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EIDOLON: The Parallel Otherworld
von rls

EIDOLON: The Parallel Otherworld   (Escapi Music)

Drei Jahre sind seit "Apostles Of Defiance" vergangen; drei Jahre, in denen einiges passiert ist bei Eidolon, allerdings weniger in direkter öffentlichkeitswirksamer Weise (einige Spezialisten werden sich die zwischenzeitlich erschienene Compilation "Sacred Shrine" mit den Demos der Band in die Sammlung gestellt haben), sondern mehr durch das Engagement der Drover-Brüder bei anderen Bands: Nachdem Glen schon für King Diamond tätig war, fanden nun beide Eingang ins Line-up von Megadeth. Inwieweit sich das musikalisch auf "The Parallel Otherworld" ausgewirkt hat, bleibt unsicher, zumindest vordergründig läßt sich eine Beeinflussung nicht feststellen, wenngleich das neue Album doch teilweise deutlich anders klingt als sein Vorgänger. Daran hat allerdings vermutlich der neue Sänger einen stärkeren Anteil: Pat Mulock verließ die Band, und Nils K. Rue ersetzte ihn - genau der Mann, den der Progfan von Pagans Mind her kennt. Sollte es tatsächlich Zufall sein, daß gerade der eröffnende elfeinhalbminütige Titeltrack so weit in den Progmetal hinübergeht, daß er, unterstützt natürlich noch durch die Stimmengleichheit, auch bei Pagans Mind nicht aufgefallen wäre? (Mal davon abgesehen, daß er auf deren eher durchschnittlicher letzter Scheibe "Enigmatic : Calling" sogar ein Highlight abgegeben hätte.) Schöne Akustikpassagen lockern den Track auf, und Rue liefert eine herausragende Gesangsleistung ab, die er nicht in den gesamten 68 Minuten reproduzieren kann, ohne aber irgendwo schlecht zu sein (manche Passagen kommen eben nur "solide" rüber). Vielleicht waren Eidolon selbst über den leicht abdriftenden Kurs etwas erschrocken, denn "Arcturus #9" und "The Eternal Call" streben mit aller Macht zurück in den massiven Power Metal, den man von der Band gewöhnt ist, wenngleich sich auch hier wieder einige proggige Phrasen eingeschlichen haben (an denen speziell Drummer Shawn Drover Gefallen gefunden zu haben scheint). Damit bestätigt sich zumindest ein Drittel der Veränderungsmerkmale, die das Promoblatt aufzählt: "The Parallel Otherworld" ist tatsächlich progressiver als seine direkten Vorgänger, und dieses Urteil wird auch nicht durch den Fakt beeinträchtigt, daß etwa "Ghost World" im Hauptteil einen relativ stoischen Geradeausbeat auffährt, der dann erst beim Übergang ins Hauptsolo aufgebrochen wird, welches wiederum ein erhalten gebliebenes Eidolon-Problem aufzeigt, das man auch zuvor schon in "The Eternal Call" registrieren konnte: Die Band neigt nach wie vor dazu, manche Riffs bzw. Parts einen Tick zu lange auszuspielen, was der monolithischen Kraft eines solchen Albums zwar gut tut, aber das Interesse des Hörers an mancher Stelle relativ schnell erlahmen zu lassen droht. Wen das schon auf den Albumvorgängern nicht störte, der wird damit natürlich auch auf "The Parallel Otherworld" kein Problem haben, die Dichte solcher Parts hat sich nicht wesentlich verändert, wenngleich es natürlich trotzdem wenig geschickt anmutet, "Order Of The White Light" ohne erkennbaren Grund mit einem Riff einzuleiten, das es in sehr ähnlicher Form gerade erst auf dem Vorgängersong "Spirit Sanctuary" gegeben hat. "Ghost World" besitzt darüber hinaus übrigens noch ein fast zweiminütiges düsteres Intro - aber dieses führt keineswegs dazu, daß die zweite diagnostizierte Veränderung etwa stichhaltiger würde: Eidolon waren schon immer (oder sagen wir: zumindest seit "Nightmare World", denn die beiden ersten Alben der Band besitze ich nach wie vor nicht) eine Band, deren Power Metal eine sehr dunkle Atmosphäre besaß, und die wäre wohl nur noch zu steigern, wenn die Truppe komplett in den Düstermetal überwechseln würde, was sie aber mit "The Parallel Otherworld", wie die bisherige Beschreibung nahelegt, nicht getan hat. Statt dessen fehlen diesmal sogar die Death Metal-Vocals, die auf den letzten beiden Platten gelegentlich eingestreut waren (wobei man sie auch nicht entscheidend vermißt, es keine Passagen gibt, wo sie unabdingbar gewesen wären, das hintergründige Gegurgel im Intro von "Ghost World" und an zwei, drei anderen Stellen mal ausgeklammert). Damit ist auch schon angedeutet, daß die dritte Veränderung ebenfalls nicht eingetreten ist: "The Parallel Otherworld" ist keineswegs härter als seine Vorgänger, bewegt sich im Gegenteil sogar einen Tick leichtfüßiger durch die Gegend, was beispielsweise an "Spirit Sanctuary" deutlich wird, das die schnellsten Passagen des Albums enthält, diese aber auflockert, indem der Beat mal auf Zählzeit 1 (also Stakkato), mal auf Zählzeit 2 liegt. Außerdem ist die Produktion von "The Parallel Otherworld" ein kleines, aber erkennbares Stück weniger massiv ausgefallen (trotz der fast über die Snare dominierenden Doublebass), was sie zwar nicht schlechter macht, aber die angeblich gestiegene Härte völlig konterkariert. Aber das ist in bezug auf die Songqualität eigentlich eh alles nur zweitrangig, und hier liegt wie schon auf "Apostles Of Defiance" der Hase ein bissel im Pfeffer, stehen neben Highlights wie dem eröffnenden Titeltrack auch unauffälligere, wenngleich nicht schlechte, aber eben nicht hervorstechende Tracks wie "Thousand Winters Old", die zwar helfen, aus dem Album ein geschlossenes und als gut zu bezeichnendes zu machen, die aber unterm Strich doch einen Tick zu austauschbar bleiben, um das Album in die Nähe eines Klassikerstatus zu hieven. Wer möchte, kann sich auch noch auf die Suche nach den Gastgitarrensoli von Jim Aresti von Fates Warning (so steht's ungelogen im Promozettel - es bleibt also offen, ob es Jim Matheos oder doch Frank Aresti war), Michael Romeo, Chris Caffery und Kim Mitchell (letztgenannter hierzulande weniger bekannt, aber in Kanada ein ganz großer Name im Hardrockbereich, dessen "I'm A Wild Party"-Scheibe sich auch im Regal des Rezensenten befindet und bei Sichtung auf alle Fälle zum Erwerb empfohlen werden kann) machen. Und zwei andere Größen haben auch noch mitgemacht, nämlich Hank Sherman und Michael Denner, und zwar in "The Oath", das den zweiten großen Hinhorcher des Albums markiert - es ist tatsächlich der Song von Mercyful Fate. Nun hatten Pagans Mind auf dem Re-Release von "Infinity Divine" schon King Diamonds "At The Graves" gecovert, und ich hatte mich in meinem Review dieser CD (siehe G.U.C. Nr. 21) gewundert, ob denn da der King als Gastsänger dabei ist oder ob Nils K. Rue seine Stimme selbst in den schwierigen Falsettpassagen so perfekt imitiert. Hier nun klingt der Gesang wieder originalgetreu nach dem King, so daß Nils das offenbar wirklich selber fertiggebracht und sich dafür ein dickes Lob verdient hat (es sei denn, es ist auch diesmal der King, und das Promoblatt hat das nur zu erwähnen vergessen). Egal wie: Daß der zweite Hinhorcher nun ausgerechnet die Coverversion des Albums ist, sollte Eidolon zu denken geben, denn trotz der leichten Kurskorrektur ist "The Parallel Otherworld" nicht besser als sein Vorgänger ausgefallen (wenngleich auch nicht schlechter). Der Eidolon-Fan wird also sicher nicht enttäuscht sein, neue Fans zu gewinnen wird aber auch mit dieser Platte eher schwierig.
Kontakt: www.escapimusic.com, www.eidolon-nightmareworld.com

Tracklist:
The Parallel Otherworld
Arcturus #9
The Eternal Call
Ghost World
Thousand Winters Old
Spirit Sanctuary
Order Of The White Light
Astral Flight
Shadowanderer
The Oath
 




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