www.Crossover-agm.de GLENN HUGHES: Soulfully Live In The City Of Angels
von rls

GLENN HUGHES: Soulfully Live In The City Of Angels   (Frontiers Records)

"Burning Japan Live" gehört auch heute noch zu meinen absoluten Lieblingsscheiben, wenn es um Liveaufnahmen 70er-beeinflußten Hardrocks geht. Glenn Hughes und seine damals rein schwedisch besetzte Begleitband zauberten vor einem enthusiastischen japanischen Publikum eine Perle nach der anderen aus dem Hut, mit einer der besten mir bekannten Versionen des Deep Purple-Klassikers "Burn" beginnend und sich ansonsten quer durchs Schaffen von "The Voice Of Rock" spielend. Klar, daß ich mehr als gespannt auf das neue Livewerk von Hughes war ("Burning ..." ist mittlerweile auch schon wieder 10 Jahre alt), und dieses liegt nun mit "Soulfully Live In The City Of Angels" vor, enttäuscht aber ein klein wenig, wenn man feststellt, daß es sich nicht etwa um ein 2000köpfiges tobendes Auditorium handelt, sondern der Mitschnitt "alive in the studio" vor einer handverlesenen Anzahl Freunde (die Kopfzahl dürfte keinesfalls über 100 gelegen haben) stattfand, und die Anwesenden machen halt auch nur Krach für maximal 100, so daß die Liveatmosphäre etwas verlorengeht. Zudem wurde die Kapazität der Doppel-CD mit gerade mal 95 Minuten keineswegs ausgereizt, so daß man sich doch noch den einen oder anderen Song mehr gewünscht hätte (kann mir nicht vorstellen, daß Glenn damals nur 87 Minuten auf der Bühne gestanden hat - die letzten 8 Minuten von CD 2 sind keine Livemitschnitte, sondern Studio-Bonusmaterial). Positiv herauszuheben ist das Bemühen, die Songdoppelungen zu "Burning ..." in überschaubaren Grenzen zu halten - von den 11 Livesongs standen nur drei bereits auf der damaligen CD, nämlich das uralte "Coast To Coast" (hier und jetzt nochmal zwei Minuten länger als auf "Burning ...") sowie die für Glenn unverzichtbaren Purple-Classix "You Keep On Moving" und "Gettin' Tighter". Trotzdem wäre zu wünschen gewesen, die Spielzeit vielleicht noch mit ein paar Raritäten aufzustocken, also beispielsweise noch einen anderen Purple-Song von "Come Taste The Band" oder einen von "Stormbringer" zu addieren (wiewohl man festhalten muß, daß alle auf "Burning ..." und "Soulfully ..." nicht zu hörenden Songs von "Come Taste The Band" auch nicht von Hughes mitkomponiert worden waren, die Wahl also durchaus Methode haben könnte). Publikumsausblendungen wie zwischen "Medusa" und "Wherever You Go" legen die Vermutung nahe, daß an diesen Schnittstellen noch andere Songs gespielt worden waren, die aber aus irgendwelchen Gründen den Weg auf die Konserve nicht gefunden haben. Quantitätsaufstockung wäre also prinzipiell sicher noch möglich gewesen. Aber wenigstens stimmt die Qualität des Gebotenen. Hughes hat Teile der Band, die sein letztes Studiowerk "Songs In The Key Of Rock" einspielte, auch für die Liveaufnahme verpflichtet, neu dabei sind Drummer Chad Smith (der als Gast nur einen der zehn "Songs ..." eingespielt hatte), Gitarrist George Nastos und Backgroundsänger Kevin Dubrow (ja, richtig gelesen, der von Quiet Riot!). Auch diese Mannschaft präsentiert sich als homogenes Team, was ja besonders bei 70er-lastigem Material und dessen Improvisationsfreiräumen wichtig ist. Und diese Freiräume nutzt besonders Gitarrist JJ Marsh zu teilweise absolut brillanten Leistungen, womit er Songs wie "Written All Over Your Face" einen besonderen Glanz verleiht. Und so geht es weiter, egal ob man das vergleichsweise harte "Wherever You Go" oder das gleich folgende bluesig-getragene "Seafull" anwählt. Natürlich wandert Hughes auch auf dieser CD quer durch seine musikalische Vergangenheit (wohingegen die Gegenwart nur mit den "Songs ..." berücksichtigt wird, das Hughes Turner Project oder etwa die unter dem Banner Voodoo Hill laufende Kollaboration mit dem italienischen Gitarristen Dario Mollo aber außen vor bleiben), also von seinen frühen Trapeze-Tagen über (natürlich) das Deep Purple-Schaffen und das Hughes/Thrall-Projekt bis eben hin zu seinem Soloschaffen der letzten 10 Jahre. Daß dabei neben kernigem Hardrock auch Ausflüge in bluesigere und souligere Gefilde auf dem Programm stehen, versteht sich von selbst und unterstreicht die Vielseitigkeit des Mannes mit der markanten und ausdrucksvollen Stimme, der wie gewohnt neben dem Leadgesang auch den Baß übernommen hat. "Soulfully Live In The City Of Angels" ist in seiner Gesamtheit einer der dankbarsten gegenwärtigen Beweise für die These, daß handgemachte und ehrliche Rockmusik anno 2004, im Zeitalter von Instant-"Stars" und allgemeiner kultureller Verflachung, nicht nur ihre Daseinsberechtigung besitzt, sondern geradezu noch einen erzieherischen Wert bekommt. Welche nach Optik zusammengecastete Truppe bekommt denn auf der Bühne noch eine mehrminütige stimmige Improvisation hin? Eben. "Soulfully ..." transportiert letztendlich auch noch Glenn Hughes' Version von "Mistreated", die sich durchaus gleichberechtigt neben die Interpretationen von Whitesnake, Dio und Rainbow stellen darf. Den elf Livetracks sind wie erwähnt noch zwei Studiotracks beigegeben, von denen "The Healer" eine sanfte Akustikballade darstellt, wohingegen ich zum "European Bonus Track", der sich "Change" nennt, nichts sagen kann, da er auf meiner Pressung nicht enthalten ist. Abgesehen von der marginalen Liveatmosphäre und den offenen quantitativen Kapazitäten stellt "Soulfully ..." also ein erstklassiges Dokument dar, das es übrigens auch auf DVD zu erstehen gibt. Ganz an "Burning ..." kommt es aufgrund der genannten Punkte aber nicht vorbei.
Kontakt: www.glennhughes.com, www.frontiers.it

Tracklist:
CD 1
Can't Stop The Flood
Higher Places
Written All Over Your Face
Medusa
Wherever You Go
Seafull

CD 2
Coast To Coast
First Step Of Love
Mistreated
Gettin' Tighter
You Keep On Moving
The Healer
Change



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