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von rls

LEE Z: Shadowland   (Escapi Music)

Kaum zu glauben, aber auch diese Progtruppe gibt's noch. Tauchten unlängst schon Ivanhoe nach jahrelanger Funkstille aus der Versenkung auf und sind Sunblaze nun endlich dabei, mal ihren ersten richtigen Longplayer fertigzustellen, so erheben sich nun auch Lee Z wie der sprichwörtliche Phönix aus der Asche, wie das Cover auch gleich deutlich macht, wobei von vornherein anzumerken wäre, daß der auftauchende Kopf da keinerlei Grund hat, sich die Ohren zuzuhalten, wenn er sich "Shadowland" zu Gemüte führt. Gibt es also tatsächlich noch Hoffnung für Deutschland als Progland? Scheinbar ja, denn obwohl "Shadowland" nun nicht der ultimativste Longplayer seit "When Dream And Day Unite" geworden ist und sich der geneigte Proggie wohl eher erstmal "Octavarium" per Blindkauf in die Sammlung stellen wird, bevor er an irgendwelche anderen Bands denkt, die schon fast seinem Hirn entschwunden sind, so handelt es sich bei "Shadowland" doch um eine gutklassige Scheibe an der Grenze zwischen Progrock und Progmetal mit gewisser dreamtheatröser Schlagseite, ohne allerdings irgendwie kopistisch rüberzukommen. Der eröffnende Titeltrack ist mit knapp acht Minuten nicht nur der längste der 10 Songs (völlig proguntypisch pendeln sich andererseits gleich fünf Songs bei Längen um die dreieinhalb Minuten ein), sondern auch einer der mitreißendsten, der durch seine vergleichsweise furiose Instrumentalarbeit im Mittelteil (wenngleich die trotzdem noch ein Stück von der federleichten Spielgenialität eines John Petrucci entfernt ist) besticht, aber gleichzeitig auch deutlich macht, daß Sänger Peter Pauliks an manchen Stellen noch etwas zu gezwungen, zu uncharismatisch klingt (wohingegen seine Stimme manchem Hörer, dem James LaBrie in den höheren Tonlagen fürchterlich auf den Geist geht, als die durchaus angenehmere Alternative vorkommen mag - in "Sweet Surrender" entdeckt man bei Minute 4:15 in einer plötzlichen Höhe dann einen erstaunlichen Gleichklang der beiden Stimmen). Wer den Terminus "progressiv" mit "fortschrittlich" übersetzt, wird ebenfalls nicht sonderlich viel Grund zur Freude haben, denn Lee Z halten sich im Progsektor fast konsequent rückwärtsgewandt, was den Einsatz der Stilmittel oder den Songaufbau betrifft: mal rockt's, mal rockt's um die Ecke, mal rockt's gar nicht. Daß die Instrumentalisten jeweilige Meister ihres Faches sind, versteht sich von selbst. Komischerweise wird der Keyboarder im Infoblatt unterschlagen, obwohl er musikalisch - höre beispielsweise die niedlichen Gitarre-Piano-Unisoni im Outro von "Save Me" - eine alles andere als unwichtige Rolle einnimmt; ob es sich noch um Urmitglied Andy Güth handelt oder nicht, bleibt also unklar - falls er es ist, wäre bis auf den Drummer immerhin noch die komplette Besetzung vom Anfang der 90er aktiv. Lee Z hatten vor "Shadowland" bereits vier oder fünf Alben eingespielt, von denen "The Ultimate Hard Rock Guide" das nur in Japan erschienene "Timeline" verschweigt (wobei das Infoblatt nicht erkennen läßt, ob es sich bei dem im gleichen Jahr auch in Deutschland erschienenen "Time Will Tell" eventuell nur um eine Umarbeitung oder Umfirmierung desselben handelte), wohingegen dort ein 1990er Werk namens "Agent Leman's Remind" aufgeführt ist, das wieder im Bandinfo fehlt. Der eine oder andere Proghistoriker mag diese Frage beantworten können und die, ob sich im Sound der Band seit der Gründung 1986 Wesentliches verändert hat, auch gleich mit - aufgrund der weitgehend rückwärtsgewandten Stilistik, für die als Vergleich aus vergangenen Tagen beispielsweise auch Letter X taugen, dürfte damit jedoch nur bedingt zu rechnen sein. Mit "Troublemaker" ist nur ein kleinerer stilistischer Ausreißer an Bord, der sich eher in Richtung Endachtziger-Hardrock Marke Slaughter oder auch Alice Cooper orientiert, "Fallen From Grace" packt als Zusatzelement eine Talkbox aus, und "Alive" beweist, daß es gar nicht so schlecht ist, wenn der Schuster bei seinen Leisten bleibt, denn der dort eingeflochtene raplastige Part paßt nicht nur überhaupt nicht zum Rest des Songs, sondern wirkt auch so hölzern, daß er selbst für sich betrachtet Minuspunkte einfährt. Dem gegenüber stehen beispielsweise homogene Songs wie die Halbballade "Nights In Dover" (nichts Besonderes, aber schön), das heftige "Sweet Surrender", das eskapistische Instrumentaloutro "Peaceful Lake" (das den Hörer an einen ebensolchen versetzt, sofern er in der Lage ist, die fürchterlichen Kunstdrums im Intro und im Interludium zu überhören) oder der bereits erwähnte Titeltrack, die in keinem Proghaushalt zu Herzrhythmusstörungen führen dürften. Wenn Lee Z es jetzt noch schaffen, kontinuierlich aktiv zu bleiben und nicht immer vier bis sechs Jahre zwischen ihren Alben vergehen zu lassen, sollten sie sich in der deutschen Proglandschaft als verläßliche Größe etablieren können, und eine Wiederveröffentlichung der allesamt vergriffenen Frühwerke könnte in diesem Zusammenhang auch eine reizvolle Option sein.
Kontakt: www.lee-z.de, www.escapimusic.com

Tracklist:
Shadowland
Enemy In Me
Cold Days
Save Me
Alive
Nights In Dover
Troublemaker
Sweet Surrender
Fallen From Grace
Peaceful Lake
 



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