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ARIJA: Missija
von rls

ARIJA: Missija   (Mystery/Jet Noise Records)

Kein neues Studioalbum von Arija, sondern ein Zwischendurchhappen (die Neigung zu solchen haben Arija in den letzten Jahren ja deutlich intensiviert), dessen konkrete Ausgestaltung doch die eine oder andere Frage nach dem Warum offen läßt. Rußlands größte Metalband fährt an den ersten vier Startpositionen des einstündigen Albums nämlich "Krestschenije Ognjom", "Bal U Knjasnja T'my", "Palatsch" und "Tam Wysoko" auf, und zwar in genau den gleichen Versionen, wie sie schon auf dem hervorragenden 2003er Studioalbum "Krestschenije Ognjom" stehen. Diese sechsundzwanzigeinhalb Minuten hätte man sich also getrost sparen können (um die Anschaffung besagten Studioalbums kommt der qualitätsbewußte Freund traditionellen Metals mit deutlicher Iron Maiden-Schlagseite sowieso nicht herum) und vielleicht noch ein paar mehr Raritäten oder sonstige Songs der weiteren auf "Missija" vertretenen Kategorien auffahren sollen, so daß aus "Missija" ein in jeder Hinsicht wertiges Zwischendurchprodukt entstanden wäre. Das Problem besteht nämlich nun darin, daß die anderen sechs Songs als Kaufgrund eigentlich schon zu reizvoll sind, als daß man selbst als Nicht-Arija-Sammler diese CD einfach so außerhalb seiner Sammlung belassen könnte.
Genau betrachtet reicht sogar schon der erste der sechs aus, denn "Antichrist", original vom 1991er "Krow Sa Krow"-Album, steht hier in einer brillanten Orchestermetal-Version, die gemeinsam mit dem Sinfonieorchester Globalis eingezimmert wurde und den besten Songs auf Nightwishs wegweisendem "Once"-Werk in nichts nachsteht. Das rußlandtypisch spärliche Booklet verrät allerdings nicht, wann die Aufnahmesessions in den "Mosfilm"-Studios stattgefunden haben; fest steht nur, daß hier schon Artur Berkut singt und nicht mehr Waleri Kipelow. Das gilt auch für den zweiten Orchestertrack, das ruhigere "Angelskaja Pil", wobei hier das Orchester weiter im Hintergrund steht (auch in den dramatischeren Passagen) und bis auf die Flöteneinwürfe nicht so viele Akzente setzen kann, weshalb diese Version zwar zweifellos als gut zu bezeichnen ist, aber nicht an die Brillanz von "Antichrist" herankommt.
Die letzten vier Setpositionen gehören Livemitschnitten, die im Februar 2003 beim ortstechnisch apocryph bleibenden Festival "Freitag der 13." festgehalten wurden, also relativ kurze Zeit nach Artur Berkuts Einstieg, so daß sie offenbar den Beweis erbringen sollten, daß der neue Sänger (der zwar u.a. mit seinem eigenen Projekt Berkut auch schon auf Tonträgeraufnahmen verweisen konnte, aber dennoch weithin noch unbekannt war) das Urgestein Waleri Kipelow auch auf der Bühne ersetzen konnte. Daß er im Studio dazu zweifellos in der Lage ist, hat "Krestschenije Ognjom" mehr als eindrucksvoll bewiesen, der Livebeweis wird mit einer geschickten Songanordnung angetreten (wobei ich nicht weiß, ob die auch der originalen Setlist entspricht - Ausblendungen zwischendurch lassen zumindest vermuten, daß die vier Songs nicht so am Stück gespielt wurden): Es geht los mit "Kolisei", also einem Stück aus der Post-Kipelow-Ära, für das die Fans keine Vergleichsmöglichkeit zu früher haben, das zum Zeitpunkt des Festivals aber schon einige Monate als CD-Single erhältlich war. Dem Direktvergleich mit Kipelow stellt sich Berkut dann mit "Njebo Tebje Naidjot" - und er besteht ihn tadellos. In der Halbballade "Schtil" singt danach ohrenscheinlich die halbe Halle mit (das hört man selbst in der ersten Songhälfte, obwohl das Publikum bei den Aufnahmen relativ weit im Hintergrund steht - es darf dafür dann im Mittelteil auch mal solistisch ran) und hat Berkut spätestens dann als neuen Arija-Frontmann akzeptiert. Zum Schluß packen die Jungs mit "Uliza Ros" noch einen ganz großen Klassiker aus, dessen Eröffnungsriff ein helles Kreischen im Publikum hervorruft, wie es keine Boygroup intensiver hätte induzieren können. Auch hier singt das Auditorium keineswegs nur in den ihm zugedachten call-and-response-Passagen fleißig mit, und da sich weder die Instrumentalisten irgendwelche Blößen geben noch der Sound irgendwie abkackt (allenfalls die tieferen Frequenzbereiche der Drums fehlen ein bissel), werden diese vier Songs nicht nur zum erwähnten Beweis, sondern unabhängig davon auch zum Erlebnis für jeden Arija-Anhänger und zum weiteren Kauf-Anhaltspunkt, wenn, ja wenn sie nicht irgendwann mal noch auf einer gesonderten Live-CD mit dem kompletten Gig auf diesem Festival veröffentlicht werden, was bei der multiplen Veröffentlichungspolitik von Arija durchaus im Bereich des Möglichen läge. Ähnliches gilt natürlich auch für die beiden Orchestersongs, wobei ich nicht weiß, inwieweit bei besagter Orchestersession noch weitere Songs außer diesen beiden eingespielt worden sind. So ist "Missija" trotz des überflüssigen ersten Teils auf jeden Fall ein interessanter Release und eine gute Wartezeitüberbrückung bis zum nächsten Studioalbum, das die schwere Aufgabe hat, dem brillanten "Krestschenije Ognjom" mindestens ein ebenbürtiges Pendant zu erzeugen.
Kontakt: www.aria.ru, www.mystery.msk.ru

Tracklist:
Krestschenije Ognjom
Bal U Knjasnja T'my
Palatsch
Tam Wysoko
Antichrist
Angelskaja Pil
Kolisei
Njebo Tebje Naidjot
Schtil
Uliza Ros
 






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