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Bettina Roccor: Heavy Metal - Die Bands. Die Fans. Die Gegner.
von rls anno 1999

Bettina Roccor: Heavy Metal - Die Bands. Die Fans. Die Gegner.

Allen, denen die Roccor-Dissertations-Publikation "Heavy Metal - Kunst. Kommerz. Ketzerei" zu wissenschaftlich war, kann mit diesem Buch geholfen werden, denn ein Teil der Essenzen aus genannter Dissertation ist hier zusammengefaßt. Soll heißen: Der wissenschaftliche Anspruch des Geschriebenen bleibt erhalten, die Ergebnisse sind selbstverständlich die gleichen, nur die äußere Hülle der Darbietung ist gestrafft und etwas geglättet worden. Das Buch, so heißt's im Vorwort, "... richtet sich an alle, die Heavy Metal jenseits der abgenudelten Stereotypen kennenlernen wollen." Damit machte sich besagte Glättung natürlich notwendig, denn so erhält auch jeder Leser aus der durchschnittlichen grauen Masse die Chance, die Roccorschen Messages über Heavy Metal zu verstehen. Um erstmal ein Grundwissen zu erzeugen, ist die knappe Hälfte des Buches einem mit "Die Geschichte des Heavy Metal" überschriebenen Kapitel gewidmet, das aber außer einer Entwicklungsdarstellung auch noch Einblicke in die verschiedenen Spielarten des HM gibt sowie den Aspekt "Frauen als HM-Musikerinnen" abhandelt. Für den Einsteiger ist das Kapitel durchaus okay, aber der Insider dürfte hier und da doch was auszusetzen haben, so z.B. auf S. 69, wenn in einer Liste mit Bands des "radikalen Blackmetal-Undergrounds" zwischen Mayhem, Burzum und Dark Throne plötzlich auch Impaled Nazarene, Unholy und gar Enslaved auftauchen, die zwar allesamt keine Whitemetaller sind, aber aus verschiedenen Gründen keinesfalls zum radikalen Blackmetal-Underground gehören. Für ungeschickt halte ich auch das Einflechten eines Zitates aus Matthias Herr's Heavy Metal Lexikon im Abschnitt über Slayer (S. 53 f.), denn gerade diese prächtig bildhafte, aber mit sehr extremen Worten formulierte Darstellung dürfte dem Durchschnittsleser wie eine Kröte im Hals steckenbleiben und erfüllt ihren Zweck an dieser Stelle daher nicht.
In den anderen vier Kapiteln kommen, wie oben gesagt, weitere Essenzen aus der Dissertation zu Papier. Das reicht von Statements zu den Texten über eine (aufgrund der Kürze nur andeutbare) Fantypologie und die kommerzielle Vermarktung des Metal bis hin zu einer leider zu kurz gehaltenen Sammlung von (Vor-)Urteilen der verschiedenen HM-Bekämpfer. Daß sich auch hier einige Fehlerchen eingeschlichen haben, ist ärgerlich, trübt das Bild zum Glück aber nur unwesentlich (wenn in einer Aufzählung von Bands, die "... aus den Metalhochburgen Hannover, Dortmund, Frankfurt oder Düsseldorf" stammen, mit Helloween und Running Wild zwei Hamburger Bands stehen, außerdem noch Rumble Militia aus Bremen, Accept aus Solingen, Kreator aus Altenessen sowie Rage aus Herne - die einzigen Bands der Aufzählung, die wirklich aus einer der vier genannten Städte kommen, sind die Frankfurter Tankard und die Böhsen Onkelz -, kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen; das hätte Herr Bäumer auch noch so hingekriegt). Dafür ist das Literaturverzeichnis wieder äußerst ausführlich und nützlich. Das Attribut "nützlich" trifft auch für das gesamte Buch zu, das bestens geeignet erscheint, auch bei der etwas breiteren Masse diverse schiefstehende Betrachtungsweisen des Metal-Genres wenigstens halbwegs wieder zu justieren (so, wie ich die Masse kenne, wird sie's aber trotzdem nicht tun ...). Falls eure Eltern also drohen, euch wegen eures metallischen Faibles zu enterben, dann schenkt ihnen bei passender Gelegenheit dieses Buch, das euch jede Buchhandlung innerhalb von 24 Stunden organisieren können müßte.

Bettina Roccor: Heavy Metal: Die Bands. Die Fans. Die Gegner. München: C.H. Beck 1998. ISBN 3-406-42073-7. 192 Seiten. DM 19,80
 






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