www.Crossover-agm.de ATTICK DEMONS: Atlantis
von rls

ATTICK DEMONS: Atlantis   (Pure Steel Records)

Undergroundfanatikern könnten Attick Demons bereits anhand vierer Veröffentlichungen mit mehr oder weniger Demo-Charakter bekannt sein, und vielleicht hat zudem der eine oder andere Undergroundfanatiker den Sampler "Heavy Metal PT Is The Law Vol. 1" im Tonträgerschrank oder auf der Festplatte - dort war die Band mit "Riding The Storm" vertreten. Die jüngste Demo-CD stammt aus dem Jahr 2006 und hieß auch schon "Atlantis"; von selbiger dürfte der Samplertrack entnommen worden sein, und alle vier Songs dieses Demos sind nun für das offizielle Debütalbum "Atlantis" neu eingespielt und um fünf bzw. auf der Japan-Edition sechs neue Tracks ergänzt worden. Kennt man diesen strukturellen Zusammenhang, bemerkt man beim genauen Hinhören eine geringfügig höhere Detaildichte in einigen der neueren Kompositionen, die sich einem ohne Kenntnis des Hintergrundes aber kaum erschlossen haben dürfte, sondern die man als normale songwriterische Variabilität anzusehen geneigt ist und nicht als Resultat einer wie auch immer gearteten Weiterentwicklung über das letzte halbe Jahrzehnt hinweg. Interessanterweise wurden Attick Demons bereits in den Mittneunzigern gegründet - daß eine Band anderthalb Jahrzehnte bis zu ihrem Debütalbum braucht, ist selbst in einem Land wie Portugal, das nicht zu den metallischen Kernnationen der Welt zählt, eher ungewöhnlich. Aber die Wartezeit hat sich für den Fan definitiv gelohnt - für den Iron-Maiden-Fan, um genau zu sein, denn das sind ohrenhörlich die erklärten Vorbilder der sechs Portugiesen, die zu allem Überfluß auch noch mit drei Gitarristen aufwarten. Orientierungshilfe finden Attick Demons allerdings vorzugsweise in der frühen Dickinson-Phase, bevor Steve Harris die Band in die Kunstrock-Richtung zu lenken begann. Die rohe NWoBHM-Energie der beiden Alben mit Paul Di'Anno am Mikrofon bleibt bei Attick Demons ebenso außen vor wie eben der Hang zum großen Kunstepos, der auf "Somewhere In Time" zu dominieren begann und mit gewissen Abstufungen bis heute dominiert. Dafür flechten die Portugiesen einige andere Stilmittel ein, die nicht aus dem Kanon der Eisernen Jungfrauen stammen. Der Gitarrensound im Solo von "The Flame Of Eternal Knowledge" beispielsweise geht als Hommage an Tony Iommi zu "Headless Cross"-Zeiten durch, und eine Sopranistin hat Steve Harris bei Maiden ebensowenig zugelassen wie einen sechsköpfigen klassischen Chor. Erstgenannte heißt Beatriz Teixeira und veredelt die Halbballade "Meeting The Queen" nachhaltig, während der One-Plan-Choir, dessen Dirigent immerhin einen Professorentitel mit sich herumträgt, in "Sacrifice" ein wenig zu weit in den Hintergrund gemischt worden ist, um nachhaltige Wirkung zu entfalten (selbst nach dem schrittweisen klanglichen Hervortreten bleibt eine Distanz), wobei das allerdings auch gestalterische Absicht sein könnte - im Mittelpunkt dieses Songs steht der Ich-Erzähler, der zu den Außerirdischen gehört, die die Intelligenz auf die Erde brachten und für mancherlei historische Großtaten wie den Pyramidenbau in Ägypten und Mexiko verantwortlich waren. Andere Songs behandeln ähnliche mythische Themen, so daß "Atlantis" den Anschein eines zumindest lose gefügten Konzeptalbums erweckt, das sowohl aus diesem Grund als auch musikalisch bedingt für Anhänger der frühen Tierra-Santa-Alben interessant sein dürfte. Iron-Maiden-Anhänger wiederum dürfte noch besonders die Stimme von Artur Almeida interessieren, denn der Mann klingt in einer bestimmten höheren Stimmlage wirklich exakt wie Bruce Dickinson, unterscheidet sich von diesem aber in den (selten eingesetzten) ganz hohen Schreien und auch in den tieferen Lagen. Für den Titeltrack haben Attick Demons übrigens noch zwei prominente Gäste gewinnen können: Ex-Manowar-Gitarrist Ross The Boss spielte das zweite Gitarrensolo ein (es ist tatsächlich in seinem typischen Stil gehalten), und Paul Di'Anno himself singt die zweite Stimme. Den hätte man ohne diese Information allerdings kaum wiedererkannt - sein rauher Gesang würde eher zur Spätphase seiner Killers passen als zu den edlen Kompositionen der Portugiesen. Die wissen hörbar, was sie tun, und positionieren sich selbstbewußt in der Nähe von Iron Maiden und Tierra Santa, fügen aber wie bereits beschrieben sehr wohl ihre eigene Note hinzu. Da die ganze Dreiviertelstunde ein recht einheitlich hohes Niveau aufweist, fällt es schwer, Anspieltips in qualitativer Hinsicht anzugeben; man kann sich allenfalls stilistisch behelfen: Wer exzellente Metal-Halbballaden mag, solte in "Meeting The Queen" reinhören, was auch für Fans des Female-fronted-Lagers gilt, wobei diese in den anderen Songs allerdings darben müssen. Aber man kann ja heute auch Einzelsongs als Download kaufen ... Von der Struktur her am komplexesten ist daneben "Sacrifice", die begeisterndste Solostruktur enthält "Riding The Storm", "In Memoriam" läßt vom Intro bis zum Ende der ersten Strophenhälfte ganz leichte moderne Metal-Tendenzen durchscheinen, und Freunde geradliniger NWoBHM-angelehnter Klänge dürfen in "The Flame Of Eternal Knowledge" oder "Listen To The Fool" reinhören, während Anhänger vielschichtigerer NWoBHM-angelehnter Klänge bedenkenlos mit dem Opener "Back In Time" beginnen können. Und für letztgenannte Zielgruppe ist "Atlantis" in seiner Gesamtheit offensichtlich auch gemacht.
Kontakt: www.puresteel-records.com, www.attickdemons.com

Tracklist:
Back In Time
Atlantis
City Of Golden Gates
The Flame Of Eternal Knowledge
Riding The Storm
Sacrifice
Meeting The Queen
In Memoriam
Listen To The Fool
 




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