www.Crossover-agm.de ANGEL DE METAL: Grita Libertad
von rls

ANGEL DE METAL: Grita Libertad   (Eigenproduktion)

Der Engel des Metal kommt aus Mexiko übers Meer geschwebt, allerdings irrt, wer hinter diesem Namen eine Formation christlichen Bekenntnisses vermutet. Das Gegenteil dürfte allerdings auch unrichtig sein, trotz Bockskopf-Shirts bei Gitarrist Julio auf dem Bandfoto und niedlicher Pseudonyme der Marke Miguel AnHell beim Sänger/Gitarristen, der zugleich als Alleinsongwriter fungiert. Acht der Eigenkompositionen bedienen sich der spanischen Sprache, die neunte namens "Depression" ist in Englisch gehalten und behandelt das metaltypische Thema des Verlassenseins bzw. das musikübergreifend beliebte Thema des Verlassenwordenseins. Auch der Rest der Lyrik scheint nicht aus den gängigen metallischen Themenkreisen auszubrechen, allerdings durchaus mit sozialkritischem Anspruch, wie auch die Bookletgestaltung deutlich macht, wo zu jedem Text ein Foto abgedruckt ist, über das man sich einige sinnvolle Gedanken machen kann - es geht um TV-Gewalt, Dürrekatastrophen und andere unangenehme Dinge, aber auch um "Hurra, wir spielen Heavy Metal" sowie um das ewig lockende Weib, wobei sich diese beiden Songs an Position 5 und 6 befinden und die zugehörigen Texte und Bilder sich auf den Seiten 6 und 7 im Booklet gegenüberstehen. Da könnte man jetzt lange drüber philosophieren ... Song 6, "Contigo", ist übrigens auch noch eine keyboardunterstützte Halbballade (als Gastmusiker am Werk: Nesthor Torres von den für eine mexikanische Band eher kurios benannten Mighty Thor) und zeigt, daß die mexikanischen Metaller mit wenig Berührungsängsten ausgestattet sind, auch wenn sie sich auf dem Bandfoto ziemlich unnahbar geben - selbst Bassistin Karla erweckt den Eindruck, als wolle man ihr lieber nicht allein im Dunkeln begegnen, wenn sie gerade mal schlechte Laune hat ...
Überhaupt würde man anhand der optischen Präsentation eigentlich etwas Härteres erwarten als den traditionellen Metal, den man in den 56 Minuten dann letztlich zu hören bekommt. Zwar erweist sich das Quartett als durchaus puristisch veranlagt, was die einzusetzenden Stilmittel angeht - will heißen: Gesang, zwei Gitarren, Baß und Drums reichen prinzipiell, und nur in Ausnahmefällen wie dem erwähnten "Contigo" wird das Instrumentarium erweitert. Aber in puncto Arrangements gestalten Angel De Metal ihre Musik durchaus vielfältig, was auch in den recht hohen Songlängen zum Ausdruck kommt: Nach den beiden kürzeren Openern "Grita Libertad" und "Duena De La Noche" wird im weiteren Verlauf der CD regelmäßig die Fünf- und bisweilen auch die Sechsminutengrenze überschritten. Hatte man anhand des Übergangs vom Intro in den Hauptteil des Titeltracks noch befürchten müssen, eher unlogischen Holpermetal geboten zu bekommen, so stellt man am Ende der CD fest, daß der dramaturgische Fauxpas nur wenige Brüder findet und das Gros des Materials durchaus ideenreich und zugleich nicht unlogisch strukturiert wurde. Als Beispiel kann das erwähnte "Depression" dienen, das zunächst mit einem Akustikintro eine Ballade antäuscht (soll sicher eine Reminiszenz an glückliche Zeiten bedeuten) und auch im weiteren Verlaufe beispielsweise mit interessanten baßlastigen Breaks zu überzeugen weiß. Angel De Metal variieren das Tempo durchaus geschickt, so daß etwa auch "Forjando Metal", der oben bereits erwähnte fünfte Track, keineswegs eine geradlinige Metalhymne geworden ist und man zwei, drei Durchläufe braucht, um alle Wendungen verstanden zu haben, ohne daß man die Band deshalb aber ins progressive Lager stecken müßte. Temposeitig am weitesten oben liegt "Violencia", aber auch hier bauen Angel De Metal viele Variationen ein, was sie unter den Traditionalisten doch ein wenig eigen macht. Zum simplen Mitgrölen ist das natürlich nichts, obwohl die Mexikaner durchaus an markante Refrains gedacht haben und das Material live wohl gerade durch seine Kombination aus Eingängigkeit und Anspruch seinen Reiz entfalten könnte, wenn man die Studiofassungen schon kennt.
Nach "Fuerza Interior" folgt dann aber noch ein zehnter Track, und der legt das Problem Angel De Metals schonungslos offen, noch schonungsloser als die Eigenkompositionen: Die Mexikaner covern "Burn In Hell" von Twisted Sister. Instrumental schneiden sie da durchaus nicht schlecht ab, auch wenn das Original unerreicht bleibt - aber dieser Gesang ... Dee Snider ist ja nun auch nicht der größte Sangeskünstler unter der Sonne, aber was Miguel hier abliefert, geht gar nicht. Schon in den Eigenkompositionen hatte man sich bei seinem Gesang immer mal wieder leicht gegruselt: Wenn er rauh singt, wirkt er grobschlächtig, und wenn er klar-heroisch singt, offenbart er akute Probleme beim Treffen bzw. Halten der Töne, wenngleich kurioserweise keineswegs durchgängig - er kann durchaus singen, stellt man an durchaus nicht wenigen Stellen fest. Nur zeigt er das eben viel zu selten. In "Fuerza Interior" singt er im Duett mit Christian Bertoncelli, den der Argentinien-Metal-Kenner von Renacer und Imperio noch in bester Erinnerung hat - aber selbst der hat hier nicht seinen besten Tag, und irgendwie wirkt der Zwiegesang merkwürdig, ohne daß man hier aber konkrete technische Probleme als Grund anführen könnte, wenn man mal die hohen Parts im Songfinale ausklammert, die ein gutes Stück neben der Spur liegen. "Burn In Hell" allerdings schlägt dem Faß zum Schluß den Boden aus - hier ist sangestechnisch endgültig Schicht im Schacht. Schade drum - dieser Faktor verdirbt einem dann doch ein bißchen den Spaß am Hören des Zweitlings von Angel De Metal (das Debütalbum ist dem Rezensenten bisher nicht bekannt). Wer diesbezüglich starke Nerven hat und abwechslungsreichen Traditionsmetal mag (also beispielsweise Leute, die in den Achtzigern auch Griffin stark fanden), für den könnte diese Band eine Entdeckung sein, und eine Anfrage an Rainer Krukenberg von www.metaleros.de, ob er noch ein Exemplar auf Lager hat, erscheint in diesem Falle sehr sinnvoll. Der Rest widmet sich erstmal den umfassenden Könnern.
Kontakt: www.myspace.com/angeldemetal

Tracklist:
Grita Libertad
Duena De La Noche
Cobarde
Depression
Forjando Metal
Contigo
Violencia
Atrapado
Fuerza Interior
Burn In Hell
 




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