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von rls

JACOBS DREAM: Drama Of The Ages   (Metal Blade)

In meinem Review zum 2001er Jacobs Dream-Zweitling "Theater Of War" hatte ich mir für die dritte CD eine Kombination aus der harmonisch-eskapistischen Stimmung des Debüts und der energischeren Ausrichtung des Zweitlings gewünscht. Scheinbar hat Metal Blade-Promoter Andreas Reissnauer meinen Wunsch an die Band weitergeleitet, denn sie hat ihn mir tatsächlich erfüllt, wenngleich das insgesamt vier Jahre gedauert hat. Zur Verifizierung dieser These genügt schon das eröffnende Titelstück, das ebendiesen Spagat hervorragend bewältigt, wenngleich es nicht ganz an die absoluten Großtaten wie "Tale Of Fears" oder "Sarah Williams" heranreicht. Das bleibt dann doch dem Hidden Track der insgesamt 70minütigen Scheibe vorbehalten, wo Jacobs Dream eine phantastische Adaption des bekannten und schon fast (aber eben nur fast!) totgespielten Pachelbel-Kanons offerieren, die sich gerechterweise auf eine Stufe mit den erwähnten Songs stellen darf. Ansonsten offeriert sich der eskapistische Aspekt wieder speziell in den verträumten Gitarrenarrangements von Jon Noble und John Berry - der dritte Gitarrist aus früheren Tagen, Gary Holtzman, ist nach seinem zwischenzeitlichen Ausstieg ebenfalls wieder in der Band, allerdings als Drummer (eine ähnliche Instrumentenkombination beherrschen bekanntlich diverse Musiker von In Flames, nämlich Björn Gelotte und Jesper Strömblad); ob sein Wiedereinstieg für die geringfügige "Back to the roots"-Korrektur verantwortlich war, weiß ich nicht. Vom Debüt haben Jacobs Dream allerdings noch etwas anderes auf "Drama Of The Ages" übernommen, was sie in dem Falle vielleicht besser hätten dort belassen sollen: Das Soundgewand der Stücke unterscheidet sich in auffälliger und dem Durchhörgedanken nicht zwingend förderlicher Weise voneinander - als besonders intensives Beispiel führe man sich mal den Wechsel von "Spinning Leaf" zu "Stand Or Fall" vor Ohren, wo man erwartet, daß die Gitarrenriffs in der Einleitung zu "Stand Or Fall" irgendwann mal aus ihrem "hintergründigen" Sound nach vorne treten, was sie aber nicht tun. Dagegen stört das ganz leicht dumpfe Gesamtsoundgewand nicht nur nicht, sondern stellt einen wohltuenden Kontrapunkt zu den heute im Metal üblichen übergrellten Produktionen dar und paßt zudem zum epischen Anspruch der Band, der sich auch auf dem neuen Album wieder eindrucksvoll Bahn bricht. Geschwindigkeitsrekorde sind der Band nach wie vor fremd, sie setzt weiterhin auf abwechslungsreichen Power Metal älterer US-Schule, wie man ihn in massiverer (und manchmal auch speedigerer) Variante beispielsweise auch vom Metal Church-Erstling kannte. Wo der Infoblattschreiber dagegen Einflüsse melodischen Death Metals ausgemacht haben will, bleibt sein Geheimnis - die kurze Shoutingeinlage in "Tempest", ähnliche Elemente in "Deceiver Of The Nations" oder den einen oder anderern energischeren Ausbruch in "Third Way" kann eigentlich als Grund nicht genügen. Verantwortlich dafür wie für den Rest der Vocals ist Neuzugang Chaz Bond, dessen Name zunächst erschrocken an einen Rapper denken läßt - der akustische Beweis ergibt indes schnell eine Entwarnung. Deutlich durchhörbar ist der Unterschied zu seinem Vorgänger David Taylor schon, denn dessen schwindelerregende Höhenlagen und Axxis-verwandten Timbres meidet Chaz konsequent; er verfügt statt dessen über eine flächige saubere Power Metal-Stimme im Stile von Bruce Dickinson, die zu den Kompositionen in ähnlicher Weise paßt wie die seines Vorgängers, aufgrund ihres weniger schneidenden Charakters aber vielleicht sogar noch etwas massenkompatibler einzustufen wäre, also Jacobs Dream eventuell einige Türen öffnen könnte, die ihnen bisher aufgrund des (zwar genialen, aber zweifellos gewöhnungsbedürftigen) Gesanges verschlossen geblieben sind. Daß neben dem Kanon "Forever Winter" den stärksten Song der Platte markiert, mag nicht als Geringschätzung des Sängers interpretiert werden ("Forever Winter" ist eine Art "Halbinstrumental", es führt in den ersten drei Minuten die brillante Instrumentaltradition der Band mit "Black Watch" und "De Machina Est Deo" fort, bevor überraschend dann doch noch Gesang einsetzt und die letzten drei Minuten des Songs prägt). Hundertprozentig typisch Jacobs Dream ist auch das Intro zum folgenden "Drowning Man" ausgefallen (inclusive gewohnt phantastischer Halbakustikarbeit), bevor ein eigenartig fettes Riff die Regie übernimmt, sich diese aber auch im Verlaufe des Songs noch mehrmals mit der Akustischen teilen muß (das sind die Momente, wo man sich dann doch eine geringfügig klarere Produktion gewünscht hätte). Auch dieser Song führt mal kurz herberes Shouting ein, bevor die Leadgitarre die Herrschaft übernimmt und dafür sorgt, daß auch er typisch Jacobs Dream ist, wie nur irgendwas typisch Jacobs Dream sein kann. Inwieweit die vom Promoblatt versprochenen intelligenten Texte ebenfalls dem üblichen Jacobs Dream-Standard entsprechen, kann ich aufgrund Nichtvorhandenseins eines Textblattes nicht beurteilen. Auf großartige Eingängigkeit in der Refraingestaltung setzt die Band aus Ohio erneut nicht - der erste Song mit einem richtig großen Chorus ist das erneut episch eingeleitete "Deceiver Of The Nations" an Setposition 9. aber das hat sie auch nicht nötig, denn die kleinen Gesamtkunstwerke funktionieren eben auch nur in der Betrachtung als solche, wenngleich bestimmte Einzelelemente in ihrer getrennten Betrachtung ebenfalls hochklassigste Erwartungen eindrucksvoll erfüllen (so etwa die grandiose Gitarreneinleitung in "Victory"). Dennoch muß konstatiert werden, daß sich die Euphorie der ersten beiden Alben auf "Drama Of The Ages" nicht durchgängig einstellen will; möglicherweise ist die CD einen Deut zu lang ausgefallen, hätte man hier und da noch eine kleine Straffung vornehmen können, so daß sich dann wirklich ein brillantes Element ans nächste gereiht hätte. Trotzdem bleibt auch "Drama Of The Ages" ein Pflichtbestandteil einer vernünftigen US-Metal-Kollektion, und es darf gespannt abgewartet werden, ob sich bis zum nächsten Album alle an den neuen Sänger gewöhnt haben und was das dann weiter zusammengewachsene Kollektiv erbringen wird. Wenn der reguläre Abschlußtrack "At The Gates" (was für Gitarren!!) und der Hidden Track als programmatische Hinüberschau gewertet werden dürfen, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.
Kontakt: www.metalblade.de

Tracklist:
Drama Of The Ages
Keeper Of The Crown
Spinning Leaf
Stand Or Fall
Tempest
Third Way
Forever Winter
Drowning Man
Deceiver Of The Nations
Cutting Words
Victory
At The Gates
Hidden Track
 




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