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von ta

ENSLAVED: In Times   (Nuclear Blast)

Na hoppla. "Thurisaz Dreaming", der Opener von "In Times", wütet gleich mit Blastbeats und einem schwarzmetallischen Rasierapparat los, wie man ihn von Enslaved lange nicht mehr gehört hat, und ist auch nach der bald einsetzenden Tempoverlangsamung kalt und norwegisch wie lange nicht mehr. Auch über den Rest des Albums verteilt finden sich Black-Metal-Riffs, wie sie in dieser direkten, noch nicht durch Wikingerepik gebrochenen Art das letzte Mal zu "Frost"-Zeiten auf einem Enslaved-Album erklangen. "The frost never thaws", heißt es im Titeltrack an fünfter Stelle, und Zufall ist das nicht. Auch mit dem dreizehnten Album gelingt es den Norwegern also, zu überraschen.
Aber wie gesagt, der Einsatz dieses Elements ist wohldosiert, wie überhaupt alles an diesem Album. Auf "Ritiir" wechselte mit jedem Song der Stil. "In Times" ist da flüssiger, enthält zwar wie sein Vorgänger neben dem erwähnten Rasierapparat auch Prog-Elemente, verträumten Gesang, epische Gitarrensoli und was man eben sonst noch von neuen Enslaved kennt und erwartet, nur das alles eben nicht von Stück zu Stück, sondern in jedem einzelnen Stück. Obendrauf kommt als neues bzw. wiederentdecktes Element der Männerchor. Das alles wird verrührt und in sechs jeweils etwa neunminütige Kompositionen gegossen, die sich durch die gleichmäßige Verteilung atmosphärisch sehr ähnlich sind, dadurch aber auch einen dauerhaften Qualitätsstandard garantieren.
Und der ist hoch, verdammt hoch. "In Times" enthält sechs Volltreffer, die derart perfekt komponiert sind, dass ein Rezensent anmerkte, das Album sei "so erwachsen, dass man es am liebsten siezen möchte". Das mag sein. Aber gerade das macht den Reiz dieses Albums und das Geniale daran aus: Absolut keine Sekunde ist überflüssig, jedes Arrangement ist natürlich eingepasst, alles wirkt ganz selbstverständlich, und das ist bei dieser Kombination äußerst unterschiedlicher Grundzutaten eine wahrhafte Kunst.
Gräbt man sich tiefer in die Machart dieses Albums vor, erhält man eine Ahnung von dem langen Weg hin zur Perfektion, die es schließlich erreicht hat. So wurde noch nie ein Album von Enslaved derart durch die Rhythmusarbeit zusammengehalten. Keine ungerade Taktart wirkt überheblich oder angeberisch, ganz im Gegenteil, "In Times" ist auf eine sehr unbescheidene Weise technisch.
Aber "In Times" funktioniert nicht nur unter dem Filetmesser der Musikanalyse. Es funktioniert auch als atmosphärische Einheit, die betört, berührt und mitreißt. Himmlische Melodien und massenweise stimmungsvolle Riffs fallen geradezu nebenbei im Akkord ab. Hinzu kommt eine sinfonische Note, die insbesondere von den Keyboards und diversen Gesangsarrangements herrührt und mehr denn je an warmen ProgMetal erinnert.
"In Times" ist die ultimative Enslaved-Blaupause, ein Album, das in seiner Selbstverständlichkeit zeigt, dass Enslaved in einer eigenen Liga spielen, an die nur wenige Bands anschließen können. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber der Weg dorthin ist es. Betrachtet man die Historie von Enslaved, wäre es konsequent, sie würden sich nach diesem Album auflösen. Der Perfektionismus von "In Times" ist nicht mehr steigerbar.
Kontakt: www.facebook.com/enslaved, www.nuclearblast.de

Tracklist:
1. Thurisaz Dreaming
2. Building With Fire
3. One Thousand Years Of Rain
4. Nauthir Bleeding
5. In Times
6. Daylight



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