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von rls

KING'S RANSOM: Curators Of The Realm   (Steel Legacy Records)

Das texanische San Antonio war schon immer ein gutes Pflaster für interessante Metalbands. Da gab es etwa Slayer, die nur das Pech hatten, daß eine andere Band dieses Namens schneller populär wurde als sie und die deshalb auf den Namen S.A.Slayer ausweichen mußten. Da waren aber auch Byfist, die bereits beim CrossOver zu Rezensionsehren kamen, und da waren Wyzard, deren seltenes Einzlingswerk, die "Knights Of Metal"-EP, zu den teuersten Raritäten im Metalbereich zählt. Bei ebenjenen Wyzard spielte John Anthony Alvarado Baß, aber der Mann war auch ein ausgezeichneter Gitarrist, und das machte er deutlich, als er nach dem Ende von Wyzard bei King's Ransom spielte. Deren Aktivitätsphase fokussiert sich auf die Jahre 1988 und 1989, und in dieser Zeit entstand auch das komplette Material, das sich jetzt auf der "Curators Of The Realm"-Doppelscheibe nachhören bzw. anschauen läßt (die zweite Scheibe ist nämlich eine DVD - zu deren Inhalt unten mehr).
"Curators Of The Realm" war auch der Titel der einzigen regulären Veröffentlichung, auf die es King's Ransom zu ihren Lebzeiten brachten. Eingespielt im United Audio Recording-Studio, erschienen die vier Songs nur als Kassette in einer 300er (!) Auflage, so daß dieses Werk im Original praktisch nicht aufzutreiben sein dürfte, wollte man es seiner Sammlung zuschanzen. Zumindest 1000 Menschen dürfen dieses Problem jetzt als gelöst ansehen, denn in ebenjener Stückzahl ist der Re-Release erschienen, und der enthält zunächst die vier Songs der Kassetten-EP. Drummer Allen Brunelle begründet deren Auswahl in den Liner Notes (die übrigens in einer fast unlesbaren Schriftart-Schriftfarbe-Hintergrundfarbe-Kombination gedruckt sind) damit, daß die Band auf Airplaychancen hoffte und daher aus ihren reichhaltigen Repertoire vier kompaktere Songs auswählte, während sie auch epischere Werke geschrieben hatte. Diese aber verblieben in den Archiven und wurden erst jetzt wieder hervorgekramt - Brunelle fand zufällig einen alten Kassettenmitschnitt eines Konzertes, und acht Songs dieses Mitschnittes ergänzen die EP-Songs (ohne Doppelungen übrigens), wobei sie für die bescheidenen technischen Quellen einen überraschend guten Sound aufweisen. Andererseits hört man den EP-Songs das beschränkte Budget an - so richtig auf High-End-Standard war das Ergebnis schon 1989 nicht, wenngleich man es gut durchhören kann. In den Livemitschnitten fällt natürlich die Möglichkeit der Gitarrendoppelung weg, aber Alvarado entledigt sich der Aufgabe in souveräner Weise, und es entstehen so gut wie keine Soundlöcher. Trotz etlicher Wendungen und Tempowechsel, Fills und Breaks arrangierten King's Ransom ihren Metal durchaus nachvollziehbar, und die großen Nachbarn von Helstar taugen durchaus als Vergleich, wenngleich diese bekanntlich ihr Material immer auf zwei Gitarren auslegten, was King's Ransom nicht taten, dabei aber nicht weniger ansprechende Resultate erzielten. Mit Dan Edwards besaßen sie zudem einen fähigen Sänger, der eine Oktave tiefer als der damalige James Rivera sang und damit manchen Zweifler, der Helstar allein wegen des Gesangs nicht mochte, hätte zu überzeugen wissen können. Die ganz großen Refrains fehlen im Material King's Ransoms allerdings, und so gelang auch der offensichtlich angestrebte Spagat zwischen Anspruch und Breitenwirksamkeit nicht. Dabei hatte das Quartett durchaus auch Liebe zum Detail mitgebracht, wenn etwa in der Studioversion von "Caged Animals" im Hintergrund ein Elefant trompetet oder eine Raubkatze brüllt. Und den Wechsel zwischen Akustik- und Powerpassagen beherrschten sie ebenfalls gut, wie etwa "Ares - God Of War" demonstriert. Hört man sich die Bandhymne "King's Ransom" an, wird deutlich, daß sie auch zwischen verschrobenem und geradlinigem Metal gekonnt lavieren konnten, und mit "Prophecy Dreams" hatten sie außerdem eine mehrheitsfähige Halbballade im Repertoire. Genützt hat es ihnen unterm Strich nichts - King's Ransom blieben eine Fußnote in der metallischen Welt.
Einen möglichen Grund dafür liefert die DVD "The Complete Video Anthology": King's Ransom saßen zwischen allen Stühlen, nicht nur musikalisch, sondern auch optisch. Dan Edwards kombinierte bunte Klamotten und Schminke nämlich mit Nietenarmbändern, so daß der potentielle Fan der damaligen Zeit gar nicht mehr wußte, ob er die Combo nun ernstnehmen oder ins Poserfach stecken sollte. Das machte zwar die Musik nicht schlechter, aber solche optischen Faktoren waren damals, als man sich noch nicht mal eben schnell auf Youtube oder Last.fm ein akustisches Bild machen konnte, zur Einschubladisierung von zentraler Bedeutung, und so sorgte das Quartett eher für Verwirrung als für Klarheit. Die Videomitschnitte stammen von drei verschiedenen Gigs anno 1989, wobei der erste im Sneakers-Club die relativ gesehen beste Bildqualität aufweist, die allerdings trotzdem noch reichlich undergroundig rüberkommt. Gefilmt wurde offenbar mit mehreren Kameras, und das Filmmaterial wurde dann zusammengeschnitten, wobei einige der Schnitte relativ hart ausfallen und von einigen Passagen gar nichts Verwertbares zur Verfügung stand - zumeist der Schluß der Songs fehlt fast immer, lediglich "New Horizons" ist komplett vertreten. Brunelle hat hinter seinem Drumkit übrigens noch ein kleines Keyboard stehen, das allerdings nur äußerst selten zum Einsatz kommt, etwa im Intro von "Chess" auf der CD. King's Ransom arbeiteten für die absoluten Undergroundverhältnisse mit viel Licht und Nebel, und in "New Horizons" steht Edwards in messianischer Pose auf der Bühne, während Alvarado und Bassist Richard Ibanez mit dem synchronen Instrumentenschwenken ein klassisches Showelement von Judas Priest adaptieren. Zu hören sind in den reichlich zwei Stunden Videomaterial auch drei Songs, die auf der CD nicht enthalten sind: "Tinsel Town" vom Sneakers-Gig sowie zwei weitere von zwei Gigs aus dem Krystal-Club im Februar bzw. März 1989. Die Bildqualität dieser beiden Aufnahmen ist noch einmal deutlich schlechter als die aus dem Sneakers, besonders beim März-Auftritt sieht man fast nur sich bewegende bunte Flecken, so daß der abschließende Clip mit Soundcheckaufnahmen wohl vom Februar-Gig stammt (am Abend zuvor spielten übrigens Byfist an gleicher Stelle). Wenigstens ist der Sound aber auch bei diesen beiden Mitschnitten halbwegs anhörbar, und so erkennt man, daß das im Februar eingefangene, sonst nirgendwo vertretene "Judgement Day" eine starke Halbballade war, die man sich gerne nochmal unter vernünftigen Bedingungen als Studioversion gewünscht hätte. Der dritte "neue" Song schließt die März-Krystal-Aufnahme ab: King's Ransom covern sehr kompetent den Rush-Klassiker "Limelight" und offenbaren so noch einen weiteren Einfluß auf ihr Schaffen. Tatsächlich: Manche ihrer Eigenkompositionen muten wie metallische Versionen von Rush an. Genützt hat es wie erwähnt nichts, aber als Texas-Metal-Liebhaber tut man durchaus gut daran, wenigstens jetzt noch diese weitgehend unbekannten Werke zu entdecken, solange die 1000 Exemplare noch nicht komplett vergriffen sind.
Kontakt: www.myspace.com/kingsransommetal, www.steellegacy.com

Tracklist:
CD:
The Palace
Caged Animals
New Horizons
Pipe Dream Visions
Ares - God Of War
King's Ransom
Witches' Castle
Feel The Power
The Last Masquerade
Prophecy Of Dreams
Chess
Nomad's Lust

DVD:
The Complete Video Anthology (Sneakers '89, Krystal Feb '89, Krystal March '89)



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