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KAT: 38 Minutes Of Life
von rls

KAT: 38 Minutes Of Life   (Metal Mind Productions)

Neben Turbo stellen Kat die zweite große Bandlegende des polnischen Metals der 80er Jahre dar, wobei sie den damals noch staatlich regulierten Plattenmarkt etwas später betraten als diese. In den Achtzigern brachten sie es auf zwei Studioalben, eine Single und ein Livealbum, das zwischen den beiden Studioalben erschien - genau das vorliegende "38 Minutes Of Life", das titelseitig einen eigenartigen Humor der Band beweist, denn die originale LP-Version dürfte, wenn die angegebenen Spielzeiten der neun regulären Songs stimmen, nur 37 Minuten lang gewesen sein, während der vorliegende Re-Release mit zwei Bonustracks nun 46 Minuten dauert. Als weitere Boni enthält die CD noch zwei Videoliveclips von "Wyrocznia" und "Masz Mnie Wampirze", aufgenommen immerhin vom staatlichen polnischen Fernsehen im Juni 1986 in Opole. Die Audiotracks dagegen stammen von verschiedenen Konzerten zwischen Dezember 1986 und April 1987 in Katowice, sind allerdings in eine fast durchgehende Folge gemischt, so daß die Konzertatmosphäre nur an wenigen Stellen unterbrochen wird. Unter den mitgeschnittenen Konzerten befinden sich übrigens auch die von Metallica im Februar 1987, wo Kat als Support agierten - im Booklet finden sich denn auch diverse Fotos, wo neben den Kat-Musikern auch Hetfield, Ulrich & Co. herübergrinsen. Freilich hatten Metallica zu dieser Zeit energietechnisch schon Schwierigkeiten, gegen Kat zu bestehen, denn die vier Polen versahen ihren zwischen Power und Thrash Metal gelegenen Sound mit einer derartigen Portion Frische, wie man sie von Metallica allenfalls vom unkontrollierten "Kill 'em All"-Debüt kannte, wobei speziell Gitarrist Piotr Luczyk sich auch als brillanter Techniker entpuppte und Kat bedarfsweise Tempo und Härte zurückschraubten, dadurch fast entrückt wirkende Momente wie im Intro von "Mag-Sex" ermöglichend und dann doch wieder fast Motörhead-artige Speedbolzen wie "Morderca" auffahrend. Kat erreichten die "kontrollierte Offensive" also nebenbei, fast auf spielerisch leichte Art und Weise, ohne ihre Grundtugenden aufzugeben, während Metallica ... naja, man kennt die Entwicklung ja. Jedenfalls besteht der vorliegende Re-Release von "38 Minutes Of Life" aus zehn Songs plus Intro, wobei sich die Setlist mischt - neben fünf Songs vom simpel "666" betitelten Albumdebüt von 1986 (die 1985 erschienene Single hatte den gleichen Titel) traten fünf Songs vom erst 1989 erschienenen Studionachfolger "Oddech Wymarlych Swiatów", und wenn man direkte Vergleiche anstellt, dann sind die letzteren nicht selten auch die kontrollierteren, wie man spätestens anhand der schönen Halbballade "Glos Z Ciemnosci" bemerkt, wobei keinesfalls Energie und Härte ersatzlos geopfert worden waren. Auch ohne Kenntnis der Studioalben kann man die Songs zuordnen, denn an den fünf älteren hat noch Zweitgitarrist Woiciech Mrowiec mitgeschrieben, der aber während der hier mitgeschnittenen Konzerte ohrenscheinlich schon nicht mehr dabei war, denn wenn Luczyk soliert, fehlt die darunterliegende Rhythmusgitarre, auch in der Besetzungsliste wird Mrowiec nicht mehr angegeben, und auf den Fotos ist auch jeweils nur ein Quartett zu sehen. Bassist Tomasz Jagus ist hier allerdings noch mit an Bord und kassiert auch Songwritingcredits für alle fünf neuen Songs, war dann aber auf "Oddech ..." nicht mehr mit dabei - er wurde durch Krysztof Stagman ersetzt, während der Posten des zweiten Gitarristen verwaist blieb. Knackpunkt für den heutigen Fan, der Kat kennenlernen möchte, ist sicherlich der Gesang Roman Kostrzewskis - während die Musik eigentlich recht zugänglich ausfällt, muß man sich an den rauhen, oft unkontrolliert wirkenden Gesang erst gewöhnen, den man eigentlich in einer viel härteren Kapelle für besser aufgehoben erachten würde als bei den phasenweise doch recht anspruchsvollen Kat. Aber die geschichtliche Entwicklung hat das nun einmal so gewollt, und nach etlichen Durchläufen ist dann auch ein gewisser Gewöhnungsprozeß vollzogen (zumal man heute aus dem Death Metal viel extremeres Gebrüll gewöhnt ist, durchaus auch in Kombination mit filigransten Songstrukturen wie etwa bei Arch Enemy). Zu einem weiteren Knackpunkt könnten bei manchem Hörer die Lyrics werden (man bekommt sie hier übrigens, selten genug bei einem Livealbum, im Booklet mitgeliefert). Tod-und-Teufel-Texte waren in den Achtzigern im Metal als reiner Ausdruck des gesellschaftlichen Protestes normal, noch dazu in einem Land wie Polen, das bizarrerweise zwischen starken Einflüssen des sozialistischen Lagers und der katholischen Kirche zu changieren hatte. Ebensolche Texte gab es auf Kats "666" auch (in Polnisch zwar, aber es erschien auch eine Version mit englischen Texten namens "Metal And Hell") und auf "Oddech ..." dann auch noch, wenngleich in etwas weniger direkter Form. Allerdings hat sich mittlerweile herausgestellt, daß der Protestcharakter in diesem Falle durchaus durch Kostrzewskis persönliche Überzeugung gedeckt wurde, denn immerhin hat der Mann 1996 eine polnische Version der "Satanischen Bibel" als Hörbuch herausgebracht (also eines Werkes, das selbst Kerry King als "ziemlichen Scheiß" bezeichnet hat, und der ist schon nicht zart besaitet :-)). Welchen Einfluß solch Umstand auf die persönliche Bewertung Kats ausübt, muß jeder individuell entscheiden - rein musikalisch jedenfalls ist das Kat-Schaffen auch aus heutiger Sicht noch als äußerst wertvoll einzustufen, und da macht die rauhe und ungekünstelte Liveaufnahme, die übrigens damals von Ex-Exodus-Gitarrist Andrzej Puczynski betreut wurde, keine Ausnahme.
Kontakt: www.kat.com.pl, www.metalmind.com.pl

Tracklist:
Intro
Czarne Zastepy
Diabelski Dom cz. II
Mag-Sex
Morderca
Wyrocznia
Glos Z Ciemnosci
Masz Mnie Wampirze
Porwany Obledem
Dziewczyna W Czierniowej Koronie
Noce Szatana
 




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