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von gl

GPS: Window To The Soul   (InsideOut / SPV)

Bei dem Durcheinander braucht man wahrlich ein Orientierungssystem. Kurz zusammengefasst: John Payne, der seit mittlerweile 15 Jahren den Fortbestand von ASIA gesichert hat und auf 5 Studio-Scheiben, diversen Zusammenstellungen und Hunderten von Live-Konzerten bewiesen hat, wie wertvoll er ist, stand im Frühling dieses Jahres plötzlich im Regen. Geoff Downes plante nach der Zusammenarbeit mit John Wetton, nun auch Steve Howe und Carl Palmer wieder zusammenzubringen, um somit das Original-Line-Up zu komplettieren. Obwohl das nächste ASIA-Album "Architect Of Time" bereits eingespielt war, wurde jenes auf Eis gelegt, und die verbliebenen Payne, Gitarrist Guthrie Govan und ex-HURRICANE-Drummer Jay Schellen (der Mitte 2005 Chris Slade ersetzt hatte) gründeten kurzerhand die Formation GPS. Zuvor wurden der Band die letzten beiden Auftritte auf dem Sweden Rock und dem Rock Of Ages-Festival "untersagt", obwohl John Payne kurioserweise die Rechte an der Marke "Asia" hält. Im Grunde handelt es sich bei GPS ergo um ASIA minus Geoff Downes; die Stelle des Keyboarders wurde von keinem geringeren als Ryo Okumoto ausgefüllt, den an dieser Musik Interessierte natürlich von SPOCK'S BEARD kennen.
Demzufolge bietet das "Fenster zur Seele" keinen komplett neuen Klangkosmos, sondern die Weiterführung des Sounds und der Stimmung von "Silent Nation" mit kleineren Modifizierungen. Am auffälligsten ist die Hervorhebung des fantastischen Gitarristen: Guthrie Govan; obwohl die längste Zeit von allen Gitarristen in ASIA, wurde nie als der brillante Musiker, der er ist, herausgestellt. Dies tritt hier mehr zutage, immer wieder hat er - langjährige ASIA-Fans werden es merken - längere Passagen und ausführlicher Gelegenheit, sich in Szene zu setzen. Das obergeniale "Gold" ist gar, trotz der wunderbaren Zusammenarbeit des Quartetts, fast schon als die "Guthrie Solo Show" zu bezeichnen, an allen Ecken streut er Licks, Fills und Teile ein, in einem Song, der mit als Highlight zu werten ist.
Oder das Titelstück, mit fast 7 Minuten wie alle Stücke sehr lang, mit leicht dramatischem Unterton bei sehr gutem Sound und Ausflügen von Okumoto in sein Universum der Hammond-Kaskaden, die sich doch deutlich unterscheiden von denen eines Herrn Downes. Und auch "New Jerusalem", das sogar die 8-Minuten-Marke knackt, hymnisch mit sanftem Pathos unterlegt, dann edel dahingleitend und textlich (es liegt bei der Vorabversion natürlich kein Textblatt bei) den Frieden der Kriegsgegner beschwörend. Also auch hier ein Thema aufgegriffen, das Payne schon immer auf dem Radar hatte. Und so erinnert musikalisch beim Album auch immer mal wieder ein Refrain, eine Wendung, eine Strophe leicht an ASIA-Songs von 1992 bis 2004, dies möge jeder selbst herausfinden. Keineswegs negativ gemeint, denn der Mann kann sich ja nicht plötzlich neu erfinden, sondern eher angenehm, denn das stets feine Gespür für Stimmungen, exakt ausgefeilte Kompositionen bleibt natürlich erhalten. Alle Songs wurden im übrigen von Payne im Verbund mit Govan und Schellen komponiert.
Und nur einmal bei "I Believe In Yesterday" sind die Ähnlichkeiten zu einem älteren Song zu deutlich, ansonsten bietet das überlange Album prächtiges Material für fast schon 2 Alben. Orientalische Einflüsse wurden auch schon einmal aus dieser Richtung vernommen, eine Abwandlung davon eröffnet "The Objector", bei dem wiederum alle vier glänzen, und hier sollte einmal Jay Schellen erwähnt werden, der die sicher nicht leicht zu ersetzende Lücke von Trommel-Star Chris Slade prima ausfüllt.
In diesem Zusammenhang: Immer wieder heißt es auch aus Musikerkreisen, es sei so unglaublich teuer, heutzutage ein Album mit wuchtigem sattem Sound einzuspielen, und alleine für das Schlagzeug bräuchte man soviel Zeit und Geld wie vor 15 Jahren für ein ganzes Album, weswegen viele auf preiswertere Behelfsmittel / Programme ausweichen. Komisch, diese Musiker hier bekommen bei sicher nicht astronomischen Verkaufszahlen bzw. Budget genau das hin: Einen dichten, warmen kristallklaren (Analog-)Sound und einen direkten wuchtigen Schlagzeug-Sound, bei dem es absolut nichts auszusetzen gibt.
Vollkommen unerwartet und auch irgendwie schräg, aber doch aufgrund der versteckten Kritik am Fernseh- und Medienkonsum passend (vergleiche Gestaltung der Cover von THRESHOLDs "Subsurface" und COMMUNICs "Waves Of Visual Decay") das Cover: A&R-Guru John Kalodner, der sich doch tatsächlich zweimal ablichten ließ. Auf der Rückseite hat er eine symbolisierte Erdkugel in der Hand und blickt fragend gen Himmel.
So dass die Platte dann auch ganz vorne bei den Anwärtern zum Jahrespoll 2006 steht beim Rezensenten. Und live werden GPS ihre Koordinaten neu ausloten mit zunächst Gigs vor Y & T in Großbritannien. Lasst uns hoffen, dass dieses Package auch nach Deutschland kommt.
Bandkontakt: www.johnpaynemusic.com
Labelkontakt: www.insideout.de

Tracklist:
Window To The Soul
New Jerusalem
Heaven Can Wait
Written On The Wind
I Believe In Yesterday
The Objector
All My Life
Gold
Since You've Been Gone
Taken Dreams



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