www.Crossover-agm.de DA BLECHHAUF'N: BH
von rls

DA BLECHHAUF'N: BH   (Eigenproduktion)

Österreich war schon immer ein gutes Pflaster für Blechbläserensembles der anderen Art. Mnozil Brass fallen einem als Garanten für absonderliche Blechunterhaltung ein, Global Kryner erweiterten das Spektrum in vorher für ganz unmöglich gehaltene Welten, und auch die sieben Burgenländer Herren, die unter dem Namen Da Blechhauf'n firmieren, machen schon mit dieser Titulierung klar, daß von ihnen etwas Absonderliches zu erwarten sein dürfte. Gerüchteweise sollen ihre Livegigs einen sehr hohen Unterhaltungswert aufweisen, was der Rezensent mangels bisheriger Gelegenheit weder bestätigen noch dementieren kann - er muß sich seinen Eindruck allein anhand des Tonträgers "BH" bilden. Und der offenbart, daß Da Blechhauf'n einen erstaunlichen Spagat versuchen und auch hinbekommen. Auf der einen Seite finden sich nämlich Nummern, die auch jedwedes streng nach traditioneller Sitte musizierende Blechbläserensemble im Repertoire haben könnte und deren Humorpotential, wenn man ausschließlich die konservierte Musik als Gradmesser nimmt, in der Nähe von Null angesiedelt ist (diese Nummern sind allerdings deutlich in der Minderzahl). Auf der anderen Seite aber steht dann eben der Fundus an außergewöhnlichen Ideen, die wiederum verschiedenen Quellen entspringen. Erstaunlich häufig finden sich vokale Einlagen (während der ersten drei Songs des Albums gleich in zwei Dritteln), bisweilen kommt auch noch Schlagwerk hinzu, was "Round One", den Opener, in bestimmten Passagen gar als originelle Samplingvorlage für einen Techno-DJ qualifizieren würde. Dann hätten wir da gelegentliche Fremdkörper, die die Arrangementversion einbaut - "Cantina Band" etwa beinhaltet einen blitzartig aus dem Nichts hervorschießenden bekannten Tiefbaßlauf, der eigentlich nicht an diese Stelle gehören würde, aber eben dadurch einen Heidenspaß macht. "Shosholoza" wird gar von einem Didgeridoo eingeleitet und macht vor dem ersten Trompetenton, der gut eine Minute auf sich warten läßt, aufgrund von Percussion und Gesang den Eindruck einer negroid determinierten Nummer. Und natürlich muß auch auf die generelle Musikauswahl hingewiesen werden. Da Blechhauf'n mischen auf dem vorliegenden Album eine Eigenkomposition, nämlich den schleppend-massiven Quasi-Titelgeber "BH Polka" aus der Feder von Trompeter Christian Wieder (der sich selber hier eine Art Auszeit gönnt und dafür die Tiefblechfraktion richtig arbeiten läßt), mit 15 Fremdwerken, von denen sie 14 selbst arrangiert haben, lediglich für "Späte Liebe" zeichnet arrangementseitig mit Roman Weninger ein Externer verantwortlich. Und das Spektrum der Fremdwerke ist beachtlich: Eine Allemanda von Antonio Vivaldi markiert den "ernsten Endpunkt", während Koji Kondo für den anderen, den "absonderlichen Endpunkt" verantwortlich zeichnet: Der Mann schrieb die Musik zu "Super Mario", und wer im Gegensatz zum Rezensenten mit dieser Figur aufgewachsen ist, wird vermutlich beim Hören dieser Blechversion entweder vor Lachen unter den Tisch rutschen oder aber seine Sekundanten zu Albert Wieder schicken, um diesen zum Duell aufzufordern. Letzteres wäre schade, denn der Mann leistet hier hörbar Gutes am Tiefblech, und er spielt nicht wie die meisten Funktionskollegen eine Tuba, sondern ein Helikon, also eines dieser runden Instrumente, in die man von unten her hineinkriecht, sofern man privilegiert genug ist, daß Körper- und Instrumentenform ungefähr zusammenpassen. Sowas macht live natürlich noch einmal etwas ganz Besonderes her, während man in der Konservenversion kaum einen klanglichen Unterschied bemerkt. Dafür stolpert man über interessante Details wie die Vokalparts in "Rotes Apfel", wo die geshoutete Anzählung auf slawische Sprachmuster zurückgreift, und überhaupt schielen die sieben Musiker immer mal in Richtung Nord- bis Südosten, was nicht nur die Herkunft der eher traditionell geprägten Vorlagen, sondern auch was die Stilistik der Umsetzung angeht. Immerhin wohnen sie ja auch in einer Region, die jahrhundertelang zum ungarischen Teil der K&K-Monarchie gehörte und damit im Schmelztiegel deutlich mehr slawische Elemente aufwies (das nichtslawische Ungarische hat erstaunlich wenig Spuren im Gesamtsound hinterlassen, aber von der Sprache abgesehen hatte die kulturelle Assimilation da über Jahrhunderte hinweg schon viel Arbeit geleistet). Generell gilt natürlich für Da Blechhauf'n das, was für viele gleichartige Formationen auch gilt: Ein guter Teil der Komik in der Musik erschließt sich vor allem dann, wenn man die Originale kennt oder zumindest einordnen kann - also ein Faktor, der vom potentiellen Hörer abhängt. Aber erstaunlicherweise kann man gute Teile des Materials auch als "ernste" CD ohne Bezug zu den Originalen hören, und das schafft nun auch wieder nicht jeder. Trotzdem dürfte sich auch bei Da Blechhauf'n als Einstiegsdroge ein Konzertbesuch empfehlen - wer einen solchen schon hinter sich hat oder doch gleich zur Konserve greifen will, dem sei der schwarz-rot-goldene (!!) Digipack durchaus empfohlen, und Experten dürfen auch noch die sieben computeresken Symbole neben den Musikernamen (da dürfte sicherlich auch wieder Super Mario dahinterstecken, aber der ist wie angedeutet am Rezensenten früher vorbeigegangen) zu entschlüsseln versuchen.
Kontakt: www.blechhaufn.at

Tracklist:
Round One
Smutna Milenka
Ana hot immer das Bummerl
Cantina Band
Children Of Caribe
Allemanda
BH Polka
Rotes Apfel
Kmotrenka
Der letzte Seufzer
Tijuana Taxi
Späte Liebe
Shosholoza
Super Mario
Gabriella's Song
Arnhem



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