www.Crossover-agm.de DE KRIPPELKIEFERN: Singel
von rls

DE KRIPPELKIEFERN: Singel   (Eigenproduktion)

Zwei Exilerzgebirger mit Wohnsitz in Berlin (in Berlin!) tun sich zusammen, persiflieren vom Bandnamen her die schrittweise zu Höherem aufsteigenden Randfichten und spielen ihr Debüt namens "Es gieht mich ja nischt ah" ein. Danach verdoppelt sich die Personalstärke, während der vertragliche Status sich wieder ins Eigenproduktionsstadium wandelt, in welchem nun die halbstündige "Singel" herauskommt. Das Debütalbum ist mir akustisch nicht geläufig, aber die Wahrscheinlichkeit eines großartigen Stilwechsels bleibt im marginalen Bereich. Die acht "Singel"-Tracks verdeutlichen, was rauskommen würde, stammten Eläkeläiset oder ähnliche Spaßcombos aus dem Erzgebirge. Die Truppe dreht alles durch den Fleischwolf, was bei drei nicht auf den mehr oder weniger gesunden Bäumen ist, und welchselt dabei zwischen (seltener) musikalischer Ernsthaftigkeit und (häufigerer) Lunatizität mit mal billigem, mal großem Anspruch. Der "Glück Auf Reggi" etwa dürfte für alle Feinde des Instrumentes Schalmei restlos ungenießbar sein, und auch die Erzählparts etwa gleich im Opener "Is alte Lied" wirken an manchen Stellen bemühter, als es vermutlich intendiert war, wenngleich der Refrain durchaus Hymnencharakter besitzt. Mit "Hej Sokoly" wirft man auch einen Blick in die slawischen Gefilde und setzt dieses Traditional mit Hilfe des polnischen Folkloreensembles Liskowianie stringent um. Dagegen wäre "Holz gehackt" wiederum mehr musikalische Stringenz zu wünschen gewesen, denn wie man einen gewollten Pseudoanspruch gekonnt in Musik gießt, haben zuletzt J.B.O. auf "United States Of Blöedsinn" mit "Das vokuhilische Pendel" eindrucksvoll bewiesen, und bis De Krippelkiefern durchgängig die gleiche Treffsicherheit aufweisen, wird wohl noch ein wenig Wasser die Zschopau hinunterfließen, denn die traurige Ballade "Dr Traamer" etwa beweist ähnlich wie "Hej Sokoly", daß die Truppe immer dann besonders stark ist, wenn sie eine Idee konsequent durcharrangiert. Lehrgeld im Eigenproduktionsstadium zahlen sie auch noch mit dem Booklet (verpixelte Bilder und fehlende slawische Sonderzeichen in den Lyrics von "Hej Sokoly"), die Angabe einer Kontaktadresse auf einer Eigenproduktion gehört zu den Eigentlich-Unverzichtbarkeiten, und einheitliche Songtitel auf dem Digi und im Booklet wären auch ein anstrebenswertes Ziel gewesen (ich übernehme unten in der Tracklist die vom Digi). Dagegen kann sich Produzent Frank Bucher zumindest klangtechnisch eine ordentliche Leistung gutschreiben lassen, was bei einer vielschichtigen Combo wie De Krippelkiefern gar nicht so einfach ist, wenn man einen halbwegs homogenen Sound hinbekommen möchte. Wenn in "Dr Dieter" der Gesang durch hysterisches Einatmen unterbrochen wird, dann ist das in diesem Falle also tatsächlich gewollt. Sollte übrigens jemand bisher eine eindeutige Stilangabe vermißt haben: Ich habe auch keine Ahnung. Im Booklettext ist der Terminus "Ethno-Folkloristen" sogar als rechtlich geschützt gekennzeichnet, was, selbst wenn es ein Witz gewesen sein sollte, doch eine akute Wertschätzung für ihn impliziert. Also bitte, dann übernehmen wir ihn halt. Wie gesagt: Wenn eine klare Linie in den Kompositionen erkennbar wird, dann sind De Krippelkiefern trotz bisweilen gewollter Billigkeit richtig gut. Die abgefahreneren Elemente müssen sie aber noch stringenter einzubasteln lernen. Und die Bedeutung der Worte auf dem Digi (auch des Bandnamens und des Plattentitels!) erschließt sich nur dem Kenner der altdeutschen Schreibschrift schnell - im Tonträgerladen hat man somit vermutlich keine Chance auf größere Nachfrage (allenfalls auf Nachfragen ...).
Kontakt: www.dekrippelkiefern.de

Tracklist:
Is alte Lied
Ode an das Erzgebirge
Glück auf Reggi
Holz gehackt
Dr Traamer
Dr Dieter
Hej Sokoly
Erdmuckel
 




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