich haben die Münsteraner auch mit "Catalogue Of Carnage" das Problem, daß sie sich nicht über ihre Nachbarn hinaus erheben können - kein Song geht als Überflieger durch, wenngleich das Niveau generell ein sehr hohes bleibt und man als Genrefreund daher keinesfalls einen Fehler mit dem Erwerb dieser Dreiviertelstunde begeht, für deren Bookletlektüre (alle Texte enthalten, eingeleitet jeweils durch ein kurzes einführendes Statement) man allerdings mangels Kontrastes eine sehr gute Beleuchtung oder ein Okular benötigt.
Kontakt: www.drakkar.de, www.miseryspeaks.com

Tracklist:
The Scavenger
Sentiment Is Missing
Guilty As Sin
To My Enemies
Lay This Burden Down
Catalogue Of Carnage
Engraved In Stone
Sounds Of Brutality
Storm Of Ideals
Fall Of Envy
 




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