www.Crossover-agm.de AMBEHR: Spider's Web
von rls

AMBEHR: Spider's Web   (Taiga Sounds)

Wer angesichts eines Labelnamens wie Taiga Sounds auf Musik hofft, die den Lautäußerungen eines gereizten Braunbären entspricht, dessen Erwartungen gedenken Ambehr nicht zu erfüllen. Wer aufgrund des Produzentenjobs von Sergej "Lazar", den man in Mitteleuropa von den Blackies Rossomahaar kennt, auf Black Metal aus ist, wird bei Ambehr auch nur in recht geringem Maße fündig. Wer schließlich auf der Ambehr-Homepage die Eigendefinition "Death/Folk/Thrash'" findet und seine Erwartungen danach ausrichtet, könnte zumindest mit dem vorliegenden Drittling "Spider's Web" (die beiden Vorgängeralben kennt der Rezensent nicht und die seither schon wieder erschienenen beiden neuen - die Jungs & Mädels sind wirklich fleißig wie die Karnickel - auch nicht) ebenfalls eine Enttäuschung erleben. Statt dessen haben wir es vom musikalischen Unterbau her eher mit Power Metal zu tun, der zugegebenermaßen ab und zu an der Thrashgrenze kratzt und nicht selten auch höhere Geschwindigkeiten zuläßt, aber keinesfalls ganz im Thrash- oder gar im Deathlager ankommt ("Knights Of Apocalypse" darf als heftigster Song der CD bezeichnet werden - das ist über weite Strecken tatsächlich fieser rauher Death/Thrash mit lärmig-knüppelnder Intropassage und bis auf einen verschleppten Mittelteil, wo die Reiter vorgestellt werden, und einen zweiten Einschub, wo die Reiter offensichtlich zu arbeiten beginnen, sehr hoher Geschwindigkeit). Dazu kommt ein über weite Strecken kreischig-heller Gesang von Bandkopf Art, der, wenn man ihn schon in die Death-Ecke stecken will, allenfalls in Göteborg Platz hätte, viel eher aber Parallelen etwa zu den Finnen Wizzard erkennen läßt. In einigen wenigen Momenten packt Art übrigens auch seine schöne klare Stimme aus, etwa in "Fear", und zudem bekommt er noch doppelte Verstärkung: Erstens streut Produzent Sergej dann doch ein paar wenige Growls ein, und zweitens verfügt die Band mit Marina auch noch über eine Sängerin im hohen, aber nicht klassisch beeinflußten Bereich. Die sorgt dafür, daß die Harmonik im Intro des Openers "Holy Ecstasy" (aber nur die, nicht der Rest des Songs) mit der im Intro von "Way To Happiness" der Bajuwaren Casket zu vergleichen wäre, und ist auch für diverse der folkigen Melodien (dieser Part der Eigendefinition stimmt also) verantwortlich, wenngleich sie genausogut die schmachtende Gothicchanteuse geben kann und die betreffenden Momente dann ein wenig gen alte Tristania oder Theatre Of Tragedy leitet. Gothicfeeling kommt ansonsten in der Musik aber recht wenig auf, allein schon durch die für Gothicverhältnisse deutlich zu hohe Durchschnittsgeschwindigkeit - statt dessen werfen auch die beiden Gitarristen gern folkige Riffs oder Melodien ein, wofür der nach zweieinhalb Minuten Quasi-Intro einsetzende Hauptteil des Titeltracks ein schönes Exempel darstellt, denn dessen (im Arrangement nichtsdestotrotz etwas zu inflationär gebrauchte) Hauptmelodie hätte auch den Segen von Steve Ramsey und seinen Skyclad-Mitstreitern bekommen. Überhaupt wird man bisweilen den Eindruck nicht los, daß Skyclad so klingen könnten wie Ambehr auf "Spider's Web", wenn sie nach ihrem Debüt "The Wayward Sons Of Mother Earth" auf sehr hartem Kurs geblieben wären und irgendwann mal Martin Walkyier durch einen Göteborgschreihals ersetzt hätten - wer sich vorstellen kann, wie die erwähnten Wizzard das Skyclad-Debüt covern, dürfte der Wahrheit des Ambehr-Sounds schon recht nahe kommen. Die folkiger angehauchten Songs gehen aufgrund ihres höheren Merkfähigkeitsgehalts zumeist als erste ins Ohr (dabei hilft die bisweilen etwas zu inflationäre Anwendung der Melodien zugegebenermaßen), während sich zumindest ein Teil des Restes dagegen sperrt, obwohl die musikalische Komplexität unterm Strich gar nicht so sehr hoch ausfällt. Was auch nicht so richtig ins Ohr gehen will, sind die voller religiöser und antireligiöser Bilder (und sprachlicher Ungenauigkeiten ...) steckenden Texte, die keinesfalls ein eindeutiges Bild abgeben, zwar mehrheitlich das kriegerische Wirken vieler organisierter Religionen zur Ablehnung bringen, aber diesen scheinbaren Kurs durch eine Coverversion von "Fire Dance" unterminieren, wobei es sich immerhin um ein Stück aus der traditionellen kaukasischen Komitas-Liturgie handelt (wer findet raus, um welche Taktart es sich dabei handelt, und wer findet raus, ob der nicht im Booklet abgedruckte Text dem Original entspricht?). Wenigstens läßt sich ein anderer Einfluß musikalisch deutlich determinieren, denn nach dem letzten auf der Bookletrückseite angegebenen Track "Counting Rhymes" folgt noch ein elfter Track in zweigeteilter Form. Sein Hauptstück bildet eine musikalisch nicht sonderlich weit vom Original entfernte Coverversion von Judas Priests "Metal Meltdown" (die hauptsächliche Abweichung bildet der Gesang, obwohl der in der "Out of control ..."-Bridge originalgetreu nach Rob Halford klingt), dem man aber sein akustisches Intro "Leather Rebel" belassen hat. Macht viel Hörspaß, diese Version, was auch für den überwiegenden Teil der insgesamt knapp 54 Minuten Musik gilt. Es ist doch immer wieder erstaunlich, was da im Ex-Zarenreich (zumindest Bandkopf Art kommt allerdings tatsächlich aus dem Kaukasus, die neue Inkarnation der Band siedelt aber in Moskau) für gute Bands umherspringen, die auch hierzulande viele Fans finden könnten, von denen man aber in Mitteleuropa keinen blassen Schimmer hat. Wem der gängige Folkmetal nicht hart genug ist, der könnte mit Ambehr eine neue Favoritenband finden.
Kontakt: www.ambehr.com

Tracklist:
Holy Ecstasy
The Countdown
Fear
Spider's Web
Knights Of Apocalypse
In The Name Of God
Evil's Garden
Black Star
Fire Dance (after Komitas)
Counting Rhymes
Leather Rebel/Metal Meltdown



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