www.Crossover-agm.de
ANGBAND: Saved From The Truth
von rls

ANGBAND: Saved From The Truth   (Pure Underground Records)

Als iranische Metalband einen solchen Albumtitel zu wählen birgt naürlich ein gerüttelt Maß an politischem wie kulturellem Sprengstoff. Selbst wenn das Nietzsche-Zitat "We have art to save us from the truth" auf der Bookletrückseite erstmal in eine andere Richtung zu weisen scheint, so macht der Text des Titeltracks dann doch klar, daß Mahyar Dean, Alleintexter und Hauptsongwriter der Band, hier einiges an Subversivität untergebracht hat, was seinen Staatsoberen nicht so richtig gefallen dürfte. Unabhängig davon ergibt aber auch das Nietzsche-Zitat durchaus zusätzlichen Sprengstoff und macht klar, daß wir es bei Angband nach wie vor mit dem zu tun haben, was man früher als Thinking Man's Metal zu bezeichnen pflegte. Ob es als Zufall zu betrachten ist, daß gerade dieser Titeltrack auch der dramatischste und spannendste des ganzen Albums geworden ist, kann natürlich nicht mit letzter Sicherheit entschieden werden. Aber hier ziehen Angband alle Register, agieren tempo- wie rhythmusvariabel, packen einen über weite Strecken recht emotionalen und ebenfalls sehr variablen Gesang dazu und scheitern lediglich an einem Punkt: Der Refrain ist viel zu unauffällig gestaltet, um seine inhaltlich herausgehobene Position musikalisch angemessen darzustellen. Unglücklicherweise treten solcherart Probleme auch in anderen Songs auf: Natürlich ist progressiv angehauchter Power Metal, noch dazu mit einigen persischen Elementen angereicherter, nicht die Musik, die den Hörer im Sturm gefangennimmt - sie will erschlossen und erarbeitet werden. Nur gibt es diesmal viele Passagen, die eine solche Erschließung aufgrund einer gewissen, sagen wir, Einfallslosigkeit nicht richtig lohnen. Dabei verspricht das emotionale Intro von "Seasons Of My Pain" noch durchaus Großes, aber der Song selbst bleibt dann doch eher durchschnittlich, und besonders das nachfolgende "Fight For Life" zieht sich wie Kaugummi dahin, wobei dieser Eindruck noch durch die Tatsache verstärkt wird, daß über weite Passagen die Leadgitarre lediglich eine Ripieno-Funktion für den Leadgesang ausübt, also die gleiche Melodielinie zeichnet, was über den schleppenden Stakkati irgendwie sehr reizarm wirkt. Eigentlich schade, denn daß Dean und sein Co-Komponist Ashkan Yazdani (dessen Gesang diesmal häufiger an Matt Barlow angelehnt ist) es deutlich besser können, haben sie auf den beiden bisher erschienenen Alben häufig unter Beweis gestellt, und auch auf "Saved From The Truth" finden sich packendere Beispiele. Zwar schwächelt auch die Ballade "Angel" ein wenig (obwohl Freunde der Eigenständigkeit positiv festhalten werden, daß sie nicht so stark an Iced Earth angelehnt ist wie "Forsaken Dreams" vom Vorgängeralbum "Visions Of The Seeker", das dafür aber deutlich ergreifender ausgefallen war), aber das Instrumental "Persia" (wo naturgemäß Elemente der Musik aus der Heimat der vier Bandmitglieder eine zentrale Rolle spielen, allerdings in metallische Klänge übersetzt und nicht auf Originalinstrumenten oder deren Keyboardsimulationen dargeboten) und auch das flotte "Kill The Hatred" machen schon wieder deutlich mehr Hörspaß, wenngleich auch das letztere eine gewisse Schwerfälligkeit in der kompositorischen Entwicklung nicht verhehlen kann, die freilich durch das begeisternde Hauptsolo durchaus wieder kompensiert wird. Aber manche Idee wirkt zumindest für das mitteleuropäische Ohr doch arg konstruiert, wofür "Fearless Dream" gleich mehrere Beispiele bereithält (die Drumfigur im Intro und der ersten Strophe, das refrainartige Gebilde ...), was freilich auch wieder eine Flankierung mit durchaus begeisternden Elementen erfährt (das Hauptsolo, wo auch Bassist Farshad Shokuhfar mal kurz in den Vordergrund treten darf ...). Musikwissenschaftler mögen hier und da vielleicht in der Theorie interessante Umsetzungen nahöstlicher Klangkonzepte entdecken, aber fürs Hören zugänglicher werden selbige dadurch natürlich auch nicht, und auch häufigeres Hören führt nicht zu einem Erkenntnisgewinn, sondern erhöht eher den Verdruß über solche Elemente. So gerät "Saved From The Truth" zwar zum bisher längsten Angband-Album und erfüllt auch von der Produktionsseite aus durchaus internationale Standards, ist aber auch das schwächste dieser Werke, wenngleich im Gesamtmaßstab immer noch genügend Interessantes in den 48 Minuten zu finden ist, um zumindest Anhängern von Iced Earth und Control Denied, die nach wie vor als Referenzbands im westlichen Kosmos herhalten müssen, ein Hineinhören zu empfehlen.
Kontakt: www.angbandmetal.com, www.pureunderground-records.com; zu bekommen u.a. via www.karthagorecords.de

Tracklist:
Seasons Of My Pain
Fight For Life
Man Of The New Time
Saved From The Truth
Angel
Persia
Kill The Hatred
Fearless Dream
Bitter Truth



www.Crossover-agm.de
© by CrossOver