www.Crossover-agm.de DRAGONFORCE: Maximum Overload
von rls

DRAGONFORCE: Maximum Overload   (Ear/Edel)

War der Vorgänger "The Power Within" das langsamste und differenzierteste Dragonforce-Album in der bisherigen Karriere der Band (was, wie im zugehörigen Review nachzulesen ist, natürlich immer noch eine relativ zu sehende Einschätzung ist), so deutet der Titel des neuen Werkes an, daß die Multikultiband möglicherweise doch wieder einen Schritt zur Ungestümheit der früheren Scheiben zurückgekehrt sein könnte. Schon der erste Hördurchlauf läßt die Frage, ob diese Vermutung korrekt ist, allerdings mit einem klaren Jein beantworten, und auch weitere Analysen zeitigen das gleiche Ergebnis, das sich ungefähr so zusammenfassen ließe: Dragonforce kombinieren die neu gewonnenen Tugenden des Albumvorgängers mit ein wenig vorwärtspreschender Attitüde der Frühwerke und versuchen damit eine Art "best of both worlds" zu erschaffen. In der ersten Albumhälfte gelingt ihnen das auch auf außerordentlich hohem Niveau: Drei Speedsongs stehen am Anfang, sind aber tempomäßig so geschickt aufgeteilt, daß der Hörer sich nicht einfach umgeblasen fühlt, sondern immer noch in der Lage ist, die Strukturen mit einem Mix aus Bewunderung und Analyse nachzuverfolgen. Zudem haben die Hauptsongwriter Sam Totman (Gitarre) und Frédéric Leclercq (Baß) die meisten der Songs mit hochgradig eingängigen, aber unplatten Refrains ausgestattet, die für eine relativ schnelle Erschließbarkeit bei vergleichsweise geringer Abnutzungsgefahr sorgen. Dann kommt an strategisch günstiger Position der Stampfer "Three Hammers", auch live ein willkommener Farbtupfer, wenngleich das Midtempo nicht durchziehend, sondern nach drei Minuten plötzlich in bekannter Manier losflitzend, nach Ende des Hauptsolos allerdings wieder zum Ausgangstempo zurückkehrend. "Symphony Of The Night" läßt mit seinem Spinett-und-Gesang-Intro noch alles offen, entwickelt sich dann allerdings zum "normalen" melodischen Speed Metal weiter, wie er das Vorgängeralbum dominierte. Mit "The Sun Is Dead" erklingt danach allerdings ein ungewöhnlich wendungsreicher Song, der ziemlich lange braucht, bis er sich ideenseitig komplett erschließt, obwohl auch er wieder mit einem äußerst einprägsamen und eindringlichen Refrain ausgestattet ist, von dessen Basis aus sich die Erschließung beginnen läßt. Keinen solchen hat "Defenders", obwohl auch hier ausgeprägte Chorgesänge zum Einsatz kommen; unter anderem ist als Hintergrundsänger Clive Nolan zu hören, den man ja sonst aus anderen musikalischen Gefilden kennt (vielleicht hat sein Thin-Ice-Studiokollege Karl Groom, der "The Power Within" produziert hatte, eine Aktie an dieser Verbindung, auch wenn man diesmal nicht bei ihm aufgenommen hat), "Three Hammers" bringt an dieser Position u.a. Ronny Milianowicz zu hören, den Melodic-Metal-Historiker noch als Drummer von Dionysus kennen, und in drei Songs ist Trivium-Kopf Matt Heafy dabei, den man auch nicht unbedingt als Gastmusiker auf einer Melodic-Speed-Metal-Platte erwarten würde. "Neuling" Marc Hudson vollbringt am Leadgesang allerdings auch wieder eine starke Leistung, auch wenn er sich von den ganz hohen Lagen weitgehend fernhält. Daß die Instrumentalisten (inclusive Drummer Dave Mackintosh, der allerdings nur noch als Gastmusiker dabei ist) fleißig zaubern, versteht sich auf einer Dragonforce-Platte von selbst, und doch fällt abermals auf, daß das Drumming auf die früher so beliebten Blastbeats so gut wie komplett verzichtet. Vielelicht hätte gerade der hinteren Albumhälfte noch was richtig extrem Schnelles gut getan: "Defenders" verliert sich in etwas zu vielen Windungen (vielleicht würde der Song besser zur Wirkung kommen, stünde er nicht hinter dem ähnlichen, aber mit dem erhofften Händchen für Genialität in Szene gesetzten "The Sun Is Dead"), "Extraction Zone" und "City Of Gold" bieten guten, aber nicht weiter weltbewegenden Melodic Speed, der mit den drei Eröffnungssongs nicht mithalten kann, und die abschließende Coverversion von "Ring Of Fire" neigt dazu, mehr oder weniger durchzurauschen, obwohl das neu hinzugefügte Gesangs-Exzelsior mit dem wiederholten "And it burns, burns, burns" durchaus als gute Idee durchgeht. Gerade das Hören dieses Songs ist allerdings extrem stimmungs- bzw. gelegenheitsabhängig, wie der Rezensent aus Erfahrung weiß - in bestimmten Lagen kann man ihn auch als Geniestreich ansehen, auch wenn die Fassung von Jiri Brabec And His Country Beat nach wie vor unerrreicht bleibt. Aber irgendwie steht diese Coverversion paradigmatisch für die ganzen knapp 50 Minuten Musik: exzellente Musiker, exzellente Produktion, viele gute Ideen, viele Geniestreiche, aber eben nicht ganz durchgehend geniales Level. Trotzdem bleibt "Maximum Overload" (so ein klein wenig Etikettenschwindel betreibt der auch grafisch entsprechend umgesetzte Titel dann doch - da waren die Frühwerke doch ein gutes Stück overloadeter) für alle, denen "The Power Within" gefallen hat oder die generell virtuosesten melodischen Speed Metal mögen, definitiv erwerbenswert.
Kontakt: www.dragonforce.com, www.ear-music.net

Tracklist:
The Game
Tomorrow's Kings
No More
Three Hammers
Symphony Of The Night
The Sun Is Dead
Defenders
Extraction Zone
City Of Gold
Ring Of Fire



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