www.Crossover-agm.de DOUBLE DEALER: Derive At The Top
von rls

DOUBLE DEALER: Derive At The Top   (Limb Music Products)

Seit jeher sind die Japaner große Freunde der traditionsorientierten Subgenres der Rockmusik (nicht umsonst haben schon Deep Purple ihr wohl bedeutendstes Livedokument anno 1972 im Lande der aufgehenden Sonne mitgeschnitten), was - Rezession hin oder her - auch im Metal nicht sonderlich anders aussieht. Seit den 80ern aber konsumieren die Japaner nicht nur, sie tragen auch selbst weitreichend zum musikalischen Geschehen bei - Loudness wurden in ihrer Frühzeit zum wohlklingenden Namen in der europäischen und auch amerikanischen Metalszene, Anthem folgten in ihrem Schatten (und machten ebenbürtige Platten - von den vieren, die ich besitze, sticht "Tightrope" hervor, aber mindestens vier fehlen mir auch noch), und eine gewisse Anzahl heute fast vergessener Bodentruppen wie Bow Wow bzw. Vow Wow marschierte brav hinterher (wobei letztgenannte laut Georg schon vor Loudness aktiv waren, zumindest auf ihren beiden ersten LPs von 1972/73 aber noch im psychedelischen Sektor durch die Gegend schwebten, wie es auch die ganz frühen UFO taten). Auch in den 90ern traten immer wieder neue Kräfte in Erscheinung, wobei mir Concerto Moon vom Namen her was sagen, Saber Tiger indes überhaupt nichts. Warum ich gerade diese beiden Bands nenne? Nun, Double Dealer, um die es in diesem Review geht, setzen sich komplett aus Mitgliedern von Concerto Moon und Saber Tiger zusammen. Das Ganze war ursprünglich mal als Soloprojekt von Concerto Moon-Gitarrist Norifumi Shima gedacht, nahm aber schnell Bandcharakter an, obwohl Shima (Alleinkomponist und Produzent) neben Sänger Takenori Shimoyama (Saber Tiger) eindeutig im Vordergrund steht (immerhin darf der Sänger die - nicht im Booklet abgedruckten - Lyrics beisteuern). "Derive At The Top" ist nach einer selbstbetitelten CD anno 2000 der zweite Longplayer, der mit 68 Minuten diesen Namen auch verdient und dank großen musikalischen Einfallsreichtums auch nicht "gestreckt" werden mußte. Daß Shimas Vorbilder auf die Namen Uli Roth, Ritchie Blackmore und Yngwie Malmsteen hören (anhand dieser Aufzählung fällt es auch nicht schwer, die Inspirationsquelle zum Bandnamen in einem Song aus dem Jahre 1974 zu finden), kann man ohne große Phantasie heraushören, allerdings fehlt noch einer in der Liste: Michael Schenker. Vom Gesamtbild her tun sich nämlich größere Parallelen zur "Assault Attack"-Platte auf, zumal Shimoyama ähnlich rauhe Laute von sich gibt wie Graham Bonnet anno 1982. Inwieweit diese vergleichsweise grobe Artikulationsweise eine harmonische Beziehung mit dem bisweilen ausgesprochen feinfühligen Spiel der Gitarre und der Keyboards eingeht, muß jeder Hörer subjektiv entscheiden - ich persönlich hab' einige Schwierigkeiten damit, wie auch schon auf besagter Schenker-Scheibe oder, um ein neuzeitliches Exempel zu statuieren, bei Kenziner. Allerdings stellt Shimoyama unter Beweis, daß er es bei Bedarf auch sanfter bringt, und in den Strophen von "The Pain" überrascht er gar mit pathetischem Klargesang (falls er das selber ist, aber im Booklet sind zumindest keine Gastmusiker aufgeführt). Keyboarder Toshiykui Koike darf sich demnächst in Toshiyuki "Hammond" Koike umbenennen, so sehr dominiert diese altertümliche Gattung sein Spiel, das sich dadurch mit Shimas ebenfalls hörbar wurzelorientierten Gitarrenkünsten trefflich ergänzt. Insgesamt geben Double Dealer etwas mehr Gas als ihre eine zweistellige Anzahl Jahre zurückreichenden Haupteinflüsse, aber sie lassen sich doch noch ein Stück vom gängigen Melodic Speed Metal entfernt nieder. Und obwohl Innovation fast völlig abwesend bleibt, einem manche Themen wie das von "Moon Beyond The Glass" gar entfernt bekannt vorkommen, ein absoluter Klassikersong fehlt, so ist doch andererseits auch ein richtiger Ausfall abwesend, klingt die Platte nicht langweilig, aber dafür homogen, wurde sie mit Enthusiasmus und technisch sauber eingespielt und schließlich auch erstklassig produziert. Die Multimediafront bekommt zu allem Überfluß noch einen Videoclip im MPEG-Format zum Song "Draw The Curtain" vorgesetzt, so daß "Derive At The Top" einen reellen Gegenwert fürs schwer verdiente Geld darstellt, dessen Erwerb kein Freund beschriebener Klänge bereuen sollte, sofern er mit dem Gesang halbwegs klarkommt.





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