www.Crossover-agm.de ACID: Acid
von rls

ACID: Acid   (HNE Recordings)

Lange bevor man eine bestimmte Spielart der elektronischen Musik mit dem Namen Acid zu bezeichnen begann, wählte eine belgische Metalband das englische, aber lateinisch grundierte Wort für "Säure" als Bandname, als sich drei Musiker von einer Band namens Previous Page abspalteten, um härtere und schnellere Musik spielen zu können. In der Härter-und-schneller-Welle des Frühachtziger-Metals waren Acid jedenfalls ganz vorn mit dabei, was die europäischen Bands anging, die zu dieser Zeit noch eine Leitfunktion ausübten, bevor Metallica und Slayer ab 1983 dafür sorgten, daß die neuen Impulse aus Amerika kamen. Acid hatten diesbezüglich das Glück, daß ihr selbstbetiteltes Debütalbum schon im Januar 1983 herauskam, als Metallica hierzulande erst einem absoluten Insiderpublikum bekannt waren - man kannte Venom und natürlich auch Motörhead, es gab Raven und andere nachstoßende NWoBHM-Bands, auch Accepts "Restless And Wild" mit dem immens schnellen "Fast As A Shark"-Opener war schon draußen, aber die Speerspitze der schnellen Metalbands war noch relativ übersichtlich, und mit Acid gesellte sich nun ein Quintett hinzu, das von Venom Teile des Images und eine Portion Tempo und Rauhheit übernahm, aber spielkulturell viel weiter oben anzusiedeln war und eher an eine deutlich gehärtete Version von Girlschool erinnerte, nicht zuletzt aufgrund des Fakts, daß Acid zwar nicht komplett weiblich besetzt waren, aber immerhin eine Sängerin in ihren Reihen hatten: Kate war alles andere als eine Sangeskünstlerin (wobei der Akustikpart in "Heaven's Devils" unter Beweis stellt, daß sie durchaus melodisch singen konnte), aber ihr energisches Shouting paßte prima zum ungeschliffenen Sound der vier Instrumentalisten, die wie sie gleichfalls unter Pseudonymen firmierten, wobei sie selber bürgerlich einfach Katrien De Lombaert hieß, während man bei den Instrumentalisten von Demon, Dizzy Lizzy, T-Bone und Anvill nicht zwingend auf die bürgerlichen Namen schließen konnte. Drummer Geert Ricquier aka Anvill bekam in den zehn Songs des Debütalbums jedenfalls jede Menge Arbeit - und nicht nur das, er bekam auch einen eigenen Signature-Song, das speedige "Anvill", natürlich mit Drumsolopart, hier in der Studioversion eher kurz, aber für Livezwecke natürlich problemlos weiter ausbaubar, wobei der songeinleitende Drumpart möglicherweise eine Verbeugung vor Manowars "Battle Hymns" darstellt, falls selbiges 1982er Werk damals schon bekannt gewesen sein sollte. Die Evolution der Band läßt sich anhand der Bonustracks der vorliegenden Wiederveröffentlichung prima nachvollziehen, denn neben zwei nicht weiter weltbewegenden Proberaum-Demofassungen von "Five Days' Hell" und "Woman At Last", die für das Album dann beide neu eingespielt wurden (in der Demofassung des erstgenannten Songs ist augenscheinlich nur ein Gitarrist zu hören - jedenfalls gibt es keine Rhythmusgitarre unter dem Solo), finden sich dort auch "Hell On Wheels" und "Hooked On Metal" in den Fassungen, wie sie im März 1982 auf einer Single erschienen waren. Auch sie wurden für das Debütalbum später nochmal neu eingespielt, und die Albumfassungen sind ein gutes Stück zügiger als die Singlefassungen, bilden aber trotzdem mit Abstand die beiden langsamsten Songs des Albums, beide in einem relativ stampfenden Midtempo gehalten, während ansonsten die Hochgeschwindigkeit dominiert und gleich der Opener, die Bandhymne "Acid", klarmacht, was von der Band und dem Album im Jahr 1983 zu erwarten wäre. Das schleppende Intro von "Woman At Last" und das völlig merkwürdige Klavierintro von "Heaven's Devils" führen diesbezüglich gekonnt in die Irre, verbirgt sich im weiteren Verlauf des jeweiligen Songs doch enorm treibendes Midtempo kurz vor der Speedgrenze (diese im Hauptsolo dann auch überschreitend) oder eben der pure Speed Metal, wie er damals noch in den Kinderschuhen steckte (wenngleich der erwähnte Akustikpart nochmal einen weiteren Kontrapunkt setzt). Und obwohl sich Lemmy immer schwer tat, den Einfluß seiner Band auf die damalige Metalszene anzuerkennen, so hört man auch bei Acid vor allem im Riffing deutliche Motörhead-Einflüsse durch, die freilich auch auf gemeinsame Interessen im Rock'n'Roll- und Blues-Bereich zurückgehen können, die vor allem Gitarrist Dirk Simoens aka Dizzy Lizzy pflegte, wie man dem Interview im Booklet des vorliegenden Re-Releases entnehmen kann, dessen Struktur allerdings etwas merkwürdig ist und ahnen läßt, daß es in verschiedenen Konstellationen in Schriftform geführt und später die Statements der einzelnen Bandmitglieder zusammengesetzt wurden, denn bisweilen antwortet einer auf eine Frage, die ein anderer gerade eben schon gleichartig (oder manchmal auch divergierend) beantwortet hat. Das Interview beleuchtet die Frühphase bis 1983 - wer sich für seine Fortsezung und die der Bandkarriere interessiert, braucht auch den Re-Release des zweiten Albums "Maniac". Nach dem dritten Album "Engine Beast" gaben Acid auf und wurden erst in den Mittneunzigern von den Spürnasen des "Heavy, oder was!?"-Magazins wieder ausgebuddelt, damals mit einem ausführlichen Interview mit Kate, die zwischenzeitlich T-Bone aka Peter Decock geheiratet hatte. Selbiges Interview war auch für den Rezensenten die erste nähere Begegnung mit der Band, die er zuvor nur vom diffusen Namenlesen her kannte - aber bis zur ersten Audio-Begegnung sollten nun noch einmal zwei Jahrzehnte ins Land ziehen, in denen Acid zwar wie viele andere alte Bands auch einige wenige Liveauftritte absolvierten, aber kein neues Studiomaterial herausbrachten, so daß die Erkundung über den alten Stoff diesbezüglich alternativlos ist und sich gerade im Zuge der heutigen "Back to the roots"-Bewegung im Metal auch definitiv lohnt.
Kontakt: www.hnerecordings.com

Tracklist:
Acid
Ghostriders
Hell On Wheels
Anvill
Demon
Hooked On Metal
Woman At Last
Five Days' Hell
Heaven's Devils
Satan
Hell On Wheels (7'' Version)
Hooked On Metal (7'' Version)
Five Days' Hell (Demo Version)
Woman At Last (Demo Version)
 




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