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KINGSCROSSING: Kingscrossing
von rls

KINGSCROSSING: Kingscrossing   (Eigenproduktion)

Das Intro zur eröffnenden Bandhymne führt mit seinem Synthiegeflacker acht Sekunden lang in die Irre, bevor Zack Grimm und Richie Pagan, die beiden Kingscrossing-Gitarristen, das Zepter übernehmen und es für die nächsten 45:49 Minuten nicht wieder abgeben. Kingscrossing sind pure metallische Traditionalisten, ohne jedoch allzustark ins Repetieren bekannter Klischees zu verfallen, wenn man mal davon absieht, daß der Einfall zu Songtiteln wie "Brainwashed", "Nightmares" oder "Rapid Fire" auch schon anderen Bands gekommen ist. Das Quintett bewohnt die Vereinigten Staaten von Amerika, und das hört man ihrer Musik auch deutlich an, denn die ist relativ stark vom klassischen US-Metal der Achtziger und Frühneunziger geprägt (wenngleich man nicht verhehlen sollte, daß der wiederum starke Inspirationen aus Europa bezogen hatte). Zwei Eckpfeiler kann man gleich mit den beiden Openern abstecken: Während "Kingscrossing", ein im schnelleren Midtempo werkelnder Song, ein klein wenig an Jacobs Dream erinnert (zugegeben: die gehören nicht zur o.g. zeitlichen Periode, sondern sind ihrerseits schon Einflußnehmer der zweiten Generation), kommt das speedige "Powersource" mit phasenweise deutlicher Iced Earth-Schlagseite daher, die dann im Hauptsolo aber wiederum eine kleine Neigung gen Jacobs Dream unternimmt und in wenigen Momenten gar auf gute alte Iron Maiden-Traditionen zurückverweist, von denen man bei Jacobs Dream und Iced Earth aber auch den einen oder anderen Einflußstrang nachvollziehen konnte, so daß hier nicht mehr so genau zu unterscheiden ist, ob sich Kingscrossing als Schüler oder schon als Enkelschüler positionieren. In den folgenden neun Songs treten Jacobs Dream dann ein klein wenig in den Hintergrund (wenngleich sie im Gitarrensound zumindest latent omnipräsent mitmischen), während der Iced Earth-Einfluß erhalten bleibt (man höre sich nur mal das Intro von "Reflections" an und hole die "Burnt Offerings"-CD wieder aus dem Langzeitgedächtnis hervor, oder man lausche mal der harmonischen Gestaltung des ersten Solos in "Rapid Fire" bei etwa 1:30 und des zweiten Solos eine Minute später), ergänzt aber noch durch die eine oder andere weitere Band - so haben sich die Kingscrossing-Gitarristen in "Bed Of Nails" gar das Hauptthema von Iron Butterflys "In A Gadda Da Vida" zur leichten Abwandlung vorgenommen. Die Leadarbeit teilen sich die beiden konsequent, so daß Kingscrossing zur mittlerweile recht seltenen Spezies von Bands gehören, die zwei wirklich fähige Leadgitarristen in der Mannschaft haben - nur leider macht die Truppe hier und da noch zu wenig aus dieser Konstellation. Wo die mehrfach erwähnten Iced Earth zu Zeiten ihrer ersten beiden Scheiben ein Feuerwerk an gitarristischen Einfällen verbrieten, mit beglückender Wirkung Akustikeinschübe plazierten und trotzdem noch saustarke Riffs positionierten (deren bestes man in "Mystical End" findet), konzentrieren sich Kingscrossing auf die alte Schule, also Riffing im Song und Leads im Solo, ohne großartige Variationen dieser Struktur zuzulassen. Das ist ein wenig schade, denn aufgrund der stilistischen Ähnlichkeit zieht man auch im kompositorischen Bereich Parallelen, und da schneidet Jon Schaffers Einfallsreichtum, der indes stets im songdienlichen Rahmen blieb, doch etwas besser ab. Das soll indes nicht bedeuten, daß Kingscrossing nun langweilen würden, auch an Abwechslung gebricht es ihnen keineswegs, wie etwa "Nightmares" deutlich macht, dessen Strophenpart mit seiner verschroben-verschleppten Rhythmik eine Weile braucht, bis man sich an ihn gewöhnt hat und sich den Song ohne ihn letztlich gar nicht mehr vorstellen kann. Das etwas eigenartige Arrangement des Songs (und auch einiger anderer) verweist wiederum in Richtung Jacobs Dream, die sich auf ihrem selbstbetitelten Album auch nicht darum scherten, ob die Metalgemeinde nach dem Hauptsolo nun unbedingt noch einmal eine Refrainwiederholung erwartet. Trotzdem soll nicht verschwiegen werden, daß hier und da (vor allem im Mittelteil des Albums) der zündende Gedanke ausbleibt, die entscheidende Idee, die aus einem soliden Metalsong einen unsterblichen Geistesblitz macht, bisweilen durch Abwesenheit glänzt und man sich auch nach mehrmaligem Hören an gar nicht mehr so viel erinnern kann. Ein hervorragender Sänger würde da vielleicht noch etwas herausreißen, aber auch über einen solchen verfügen Kingscrossing nicht: Michael Adams macht seine Sache keineswegs schlecht, kann sich aber mit ausgewiesenen Könnern wie David Taylor oder eben der kompletten Mannschaft, die bisher das Iced Earth-Mikro innegehabt hat, nicht messen, agiert viel zu unauffällig und mit recht eingeschränktem stimmlichen Spektrum, ist allerdings auch von der sonst guten, transparenten wie druckvollen Produktion, für die Fast-Alleinkomponist Zack Grimm auch mit verantwortlich zeichnet, einen Tick zu weit in den Hintergrund gestellt worden. So haben wir eine Dreiviertelstunde zweifellos guten traditionellen Metals vor uns, der aber den Eindruck nicht wegwischen kann, bisweilen noch ein wenig zu stark mit angezogener Handbremse zu fahren und das Können seiner Schöpfer noch nicht allumfassend zur Schau zu stellen. Auf das nächste Album darf man daher schon gespannt sein, während Anhänger der beiden am häufigsten in diesem Review genannten Vergleichsbands auch mit dem Erwerb dieser CD, den man hierzulande z.B. via www.karthagorecords.de realisieren kann, keinesfalls einen Fehler begehen.
Kontakt: www.kingscrossing.us

Tracklist:
Kingscossing
Powersource
L.I.F.E.
Brainwashed
Nightmares
Reflections
Angels In The Night
Stalker
Bed Of Nails
Rapid Fire
Stuck In A Hole


 



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