www.Crossover-agm.de HEAVENBLAST: Flashback
von rls

HEAVENBLAST: Flashback   (Underground Symphony)

Gedehntes Zeitmanagement: 2003 eingespielt, kam "Flashback" erst 2007 auf den Tonträgermarkt, und nochmal vier Jahre später findet der Rezensent endlich auch mal die Zeit, sich intensiver damit auseinanderzusetzen, nachdem er sich das Album schon 2009 gekauft hat. Es ist acht Jahre nach den Aufnahmen interessanterweise immer noch das aktuellste Tonzeugnis der Band, die gleichwohl in der Encyclopedia Metallum das Prädikat "Active" trägt. Freilich: Wer als Closer seines Albums Queens "The Show Must Go On" covert, erweckt gewisse Erwartungen, dieses Album werde keineswegs das letzte sein, auch wenn der primäre Grund für diese Coverwahl sicherlich derjenige war, daß es sich perfekt ins endzeitliche Szenario des Albumkonzeptes, das im Jahre 2123 spielt und nahelegt, daß die Menschheit aus diversen Fehlern der Vergangenheit wenig gelernt hat, einfügt, einerseits als Zwangsvorstellung, andererseits aber auch als optimistischer Lichtblick. Musikalisch untermalt wird das durch eine sehr elegante Version des Italometals, der über weite Strecken hinweg recht leichtfüßig anmutet und dem wenig ferner liegt als das Erzeugen von Härte oder gar Aggression, obwohl das Tempo an vielen Stellen durchaus im höheren Bereich liegt und Drummer Diego Chiacchierini auch die Doublebass gern und oft durchtritt. Aber generell atmet in den neun Eigenkompositionen immer ein verspieltes Element mit, natürlich besonders in den Leadpassagen, aber auch im Riffing, dem recht oft griffige Melodik oder eben ein kleiner technischer Zauberstab zur Seite gestellt wird, so daß die gewisse Grundwucht, die man dem Metal im allgemeinen zuzuschreiben pflegt, zumindest hier in der Konservenfassung gar nicht erst zustandekommt - wie das live aussieht, mögen Menschen beurteilen, die im Gegensatz zum Rezensenten Heavenblast schon auf der Bühne gesehen haben. Im Gegensatz zu etwa Skylark, die einen vergleichbaren Ansatz pflegen, kommen die meisten "aufbrechenden" Impulse aber nicht von den Keyboards (wenngleich diese omnipräsent sind und auch immer mal Leadfunktionen zugewiesen bekommen), sondern von den beiden Gitarristen, zweifellos Könner ihres Faches, die das auch wissen und deshalb im Booklet genau aufgeteilt haben, wer welchen Soloteil spielt, diese Aufteilung aber sogar noch auf Teile des Riffings ausgedehnt haben. (Passend zur Einschätzung, es hier mit einer Combo aus vor Selbstbewußtsein nur so strotzenden Musikern zu tun zu haben, danken vier der sechs Musiker in den Dankeslisten primär sich selbst - interessanterweise handelt es sich dabei aber nicht um die beiden Hauptkomponisten.) Dazu kommt eine gewisse Neigung zum Einbau von Tempowechseln, ohne deshalb progressiv wirken zu wollen - woran es freilich ein bißchen hapert, ist die Komposition überzeugender Refrains. Das erschwert die Einarbeitung in das Material etwas, andererseits hat man dadurch auch länger was davon, wenn man sich eben nicht von Chorus zu Chorus hangeln kann, sondern alle Elemente gleichermaßen im Auge behalten muß. Das heißt nun nicht, es gäbe gar keine griffigen Refrains - aber sie sind oftmals erstaunlich wenig aus dem restlichen Material herausgehoben, wie man in "Winter Falling" schön erkennen kann. Überhaupt ist "Flashback" kein Album der großen Gegensätze - über der ganzen reichlichen Dreiviertelstunde liegt irgendwie eine Art Schleier, der Ecken und Kanten verdeckt und nur selten mit Schärfe hervortreten läßt. Das dürfte nicht jeder Hörer mögen, aber wenn man bereit ist, das als Grundkonzept zu akzeptieren, wird man mit der Platte sicherlich glücklich, zumal es viel zu entdecken gibt und man auch die eine oder andere Überraschung erlebt, etwa wenn "Soulraiser" aus einem sanften Pianointro urplötzlich in einen typisch italienischen Bombastspeedpart überwechselt und auch im weiteren Verlauf noch mancherlei eher unerwartete Wechsel bereithält, die einiges an Analysearbeit beim Hörer verlangen. In diesem und mehreren anderen Songs gastiert Gulia D'Orazio am Mikrofon und stellt dem sehr sauberen und vielseitigen Gesang Marco La Cortes einen ebenso sauberen, aber etwas dunkler gefärbten Gesang zur Seite, was hervorragend funktioniert. Dazu haben Heavenblast Federica "Sister" De Boni aus ihrem temporären Ruhestand geholt - die ursprüngliche Sängerin von White Skull, die übrigens auch gerade wieder dort eingestiegen ist, singt in "The Abyss" ein Duett mit Marco, wobei es hier mal wünschenswert gewesen wäre, hätte man ihre rauhe Stimme etwas kantiger belassen. In "Why?", das eigenkompositionsseitig das Konzept abschließt, und dem folgenden, also wahlweise als zugehörig oder gesondert zu betrachtenden Queen-Cover tritt dann gar noch der Drummer als Leadsänger in Erscheinung - freilich hätte der Schuster dann wohl doch bei seinem Leisten bleiben sollen, denn dem Vergleich mit Freddie Mercury können sich nur wenige stellen, und er gehört leider nicht dazu, wird allerdings auch etwas von seinen Bandkollegen im Stich gelassen, die eine wenig beseelte Interpretation dieses Klassikers abliefern. Daß er kein prinzipiell schlechter Sänger ist, zeigt "Why?", das er auch in Verbindung mit Keyboarder Francesco Di Giandomenico komponiert hat - eine schöne Halbballade mit gelegentlichem Vinylknistern und warmen Celli, bei denen absolut nicht stört, daß sie offenbar nur konservenerzeugt sind. Hier paßt der etwas pathetische Gesang des Drummers gut drüber, und man wird instrumental phasenweise an die besten Savatage-Zeiten erinnert, aber eben ergänzt durch italometallische Elemente. Same procedure as always: Als Genrefreund ein sicherer Erwerbstip, wobei die Kantenlosigkeit allerdings auch für sonst weniger der metallischen Muse zugeneigte Hörer eine Einstiegsmöglichkeit bieten sollte.
Kontakt: www.heavenblast.com, www.undergroundsymphony.it

Tracklist:
The Deliverance
Gravity
Start All Over
Flash-Back
The Abyss
Winter Falling
Soulraiser
Opposite Poles
Why?
The Show Must Go On





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