www.Crossover-agm.de DE RANDFICHTEN: Das Beste
von rls

DE RANDFICHTEN: Das Beste   (VM Records/MCP Sound & Media)

Diese Band ist ein Phänomen. Menschen, die um alles, was auch nur entfernt nach "volkstümlicher Musik" roch, einen extrem weiten Bogen machten (aus nachvollziehbaren Gründen ...), verwandeln sich plötzlich in feierlustige Gesellen und Randfichten-Fans, ohne daß das bedeuten soll, daß man sich De Randfichten "schöntrinken" muß (höre auch "Am Tag drnooch"); andere Menschen, die bisher bestrebt waren, ihre Sprache soweit dem Hochdeutschen oder dem, was man dafür hält, anzugleichen, daß man ihnen möglichst nicht mehr anhört, daß sie aus dem Erzgebirge oder allgemein aus Sachsen kommen, entdecken unvermittelt eine tiefliegende Affinität zur erzgebirgischen Sprache, die darauf schließen läßt, daß Begriffe wie "Heimat" oder "Verwurzelung" auch in der heutigen Zeit der Mobilität und arbeitsplatztechnischen Flexibilität keineswegs nur für die Generation 65+ eine Bedeutung haben. Umgekehrt profitiert die Band paradoxerweise gerade von dieser Mobilität und Flexibilität (welche die Bevölkerungszahl des Erzgebirges wie der neuen Bundesländer im allgemeinen senkt), denn wenn Randfichten-Fans aus dem Erzgebirge wegziehen, dauert es meist nicht lange, und an ihren neuen Wohnorten bilden sich Kolonien von Neu-Fans, so daß sich der Aktionsradius des Trios schrittweise erweitern kann. Nach etlichen Fulltimealben und einer bereits zweistelligen Anzahl von Jahren der Bandexistenz liegt nun eine Best Of vor, schlicht und einfach auch "Das Beste" getauft und einen bunten Querschnitt durch das Repertoire der zumeist in der Besetzung zwei Akkordeons, Gitarre (mitunter auch steellastig), ggf. Kunstdrums und variabler Leadgesang agierenden, bisweilen aber auch andere Instrumente ausgrabenden Johanngeorgenstädter auffahrend. Hat man an den Anfang zunächst eher partylastige Tracks gestellt, mischen sich unter diese bald auch die, ähem, schmalzigeren Kompositionen, welche man sich als normalerweise der volkstümlichen Musik restlos abgeneigter Mensch selbst in emotionaleren Situationen kaum anhören kann - "Nur nochmal heim" etwa verführt schon bei der Panflöte im Intro zum Weiterskippen, der Text tut sein übriges dazu. Aber diese Dualität sichert der Band vermutlich erst die Existenz, denn so kann man verschiedene Zielgruppen bedienen und je nach Publikum das Liveprogramm entsprechend variieren. Nur erfordert das vom Fan etwas Rekognoszierarbeit im Vorfeld - befindet sich zu einem nachmittäglichen Termin ein Seniorenheim in der Nähe des Auftrittsortes, muß man befürchten, sich in einem Raum voller kaffeetrinkender, arhythmisch mitschunkelnder und mäßig energetisch klatschender Rentner wiederzufinden (traumatisches Erlebnis aus dem Jahre 2003 ...), während im positiven Fall bei feierlustigem und vergleichsweise jungem Publikum ein ultimativer Partygig im Bereich des Möglichen liegt (traumhaftes Erlebnis aus dem Jahre 2002 ...). Daß sich die Band im gewissen Rahmen auf diese Dualität einstellt, sollte man ihr, wenn man dann doch mal auf der "falschen Veranstaltung" war, daher nicht zum Vorwurf machen. Eher wirft "Ach, ich wär su gern e Volksmusikstar" Fragen auf. Aus dem Text läßt sich nämlich nicht erschließen, ob der Text satirisch gemeint ist (was einige mit dem Holzhammer geklöppelte Reime nahelegen würden, wenn man solche nicht auch beispielsweise in anderen Songs, z.B. dem erwähnten "Nur nochmal heim", finden würde) oder die Band das tatsächlich ernstnimmt (das hätte mit der oft und gern postulierten Bodenständigkeit allerdings gar nichts mehr zu tun). Aber soziologische Studien darf man in den Lyrics sowieso nicht erwarten, sieht man mal vom Kultklassiker "Mir fohrn in de Tschechei" ab (der das Phänomen der Vietnamesenmärkte hinter der Grenze aufs Korn nimmt). Paradoxerweise fehlt genau dieser Song auf dieser Best Of, und auch der zweite absolute Kultklassiker, nämlich das "Holzmichl-Lied", ist unter den 18 Tracks nicht zu finden. Das wäre so, als ob eine AC/DC-Best Of ohne "Highway To Hell" oder eine Deep Purple-Hitsammlung ohne "Smoke On The Water" erscheinen würde. Vielleicht hat das ja auch irgendwelche businesstechnischen Hintergründe (CD-Spielzeit wäre noch genug übrig gewesen), aber jedenfalls mindert es etwas den Wert dieser Compilation. Wenigstens gibt's als Boni zwei neu eingespielte Stücke ("Do pfeift dr Fuchs" und "De Spackfettbemm") sowie vier Livetracks, nämlich "Mei Raachermannl", "Wenn's de Kliess zerruppt", "Am Tag drnooch" und "Griene Kliess un Schwammebrie", von denen besonders erst- und letztgenannter eine kleine Ahnung von der Stimmung bei einem der erwähnten Gigs der zweiten Kategorie vermitteln können. Wo die Tracks mitgeschnitten wurden, bleibt allerdings im Dunkeln, denn auch die Aufmachung dieser Best Of läßt etwas zu wünschen übrig. Anstelle eines Booklets nur ein einfaches Blatt mit der Tracklist und Songcredits - Jungs, da wäre bedeutend mehr dringewesen. Das Ding sieht fast aus wie ein Bootleg, was aber auch nicht sein kann, da auf dem Backcover 'ne detaillierte Kontaktadresse der Band angeführt wird. Als Fan braucht man die CD vermutlich wegen der Neueinspielungen und Livetracks, als Neueinsteiger mit bestehender Affinität zu volkstümlicher Musik im weitesten Sinne kann man die CD ebenfalls goutieren, als völliger Neueinsteiger sollte man aber erstmal auf der Homepage der Band nach einem Gigtermin forsten und, damit man wenigstens selbst seinen Beitrag zum Zustandekommen eines Gigs der zweiten Kategorie beiträgt, mindestens zehn feierlustige Gestalten mitnehmen. Übrigens gelang auf einem solchen Gig anno 2002 der experimentelle Beweis, daß man gleichzeitig im Takt headbangen und schunkeln kann - aber das ist schon wieder eine andere Geschichte ...
Kontakt: www.randfichten.de

Tracklist:
Do pfeift dr Fuchs
Wir stehn auf unser Land
Griene Kliess un Schwammebrie
Am Tog drnooch
Ach, ich wär su gern e Volksmusikstar
Grüß Gott, mei Arzgebirg
Nur nochmal heim
Mei Schwammeflack
Wenn's de Kliess zerruppt
Freunde, jetzt geht's los
Mei Arzgebirg
Mit dir könnt es gehn
Ich hatt' heit Nacht 'n Traam
Mei Raachermannl
E Herz für unner Haamit
De Spackfettbemm
Hab Dank dafür
Drham is drham





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