www.Crossover-agm.de AHAB: The Boats Of The Glen Carrig
von ta

AHAB: The Boats Of The Glen Carrig   (Napalm Records)

Was ich an Ahab bewundere, ist ihr Selbstbewusstsein. Man merkt jedem Album an, dass es von den Erwartungen einer Hörerschaft emanzipiert komponiert wurde und die vier Köpfe dahinter stur durchziehen, wonach ihnen der Sinn steht. Was ertragreich erscheint, wird ausprobiert, und in der Regel spricht das Ergebnis für sich. Auf "The Boats Of The Glen Carrig", dem vierten Ahab-Album, ist das beispielsweise der Klargesang von Daniel Droste. Der hält sich ebenso wie auf "The Giant" die Waage mit seinem Grunzorgan, weist aber diverse neue Nuancierungen auf, die das weiter erstarkte Selbstbewusstsein als Sänger verkörpern - z.B. geht Droste neue Töne im Verlauf einer Melodie oft nicht direkt an, sondern einen Ganzton tiefer und schleift die Stimme dann nach oben.
Auch die Bandbreite der vom Gesang abgedeckten Stimmungen ist noch ein Stück größer geworden. Gegen Ende von "Like Red Foam (The Great Storm)" gibt es etwa eine abgefahren arrangierte Passage, die eher an Psychedelic erinnert als an Doom. Überhaupt lehnt der Track sich mit einem Indie-Riff, das an Enslaved erinnert, weit aus dem Fenster, aber das ist man vom Vorgängeralbum ja bereits gewohnt.
Psychedelic-Referenzen gibt es auch in "The Weedmen", und die ersten Minuten von "To Mourn Job" liegen von der Grundatmosphäre her näher an den Balladen von alten King Crimson als an sagen wir Thergothon. Generell sind die ruhigen Momente häufig weniger von doomiger Düsternis als von theatralischer Tragik gezeichnet. Und für die nehmen sich Ahab gern Zeit. Das genannte "To Mourn Job" mäandriert in seiner Mitte mehrere seiner vierzehn Minuten um sehnsuchtsvolle Gitarrenklingeleien, die inzwischen mit ihren hellen Akkorden auch einen Signatursound von Ahab darstellen.
Dringt man in die Details vor, sieht man, wie Ahab es geschafft haben, dass "The Boats Of The Glen Carrig" sich nicht so doomig anfühlt, obwohl es - was Grundtempo und Instrumentierung betrifft - mit lauter Doom-Elementen hantiert: Die Doom-Elemente werden mit einer gewissen Leichtfüßigkeit arrangiert. Wenn etwa in "The Light In The Weed" nach sechseinhalb Minuten der benannten sehnsuchtsvollen Gitarrenklingeleien der Verzerrer angeschaltet wird, erklingt ein Riff, das man im traditionellen Funeral-Style arrangieren könnte, mit tiefen Growls und schleifendem Schlagzeug. Stattdessen gibt es klagenden Clean-Gesang und eine eher verspielte Beckenarbeit.
Ich hatte King Crimson erwähnt. Auf deren frühen Alben gab es oft minutenlange Improvisationspassagen, deren Sinn sich nur schwer erschloss. Ähnlich geht es mir hin und wieder bei diesem Album. Warum etwa der ruhige Einstieg von "The Light In The Weed" fast sieben Minuten statt nur drei dauern muss, verstehe ich nicht. Vielleicht muss er es auch gar nicht. Vielleicht wollten Ahab auch einfach nur ausprobieren, wie es ist, ihn auf fast sieben Minuten auszudehnen. Wie gesagt, das Selbstbewusstsein dazu haben sie. Es kann halt nur auch bedeuten, mal übers Ziel hinauszuschießen. Mit fiel es bei "The Boats Of The Glen Carrig" jedenfalls schwerer, die ganze Zeit am Ball zu bleiben, als bei seinen drei Vorgängern.
Einige Randnotizen zum Abschluss. Als Bonustrack enthält das Album mit "The Turn Of A Friendly Card" eine Coverversion, die das über 30 Jahre alte Original des Alan Parsons Project kongenial in den Ahab-Kosmos transferiert, ohne dem Original dabei Gewalt anzutun, und gleichzeitig das künstlerische Selbstverständnis der Band besser widerspiegelt, als es jedes Doom-Cover täte. Und textlich geht es wieder ein Stück weniger hochliterarisch zu als auf "The Giant", das auf anspruchsvolle Weise Poes "Arthur Gordon Pym" verwurstete. "Die Boote des Glen Carrig" sind eine 1907 erschienene Horrorgeschichte von William Hope Hodgson, die hier relativ geradlinig nacherzählt wird.
Kontakt: www.ahab-doom.de, www.napalmrecords.com

Tracklist:
1. The Isle
2. The Thing That Made Search
3. Like Red Foam (The Great Storm)
4. The Weedmen
5. To Mourn Job
6. The Light In The Weed (Mary Madison)
7. The Turn Of A Friendly Card



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