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von rls

GALLOWS POLE: Revolution   (Karthago Records)

Gerade gestern haben CrossOver-Gründervater Thomas und der Rezensent festgestellt, daß "Revolution" im linguistischen Sinne ja eigentlich eine Rückentwicklung bedeutet und nicht etwa einen Fortschritt, wie beispielsweise die Theorie der Arbeiterbewegung seit langer Zeit standhaft behauptet. In diesem linguistischen Sinne paßt der Begriff auf das fünfte Album von Gallows Pole allerdings ausgezeichnet, denn die neun neuen Songs klingen, als habe es die letzten 25 bis 30 Jahre Musikgeschichte gar nicht gegeben. Dabei hat Alois Martin Binder die auf den Vorgängern bisweilen zu spürenden epischen Elemente reduziert und sich eher auf kompakt inszenierten Hardrock der alten Schule konzentriert. Da klingt die Gitarrenarbeit bisweilen ein wenig nach AC/DC ("Hell Again" - schöner selbstironischer Refraintext: "I'm in hell again - and I'm waiting here for you"), da kommt aber auch der Partyhardrock der Mittachtziger mal zum Vorschein, so gleich im Opener "You're In My Way" mit seinen Nanana-Chören, da scheinen Blue Öyster Cult bisweilen einflußtechnisch durch, da kommt "For Lovers" fast wie eine gehärtete Fassung von Themen aus Springsteens "Dancing In The Dark" daher, und Binders fast ein wenig gelangweilt-nöliger, aber gerade dadurch im gegebenen Kontext origineller Gesang schaut als einziges Stilmittel dann doch einen Tick weiter in Richtung Gegenwart: Der Mann hätte mit diesem Gesangsstil auch ans Mikro einer Proto-Grunge-Kapelle gepaßt. Die hätte ihm freilich einen Songtext wie "Dirty Love" übelgenommen, denn der erfüllt nun wieder alle Klischees des Partyhardrocks und würde auch bei Mötley Crüe nicht aus dem Rahmen fallen. Ganz aus dem Bandsound eliminiert hat Binder die epischen Elemente allerdings auch nicht, wie das schleppende "Falling Rain" offenbart, das durchaus auch ins Schaffen von Dio gepaßt hätte (Ronnies Stimme kann man sich durchaus über dem gegebenen instrumentalen Untergrund vorstellen); hier kommt dann auch einer der beiden am Album beteiligten Keyboarder mal zu seinem Einsatz, wohingegen die Tastendrücker sonst wenig zu tun haben und kaum zur Akzentesetzung herangezogen werden. Das macht aber nichts, solange auch die basisch inszenierten Hardrocksongs genügend Charme entfalten, und das tun sie prinzipiell zweifellos. "Early Days", der einzige Song unter Beteiligung von Georg Rinder an den Tasten, versucht den epischen Ansatz mit einer recht basischen Grundidee zu verknüpfen, und man ist baß erstaunt, wie gut auch dieses Experiment funktioniert; dem Rezensenten fällt momentan nicht ein, an wen ihn Binders Stimme hier in den Höhenlagen erinnert, die in den anderen Songs so nicht erreicht werden, was in Verbindung mit der anderen Keyboardbesetzung den Verdacht weckt, es möglicherweise mit einem Überbleibsel aus einer anderen Aufnahmesession zu tun zu haben, wobei das Booklet hierzu keine Aussagen liefert. Dafür schmunzelt man über den Studionamen Dreamsex Studios, und die optische Gestaltung des Albums paßt hierzu auch wie die Faust aufs Auge: eine pinkfarbene blutende Rose vor einer Explosionswolke auf dem Cover (sehr schöner farbenprächtiger Druck übrigens) und dazu eine Trayfarbe, die sich Stefan Riermaier in seinem bunten Sortiment auf den vorherigen 48 Releases noch nicht einzusetzen getraut hat: Pink. Aber Gallows Pole-Artworks waren schon immer etwas anders als die üblichen Hardrockgestaltungen - man kann sich die vier Vorgängercover im Booklet nochmal anschauen, und "We Wanna Come Home" war ja vor einigen Jahren bei Karthago wiederveröffentlicht worden. Mit dem passenderweise auch vorgestrig, nämlich besonders drumseitig relativ polternd produzierten "Revolution" wird man jedenfalls keine solche der Musikgeschichte auslösen (weder in linguistischer noch in gängiger Bedeutung), aber der vorgestrige Klänge liebende Musikfreund darf hier durchaus mal seine Ohren aufsperren.
Kontakt: www.karthagorecords.de, www.bgg-entertainment.com

Tracklist:
You're In My Way
Hell Again
Dirty Love
Falling Rain
Always
For Lovers
Lonely Heart
Early Days
Baby Come On



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