www.Crossover-agm.de IRON CROSS: Church And State
von rls

IRON CROSS: Church And State   (Liquid Paper Publishing)

Neben den auf diesen Seiten bereits zweimal behandelten Finnen gab bzw. gibt es natürlich auch noch andere Bands, die sich bandnamenseitig des Eisernen Kreuzes als Symbol der deutschen Geschichte (bekanntlich stammt diese Auszeichnung aus den antinapoleonischen Kriegen, war also ursprünglich ein Befreiungssymbol, bevor in den folgenden preußischen bzw. deutschen Kriegen der militaristische Aspekt mehr und mehr in den Vordergrund trat) bedienten. Allein in den USA existierten deren vier, von denen allerdings keine über eine gewisse lokale Popularität hinausgelangte. Diejenige, um die es hier geht, stammte aus Chicago und schaffte es immerhin, anno 1987 ein Album namens "Church And State" einzuspielen, das ein Jahr später herauskam und nun, 20 Jahre später, mit drei Bonustracks von einem 1986er Demo als Re-Release vorliegt, wobei das digitale Remastering dem anachronistischen Charme des Materials nicht geschadet hat, allerdings dafür sorgt, daß man Album- und Demotracks soundlich fast gar nicht unterscheiden kann. Iron Cross saßen schon zur Erscheinungszeit des Albums stilistisch zwischen allen Stühlen und damit auf verlorenem Posten. Als passendster Vergleich bietet sich "City's Gonna Burn", das Debüt der Westküstenbewohner Laaz Rockit, an, auf dem diese auch noch nicht so richtig wußten, ob sie nun Power oder Thrash Metal spielen wollten, und gerade mit dieser Mixtur einen reizvollen Glanzpunkt setzten. "City's Gonna Burn" erschien 1984, und damit wird der Fluch der Zuspätgekommenen bezüglich Iron Cross deutlich, denn 1988 war selbst der Thrashzug schon wieder abgefahren, hatten sich die harten Undergroundler längst auf Death Metal eingeschworen und galten neue Thrashbands eher als Trittbrettfahrer, die noch ein wenig vom schon wieder verblassenden Ruhm der großen Thrash-Vier, also Anthrax, Metallica, Exodus und Slayer, ernten wollten. Verdient hatten Iron Cross eine solche Abstempelung freilich nicht, zumal sie durchaus originelle Elemente einfließen ließen. "Game Of Fools" etwa offenbart sich fast als reiner Doomsong, und das zu einer Zeit, als in Amerika außer Saint Vitus, Dream Death und Pentagram weit und breit niemand Doom spielte und selbst diese drei Bands im tiefsten Underground vor sich hin musizierten. "Beware The Innocent" wiederum ist eine gelungene Halbballade, in der Jon Wiegand beweist, daß er durchaus auch clean singen kann, wenngleich mit relativ eingeschränktem Tonspektrum - die restliche Zeit des Albums widmet er sich rauhem Power Metal- oder gemäßigtem Thrash-Shouting, an einigen Stellen an Gene Adam erinnernd, der das erste Iced Earth-Album eingesungen hatte, das übrigens an einigen Stellen auch als Vergleich taugt, was die Atmosphäre der keinen Thrash darstellenden Stücke angeht. Die sind zwar in der Minderheit, aber gerade ihre Einflechtung verschafft Iron Cross jene aus heutiger Sicht durchaus als originell zu bezeichnende Stellung zwischen Power und Thrash Metal. Temposeitig ging die Band die "Härter und schneller"-Bewegung auch nicht mit, sondern verließ sich auf Bewährt-Solides, zwar immer mal auch schnellere Stakkati einbauend, aber überwiegend in gehobeneren mittleren Tempi musizierend und wie erwähnt bedarfsweise auch auf Doom- bzw. Balladentempo herunterschaltend. Songwriterisch hegte man offensichtlich keine revolutionären Ambitionen, sondern gestaltete Bewährtes mit gekonnten technischen Mitteln aus, wobei Drummer Dennis Green doch einiges an Breaks und Stops zur songinternen Gliederung einstreute, was dann in "Minute To Pray" zu einem für die damalige Zeit fast progressiv zu nennenden Songaufbau führte. Auch die Gitarristen Rick Stang und Mike Antablian verstanden ihr Handwerk zweifellos, wenngleich die ganz großen Riffs, die man auch in 30 Jahren noch auswendig mitpfeifen kann, ausbleiben und sich auch refrainseitig wenig ins Langzeitgedächtnis einbrennt. Bleibt die textliche Seite zu betrachten, und da wird's dann doch etwas merkwürdig. Zum einen offenbaren Iron Cross einen wachen Blick auf die gerade in den USA äußerst problematische Verquickung zwischen organisierter Religion und Politik (das unbedarft gezeichnete, aber äußerst aussagekräftige Cover trägt ebenfalls sein Scherflein bei), schaffen es andererseits aber wie zahllose andere Künstler auch nicht, individuelle Religion von organisierter Religion zu unterscheiden, und auch ein eher unreflektierter Song mit "Rambo"-Thematik wie "M.I.A." mutet in diesem Kontext eher merkwürdig an. An "Home Sweet Hell" und "Wage Of Sin" hat zudem ein nicht näher bezeichneter Herr Hubbard mitgeschrieben, wobei aufgrund der Textaussage allerdings schwer vorstellbar ist, daß es sich dabei um den Oberscientologen handeln könnte. Da kann sich ja bei Gelegenheit mal ein Kenner der Hubbard-Schriften ransetzen. Einen eigenartigen Humor jedenfalls hatten Iron Cross zweifellos, wie man hintergründig auf den Bandmitgliederfotos sieht. Da steht dann halt auf einer Kiste, die scheinbar technisches Equipment enthält, "Drinks" geschrieben, und zudem weist ein weiteres Schild auf der Bühne "Funeral - No Parking" aus. Die drei Demotracks unterscheiden sich stilistisch kaum von den zehn des regulären Albums (es gibt songseitig übrigens keine Überschneidungen), lediglich die in manchen der Albumtracks eingestreuten kleinen Effekte fehlen hier, da die Einspielung live im Studio erfolgte (übrigens im gleichen wie die des Albums, und das 2008er Remastering hat zu allem Überfluß auch noch der gleiche Mensch erledigt, der schon 1987 die Aufnahmen geleitet hatte). Schon hier gibt's gelegentlich abstrakt anmutende Rhythmen (höre "Tooth + Nail"), generell verbleibt man aber auch hier auf dem Grat zwischen Power und Thrash Metal und bewältigt diese Wanderung durchaus gekonnt. Der Erwerb der 52 Minuten lohnt sich also durchaus, und vielleicht bietet sich ja auch mal die Gelegenheit, die Band live zu sehen, denn man hat sich offensichtlich wieder zusammengetan. www.karthagorecords.de bietet die Möglichkeit des direkten Erwerbs in deutschen Landen.
Kontakt: www.myspace.com/ironcrosschicago

Tracklist:
Under Attack
Bad Tidings
Game Of Fools
Fatal Will
Beware The Innocent
Home Sweet Hell
Wage Of Sin
M.I.A.
Merciless Knights
Minute To Pray
Tooth + Nail
Fallen Angel
Children Must Play



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