www.Crossover-agm.de JUICY JUNK: Mission Sungun
von rls

JUICY JUNK: Mission Sungun   (Drakkar Records/BMG)

Die im Infoblatt gestellte Frage, warum sich eine Band auf einen Stil festlegen müsse, haben schon andere Musikerkollektive vor Juicy Junk beantwortet. Einige mit einer konsequenten Zementierung innerhalb eines Stils und dortiger schrittweiser Weiterentwicklung (auch wenn man mitunter ein großes Mikroskop zur Hand nehmen muß, um die Schritte rekognoszieren zu können, und manchmal gehen sie auch in rückwärtige Richtung), andere, indem sie vorher unvereinbar scheinende Stilistiken miteinander verknüpften - mit wechselndem Erfolg: manchmal konnten ihn schon die Pioniere ernten (etwa Jon Lord und seine Klassik-Rock-Kombination), manchmal gingen diese aber auch leer aus (etwa die fürchterlich unglücklichen Believer, deren Classic Progressive Thrash erst Jahre nach ihrem Ableben richtig salonfähig wurde). Nun haben Juicy Junk nicht das "Problem", zu den Pionieren eines Stils zu gehören, den man trotz interner Diversifikation zusammenfassend als Crossover bezeichnet. Das Infoblatt führt die folgenden Zutaten auf: "Gefühlvoller Dark Wave findet sich neben stylischem Hip Hop, spritziger Rock neben krachendem Metal, befreiender Crossover neben unwiderstehlichem Pop." Aha, viel zur Aufklärung beigetragen. Aber immerhin ist tatsächlich von fast all dem was drin, zumindest wenn man die vorstehenden Attribute streicht, denn "krachend" ist das bißchen Metal, das sich auf "Mission Sungun" gemogelt hat, nun ganz und gar nicht (wenn mir bei Gelegenheit mal jemand erklärt, was "stylischer Hip Hop" sein soll, kann ich das vielleicht auch noch nachprüfen). Unglücklicherweise hat man die Zutaten aber so wild zusammengemischt, daß man schon extrem open-minded sein muß, um "Mission Sungun" ohne Nebenwirkungen am Stück durchzuhören. Dabei können Juicy Junk beispielsweise richtig klasse Refrains schreiben, wie sie in "Starseed" oder "Nowhere Man" exemplarisch unter Beweis stellen - aber der Rest der Songs paßt mit einem Sammelsurium aus sphärischen Parts, einem treibenden Riff, verzerrtem Gesang und noch tausenderlei anderem Zeug, ganz und gar nicht dazu. Es gab und gibt Bands, die solche wilden Mixturen genial einfach und einfach genial umsetzen konnten, allen voran Faith No More - aber von deren Zauberkünsten (die selbst sie auch nur zu ihren Hochzeiten entfalten konnten) sind Juicy Junk noch ein gutes Stück entfernt. Einige der besseren Songs seien aufgezählt: das stark HIM-lastige "Be Apart", das dem Intro "Legende I" folgende "Sungun" etwa, das im abwechslungsreichen Düstermetalareal punkten kann, oder auch das halbballadeske "Real", das etwas an eine spacige Variante der Farmer Boys erinnert und in dem nur der Pseudo-Heldenbariton kurz vor Ende fürchterlich stört. Das ist so eine Stelle, wo weniger definitiv mehr gewesen wäre. Auch der Quasi-Bandnamensgeber "Juicy Junk" überzeugt nicht, das rockende "Nobody" schon eher. Licht und Schatten liegen also auf dem Debüt der Düsseldorfer dicht beieinander. Sicher, sauber eingespielt ist das alles - aber es klingt nicht selten bemüht, und auch Sänger Mars sollte sich nochmal überlegen, ob er schwachbrüstigen Rapgesang unbedingt nötig hat, wo er doch über eine sehr angenehme mittellagige Singstimme verfügt. (Wenn man als Crossover-Band Rapgesang einsetzt, muß man sich schon Vergleiche mit den großen Vorreitern gefallen lassen, und da lahmen Juicy Junk in dieser Disziplin weit hinter etwa den frühen Clawfinger ins Ziel.) Wenn die fünf Rheinländer es also in Zukunft fertigbringen, ihre zweifellos vorhandenen guten Ideen besser in nachvollziehbare Songs zu kanalisieren, sollten sie es schaffen, sich im weiten Crossoverland eine saftige grüne Weide zu sichern. "Mission Sungun" ist für einen erfolgreichen Revierkampf aber noch zu sehr Stückwerk.
Kontakt: www.drakkar.de, www.juicyjunk.com

Tracklist:
Legende I
Sungun
Sunny Day
Me Again
China White
Nowhere Man
Real
Legende II
Juicy Junk
Nobody
God Knows
Starseed
Fall
Be Apart
Legende III
Dumpy Moon



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