www.Crossover-agm.de TRIVIUM: In Waves
von rls

TRIVIUM: In Waves   (Roadrunner Records)

Trivium galten früher außerhalb eingefleischter Fankreise als "just another metalcore band", befreiten sich von diesem Stigma allerdings spätestens mit dem "Shogun"-Meisterwerk, denn immerhin handelte es sich dabei um das Album, das Metallica nach der Schwarzen hätten einspielen sollen, um weiterhin als ernstzunehmen gelten zu können. Freilich entfernten sie sich mit Epic-Metal-Großtaten wie dem Titelsong auch sehr weit von ihrer Basis, und das hat ihnen die Altfanschicht offensichtlich übelgenommen. Vielleicht beschlich auch die Band selbst der Verdacht, einen Schritt zu weit gegangen zu sein - zumindest kann man diesen Eindruck bekommen, wenn man sich "In Waves", das Nachfolgealbum, anhört, das praktisch einen Schritt zurück und einen zur Seite geht. Zunächst fällt zwar die extrem düstere optische Gestaltung auf, allerdings hinterläßt die keine musikalischen Spuren, man hat es also keineswegs mit einer doomlastigen Platte zu tun. Sieht man die Tracklist mit Spielzeiten, bemerkt man des weiteren eine deutliche Komprimierung: Die dreizehn neuen Songs bringen es nur noch auf 51 Minuten Gesamtspielzeit, während die elf des Vorgängers deutlich darüber lagen, und sechs- oder gar elfminütige Epen gibt es diesmal gar keine. Das hat auch praktische Auswirkungen aufs Songwriting: In "Inception Of The End" versucht die Band quasi alle Stilelemente, für die sie aktuell steht, in einer Nummer zu vereinigen - und das in nicht einmal vier Minuten. Das könnte als Kotau vor der jüngeren Zielgruppe verstanden werden, die es gewöhnt ist, daß die gängigen Deathcore-Truppen von heute stärker noch als die gemeinen Metalcorebands des vorigen Jahrzehnts ihre musikalische Welt komplett in vier Minuten packen wollen und diese Vier-Minuten-Blöcke dann beliebig oft aneinanderreihen und als Songs bezeichnen. Trivium bringen immerhin noch eine klare und wiedererkennbare Struktur in die erwähnten knapp vier Minuten, aber sie gönnen sich keine Zeit, ihre Ideen zu erklären oder auch nur zu entwickeln. Das ist schade, denn das haben sie auf "Shogun" deutlich aussagekräftiger zu tun verstanden. Der erwähnte Schritt zurück bezieht sich denn auch darauf, daß sie den Anteil des traditionellen Metals (der bekanntlich oft und gern viel Zeit darauf verwendet, Ideen zu erklären oder auch nur zu entwickeln, wenngleich es auch Bands gibt, die ganz andere Strategien fahren) ein gutes Stück heruntergefahren haben, und statt dessen gehen sie einen zur Seite und basteln neue Elemente in ihren Sound ein, ohne aber damit in jedem Fall überzeugen zu können. "Watch The World Burn" etwa tendiert deutlich in die alternative Richtung, gerät aber gerade dadurch weder zu Fisch noch zu Fleisch, "Built To Fall" ist der erste Schritt auf dem Weg zu modernem Melodic Rock, aber keinesfalls schon das Nonplusultra in dieser Sektion, und schon das vor sich hin wabernde Intro "Capsizing The Sea" hat einen eher orientierungs-, wenn nicht gar hilflosen Eindruck hinterlassen und tut für den Spannungsaufbau in Richtung des eröffnenden Titeltracks wenig bis gar nichts. Das Outro "Leaving This World Behind" läßt den Hörer ebenso hilflos nach dem Durchlauf der 51 Minuten zurück. "In Waves" wird neben der sehr guten instrumentalen Leistung damit nur durch einige wirklich starke Tracks gerettet, und vielleicht nicht zufällig wurde der stärkste exakt in der Mitte des Albums positioniert: "A Skyline's Severance" bekennt sich zum einen stolz zu den metalcorigen Wurzeln, schämt sich zweitens der zupackenden thrashigen Attitüde nicht, vollführt drittens eine Verbeugung vor der rauheren Ecke der klassischen Göteborg-Schiene und entwickelt viertens den bandeigenen Sound weiter, indem die Leadgitarren in der Songmitte durch fast progressiv zu nennendes verspieltes Drumming unterfüttert werden. Daß auch dieser Song nicht zum ganz großen Highlight gerät, liegt am etwas orientierungslosen Schlußteil. Wie die Einbindung bisher ungewohnter Elemente funktionieren kann, zeigt "Forsake Not The Dream", das gar mit Elementen aus dem Californiapunk spielt, die bei den ersten Hördurchläufen als völlige Fremdkörper wirken, bis man sie schrittweise zu verstehen beginnt. Der halbballadeske Gestus von "Of All These Yesterdays" benötigt ebenfalls eine überraschend lange Anlaufzeit, beeindruckt allerdings mit sanften Strophengesängen Matt Heafys, zu denen er vor einigen Jahren sicherlich noch nicht in der Lage gewesen wäre. Im völligen Kontrast hierzu steht dann traditioneller Metalcore wie "Chaos Reigns", der auch auf eines der Frühwerke der Band gepaßt hätte. So versucht "In Waves" einen Spagat aus Tradition und einigen ungewöhnlichen Innovationsrichtungen, der leider nicht hundertprozentig gelingt, zudem vom gegenüber "Shogun" druckärmer und komprimierter wirkenden Sound ausgebremst wird und in der Nachbetrachtung vermutlich den Status eines Übergangsalbums einnehmen wird, wobei die einzuschlagende Richtung derzeit noch offenbleibt.
Kontakt: www.trivium.org, www.roadrunnerrecords.com

Tracklist:
Capsizing The Sea
In Waves
Inception Of The End
Dusk Dismantled
Watch The World Burn
Black
A Skyline's Severance
Built To Fall
Caustin Are The Ties That Bind
Forsake Not The Dream
Chaos Reigns
Of All These Yesterdays
Leaving This World Behind
 




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