www.Crossover-agm.de BATTALION: Runaway
von rls

BATTALION: Runaway   (Arkeyn Steel Records)

Zu dieser Combo könnte Thorsten vielleicht die eine oder andere Zeitzeugeninformation beitragen, war sie doch einerseits in der ersten Hälfte der Neunziger aktiv, als auch er die christliche Metalszene sehr intensiv verfolgte, und paßte sie andererseits auch genau in sein musikalisches Beuteschema: Battalion spielten melodischen Metal der traditionellen Sorte, wie man ihn auch aus den besten Zeiten von Stryper schätzte, und daß hier und da auch die erste Guardian-Scheibe "First Watch" ins Gedächtnis springt, dürfte natürlich auch kein Zufall sein. Nur erschien "Runaway", die einzige Battalion-Scheibe, erst 1994, als es Stryper schon nicht mehr gab und Guardian und diverse andere einstige musikalische Traditionalisten ins moderne Hardrocklager gewechselt (oder, wie Skeptiker meinen, trendhörig geworden) waren, und außerdem handelte es sich um eine Eigenproduktion, die zwar trotzdem eine gewisse Verbreitung vor allem in den USA fand, aber eben doch ein Undergroundthema blieb, das nur die wenigsten ehemaligen Stryper- oder Guardian-Anhänger informationstheoretisch erreicht haben dürfte. Da half alle musikalische Klasse nichts - wenn die strukturellen Rahmenbedingungen nicht stimmen, bleibt das Erklimmen der Erfolgsleiter ein hoffnungsloses Unterfangen, und da auch innerhalb der Band umfangreiche Umbesetzungen anstanden, konnte der nächste Schritt nicht mehr gegangen werden: Die letzten Demoaufnahmen 1995/96 blieben unvollendet, und 1996 fanden sich vier Fünftel der Fast-Urbesetzung zu einem Abschiedsgig zusammen, der bis heute das letzte bühnenaktive Signal aus dem Hause Battalion war.
Die griechischen Schatzgräber von Arkeyn Steel haben sich nun auch dieser verkannten Perle des christlichen Metals angenommen und bringen "Runaway" in einer auf 1000 Exemplare limitierten und um sieben Bonustracks erweiterten Fassung neu heraus. Die damit achtzehn vertretenen Songs (Gesamtspielzeit reichlich 76 Minuten) sind dabei nicht chronologisch angeordnet: An vorderster Stelle stehen die elf Nummern der Originalscheibe, die schon nach wenigen Sekunden im Opener "Don't Wait" klarmachen, wo hier der musikstilistische Hase entlangläuft: Ein einprägsames Gitarrenthema eröffnet diesen Song, und kurze Zeit später wird darüber noch eine Melodiegirlande gelegt, die deutlich macht, daß der Sound von Battalion auf zwei Gitarren beruht, selbst wenn Les Rouse zum Zeitpunkt der Aufnahmen der einzige Gitarrist war, da der ursprüngliche Zweitgitarrist Arron Pabst noch vor dem Einspielen des ersten Demos, womit im Jahr nach der Bandgründung, 1991, begonnen wurde, die Formation verlassen hatte und die vakante Position offenbar erst 1994 nach den Albumaufnahmen oder gar erst 1995 wieder besetzt werden konnte, diesmal mit Matt Lombard. Noch weitere Umbesetzungen hatten sich vor den Albumaufnahmen ereignet: Bassist und Backingsänger Kjell Hatlevig war ausgestiegen und wurde im Studio an den vier Saiten zunächst durch Jay Curatolo ersetzt, der aber nicht für Konzerte zur Verfügung stehen konnte, so daß Jamie Yonk als neuer Bassist zur Band stieß, der zwar nicht auf dem Album zu hören, aber schon auf dem Bandfoto zu sehen ist. Ur-Drummer Rob Kay, der ganz ursprünglich auch Leadsänger der Band war, bevor diese feststellte, daß erstens ein hauptamtlicher Frontmann für die Bühnenpräsenz sinnvoll wäre und sie zweitens mit ihrem Tontechniker Brad Lundstrom genau den richtigen Mann für den Frontmikrofonposten schon in ihrem Umfeld hatten, verließ die Band vor "Runaway" ebenfalls, aber sein Ersatz Joe Siegel blieb dann bis vor den erwähnten Abschiedsgig (den wieder Kay spielte) in der Mannschaft. Geschadet haben die Wechsel "Runaway" definitiv nicht: Rouse konnte ebenfalls prima singen, so daß die Position an den Backings problemlos abdeckbar war, und technisch gibt's gleichfalls nichts zu meckern. Lundstroms hohe Stimme paßt prima zum melodischen, stets zugänglichen, aber durchaus anspruchsvollen Material der Band, die auch gekonnt Akustikelemente einflechten konnte und sich an einigen wenigen Stellen kleine progressive Schlenker gönnte, wie z.B. der Instrumentalteil von "I Give You My Life" deutlich macht. Neben den kernigeren Tracks schrieben Battalion, wie sich das für eine Band ihres Stils gehörte, auch schöne Balladen, wofür "The Lord Sees" ein klassisches Beispiel abgibt. Das einzige, was den Zugang zu ihrem Material etwas erschwert, ist das Harmonieverständnis von Hauptkomponist Rouse, der hier und da bewußt nicht die "einfachste Lösung" zu wählen scheint, sondern den Hörer doch vor die eine oder andere Erschließungsaufgabe stellt, wie z.B. Gesang und instrumentaler Unterbau zusammengehören - natürlich geht das nicht in Richtung Watchtower oder Extremeres, aber ein bißchen reinhören muß man sich in den Stil doch erstmal. Wahrscheinlich war das live einfacher, zumal etwa "Take A Stand" den Mitsingpart fürs Publikum gleich unverkennbar in der Songstruktur mit angelegt hat. Andererseits stellt man fest, daß Battalion zwar zweifellos musikalische Traditionslisten waren, sich aber neueren Klängen doch nicht ganz verschlossen und "He Is Lord" mit leicht verschleppten Drums, wie man sie aus moderneren Rockbereichen kannte, ausstaffierten, was freilich auf wenige Momente beschränkt blieb - die erwähnten Harmonieeigenheiten beispielsweise beruhten keineswegs auf grungig-schrägem Musikverständnis. Das vielschichtige, über sechsminütige "Vices" schließt den ursprünglichen Longplayer auf hohem Niveau ab.
Track 12 führt uns zurück in die Jahre 1991/92, als die Fast-Urbesetzung (wir erinnern uns: Lundstrom kam erst einige Zeit nach Bandgründung auf die Bühne) minus Pabst in die Wave Digital Studios in Gurnee, Illinois ging, um das erste Demo einzuspielen, von dem hier das flotte "Test Of Time" zu hören ist, einer der schnellsten Songs der Battalion-Geschichte überhaupt (wobei anzumerken ist, daß die Truppe nie zur speedlastigen Fraktion gehörte und Geschwindigkeiten, wie Stryper sie z.B. in "The Reign" auffuhren, stets ferngeblieben ist), der sich prima ins Gesamtbild einreiht und für "Runaway" zwar nicht neu eingespielt wurde, aber dort eine hervorragende Figur abgegeben hätte.
Die nächsten vier Tracks stammen von den unvollendeten Demoaufnahmen 1995/96, die im Gegensatz zum 1992er Demo bisher in den Archiven der Bandmitglieder geschlummert hatten und hier nun erstmals das Licht der Metalwelt erblicken. Und das lohnt sich! Lombard und Yonk, so sagen die Liner Notes, brachten einen Tick mehr Heaviness ins Material, was sich an den druckvolleren Rhythmusgitarren festmachen läßt - ansonsten blieb der grundsätzliche Stil aber unverändert, und auch eine Trendanpassung, wie man sie vielleicht befürchten konnte, hat nicht stattgefunden, wenn man nicht das sehr heftige Riff in "Here And Now" per se als solche ansehen will: Entstanden ist genau genommen nämlich kräftiger Power Metal mittlerer Tempolagen, der nur ganz leichte moderne Tendenzen aufweist. Wie diese vier Songs in den finalen Versionen geklungen hätten, bleibt natürlich pure Spekulation, und daß Lundstrom hier wie eine Mixtur aus Ozzy und Halford klingt, darf ebenfalls mit Interesse notiert werden. Nur bei "On And On Again" hat man zumindest in der hier zu hörenden Fassung im Einleitungsteil mal das Gefühl, hier sei die Handbremse zu sehr angezogen worden - aber der Song nimmt dann doch noch Fahrt auf, und das Backingarrangement im Refrain zeigt, daß Battalion ihre Tugenden durchaus weiter pflegten. Ob der vierte Song, simpel "Instrumental" betitelt, ein solches hätte bleiben sollen oder ob die Gesangslinie schlicht und einfach dem abrupten Ende der Aufnahmen zum Opfer gefallen ist, verraten die Liner Notes nicht - man hat jedenfalls durchaus das Gefühl, daß da noch eine Gesangslinie geplant war, aber auch die reduzierte Fassung ist durchaus interessant anzuhören und gehört zugleich zu den schnellsten Tracks des Battalion-Schaffens.
Die beiden letzten Tracks führen dann noch einmal in die Frühzeit der Bandgeschichte: 1992 ließ jemand bei einem Gig in einem Club namens New Union in Minneapolis einen Camcorder mitlaufen, und diese Aufnahmen zirkulierten dann als "Live At Union"-Bootleg auf Video. Von ebenjenem sind die hier zu hörenden Audiospuren entnommen, zunächst der Albumopener "Don't Wait", der beweist, daß Battalion durchaus auch in Quartettbesetzung mit nur einem Gitarristen eine gute Bühnenumsetzung ihrer Songs hinbekamen, wenngleich das nicht der Idealfall war. Mit dem schleppenden "Let God Shine" folgt dann noch eine Rarität, denn dieser Song blieb später unkonserviert und existiert als Aufnahme somit nur in der hier vorliegenden Form. Beide Songs reißen logischerweise soundlich keine Bäume aus, aber da kennt man deutlich problematischere Bootlegs, und der Hörer hört eigentlich alles, was er hören muß, trotz gewisser Schwankungen und einer leichten Dominanz der Drums.
Die hochwertige Ausstattung des Booklets (alle Songtexte des Ursprungsalbums und von "Test Of Time", haufenweise alte Fotos aller möglicher Beteiligter, Liner Notes, detaillierte Besetzungsangaben der Aufnahmen etc.) ist als vorbildlich zu bezeichnen, auch das von Kostas Scandalis behutsam remasterte Klanggewand überzeugt ohne Wenn und Aber (mit quellenbedingten Abstrichen bei den Demos und den Liveaufnahmen), und so liegt "Runaway" in einer Form vor, die es zu einem Kleinod jeder Genresammlung macht. Jäger und Sammler können ja immer noch nachforschen, ob das erste Demo ggf. noch weitere Preziosen beinhaltet hat und was auf dem Video-Bootleg sonst noch drauf ist ...
Kontakt: www.arkeynsteel.com

Tracklist:
Don't Wait
Runaway
Only Human
He Is Lord
The Lord Sees
Eyes Of Love
Judgment Day
Gates Of Heaven
I Give You My Life
Take A Stand
Vices
Test Of Time
Day Of The Coming
Here And Now
On And On Again
Instrumental
Don't Wait (Live)
Let God Shine (Live)
 




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