www.Crossover-agm.de BRAINSTORM: Liquid Monster
von rls

BRAINSTORM: Liquid Monster   (Metal Blade)

"Inside the monster I'm alone" - keine Ahnung, warum ich mir manche CDs immer gerade dann zum Rezensieren vornehme, wenn Teile von ihr, manchmal auch aus dem Zusammenhang gerissene (wie hier), meine persönliche Situation widerspiegeln (was ich konkret damit meine, geht die Öffentlichkeit nichts an), zumal auch Andys Intonation der Worte "I'm alone" in diesem Falle den Nagel auf den Kopf trifft - der situative Zusammenhang des restlichen Textes soll indes verschieden bleiben. Der alte Jona hat schließlich auch allein in seinem Wal gesessen. Hört man diesen relativ vielschichtigen Förmlich-Titeltrack, hat man den Quasi-"Highs Without Lows"-Nachfolger "Worlds Are Comin' Through" bereits hinter sich, und die Ähnlichkeiten beschränken sich nicht nur auf die flackernde Keyboardlinie, die Ferdy Doernberg ins Intro gezaubert hat. Die mehrmals von Brainstorm praktizierte Songreihenfolge, an Position 2 den speedigsten Track zu setzen, findet auf "Liquid Monster" keine Fortsetzung, denn trotz speedkompatiblen Intros schraubt "Inside The Monster" die Strophengeschwindigkeit nach unten, nur im Chorus Drummer Dieter schnellere Passagen erlaubend. Der Speedhammer folgt diesmal erst mit "Lifeline" an Position 4, dessen Introgestaltung mit dem ultrahohen Schrei (schön zu hören, daß Andy auch das noch kann - auf dem letzten Album "Soul Temptation" gab es in "Dying Outside" bereits ein analoges Element) eine klitzekleine Reminiszenz an Judas Priests "Bullet Train" heraufbeschwört; davor plaziert wurde "All Those Words", mit vier Non-Album-Tracks auch als Single ausgekoppelt und Carmen Schäfer für einige Sopranvocals ans Mikro lassend (sollte das Carmen REGINA Schäfer sein? :-)), insgesamt relativ unauffälligen Power Metal darstellend. Selbiges Attribut kann man auch "Invisible Enemy" anheften, das einzig durch das schöne Akustikintermezzo auffällt. Wenn das so schön ist, bleiben wir gleich dabei, mag sich die Band gedacht haben und spielte mit "Heavenly" eine phantastische Halbballade ein, deren Leadpassagen im Gesang wie in der Gitarrenarbeit zunächst fast nur aus Tonschritten bestehen und die dennoch eine immense Tiefe aufweist, welche durch das wunderbare Hauptsolo (dort dann mit wilderen Intervallsprüngen) noch einmal gesteigert wird. Genaugenommen stellt "Painside" danach eine Übersetzung dieser Stilmittel in traditionellen Power Metal dar, allerdings unter Verlust der erwähnten Tiefe, die auch durch ein schönes doppelläufiges Solo nicht wiedergewonnen werden kann; zudem bleibt die Sinnhaftigkeit der kurzen verzerrten Gesangspassage von Andy kurz vorm zweiten Refrain zu hinterfragen. In "Despair To Drown" verfällt er in den Strophen beinahe in auswurfartiges Shouten, wie man es auch auf den ersten beiden Iced Earth-Alben gelegentlich hören konnte, wenngleich dort in etwas gepreßterer höherer Lage. Das und das wiederum eingesetzte Stilelement des doppelläufigen Solos soll allerdings wiederum das Auffälligste an diesem Song bleiben, dessen disharmonisches Gitarrenflackern, welches den zweiten Teil des Solos gliedert, auch auf früheren Brainstorm-Alben bereits feststellbar gewesen ist. Überhaupt stellt man beim Durchhören der insgesamt 51 Minuten fest, daß hier vieles nach Brainstorm as usual klingt - was ja primär nichts Schlechtes ist. Aber: Die Qualität vieler Vorlagen der früheren Alben kann nur partiell reproduziert werden (was die extrem hohen Punktwertungen in diversen anderen Magazinen zum nur strukturell erklärbaren Phänomen mutieren läßt). Natürlich ist das Material perfekt eingespielt - aber vielleicht ein wenig zu perfekt (was Andy sogar zugegeben hat - er meinte, man habe immer und immer wieder an den Songs gefeilt, und das hört man auch, denn man hat ihnen dabei einen Teil ihrer Individualität geraubt), der Albumtitel des Debüts, "Hungry", trifft auf "Liquid Monster" definitiv nicht mehr zu. Klar, ein Solo wie das in "Even Higher" ist klasse - aber irgendwie ertappt man sich immer wieder bei der Frage, was nun das Besondere daran sein soll. Und dieses Phänomen tritt in fast allen Songs irgendwo auf - außer in "Heavenly", so daß sich die Ballade völlig überraschend als größter Trumpf der CD entpuppt, dem mit "Lifeline", dem epischen Closer "Burns My Soul" (wieder ein grandioser halbakustischer Part) und "Inside The Monster" aber nur noch ein As und zwei Zehnen ins Beiblatt gemischt wurden, so daß der erhoffte Grand ausbleibt und man sich mit "Liquid Monster" nur ein (allerdings durchaus siegverheißendes) Farbspiel erlauben kann.
Kontakt: www.metalblade.de, www.brainstorm-web.net

Tracklist:
Worlds Are Comin' Through
Inside The Monster
All Those Words
Lifeline
Invisible Enemy
Heavenly
Painside
Despair To Drown
Mask Of Life
Even Higher
Burns My Soul



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