www.Crossover-agm.de ENFORCER: Diamonds
von rls

ENFORCER: Diamonds   (Heavy Artillery Records/Earache Records)

Daß in gewissen Sparten des traditionell geprägten Metals die Innovationskraft gegen Null geht, ist nicht zu bestreiten. Freilich sollte das niemanden entscheidend stören, sofern auch weiterhin unoriginelle, aber brillante Scheiben veröffentlicht werden wie beispielsweise diese hier: "Diamonds" von Enforcer ist im wahrsten Sinne ein Diamant derjenigen metallischen Spielart, die klassische Elemente der NWoBHM mit der Energie des Speed Metal kombiniert und damit ein hochgradiges Begeisterungspotential abzurufen in der Lage ist. Das war live so, wie im Review vom 21.4.2011 nachzulesen ist (wenngleich die nicht ideale Abmischung ein noch mitreißenderes Ergebnis verhinderte), und das ist auch in der konservierten Form so, die sich nun endlich mal noch in der Kollektion des Rezensenten eingefunden hat. Zehn Songs stehen auf "Diamonds", und keiner fällt qualitativ durchs Sieb, egal ob die Gebrüder Wikstrand (der eine singt, der andere trommelt) und ihre drei Mitstreiter an den Saiteninstrumenten vielschichtige midtempolastige Kompositionen auspacken oder aber dem Beinamen "Iron Maiden on speed" voll und ganz gerecht werden. Letzteren legte man ja primär Steel Prophet bei, und die luftige Leichtigkeit von deren Glanztaten erreichen Enforcer nicht ganz - aber das wollen sie offenbar auch gar nicht, sondern orientieren sich auch im Schaffen der britischen Vorbilder eher an deren erdigeren Frühwerken als am späteren kunstvoll ausgefeilten Schaffen Marke "Alexander The Great", was man auch am Gitarrensound deutlich hört, der viel mehr Parallelen zu "Iron Maiden" oder "Killers" aufweist als zu späteren Werken der Herren Smith, Murray und Gers. Dazu kommt als kleiner Originalitätsfaktor Enforcers auch noch ein gewisser Hang zum Melodic Rock, der sich im eingängigen Stampfer "Running In Menace" am deutlichsten manifestiert, aber auch schon in den Backingarrangements von "Katana" zu erahnen war. Das ganze Werk klingt allerdings trotzdem wie aus einem Guß, und das, obwohl alle Bandmitglieder überwiegend einzeln Stücke geschrieben haben. Der Gitarrensound, die maidenlastige Melodik und auch Olof Wikstrands Gesang entfalten genügend kohäsives Potential, um "Diamonds" als Gesamtkunstwerk ansehen zu können, dem allerdings auch ein Zerlegen in die einzelnen Bestandteile keine Kratzer verpaßt. Da kann man einen beliebigen der zehn Songs hernehmen, man wird ausschließlich hochwertige funkelnde Diamanten finden. Zum Titelsong ernannt wurde übrigens das einzige Instrumental der Scheibe - keine schlechte Wahl, erinnert es doch an beste "Transylvania"-Zeiten und läßt alle Saitenartisten, also auch Basser Tobias Lindqvist, mal solierend nach vorne treten. Der atmosphärische Schlußteil beweist, daß die Schweden auch ruhigere Passagen spannend gestalten können, und nur sein Ausfaden hätte man vielleicht noch durch eine andere kompositorische Lösung ersetzen können. Andererseits funktioniert so gerade die maximale Kontrastbildung zum zupackenden Intro des Speedies "Live For The Night" besonders gut. Auch "Walk The Me" enthält nochmal einen gelungenen ruhigen Teil, der wirkungsvoll mit der umlagernden melodischen Power korrespondiert. "Take Me To Hell", schnellster Song der Scheibe (und textlich wie gute Teile des Restes etwas klischeehaft, wenngleich auch das irgendwie dazugehört), fügt als neues Element noch ganz kleine Bluesspritzer in den ersten Teil des Solos ein, folgt aber ansonsten ganz der großen Linie dieses hervorragenden Albums, das beweist, wie mitreißend urtraditioneller Metal auch nach dem Ende der 1. Dekade des dritten Jahrtausends noch sein kann.
Kontakt: www.earache.com

Tracklist:
Midnight Vice
Roll The Dice
Katana
Running In Menace
High Roller
Diamonds
Live For The Night
Nightmares
Walk With Me
Take Me To Hell



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver