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Dan Lucarini: Worship bis zum Abwinken
von *tf anno 2003

Dan Lucarini: Worship bis zum Abwinken

Bevor Dan Lucarini Christ wurde, war Rockmusik sein Leben, und auch nach seiner Bekehrung wirkte er musikalisch in Anbetungsteams mit, komponierte und arrangierte moderne christliche Songs und wurde schließlich Lobpreisleiter. Dann jedoch erfuhr seine Einstellung zu christlicher Musik eine erstaunliche Wende. In diesem Buch berichtet er von seiner geistlichen und musikalischen Entwicklung und legt seine heutige Überzeugung dar: Die moderne christliche Musikszene, insbesondere die "zeitgemäße", von Rockmusik beeinflusste Anbetungsmusik, ist eine große geistliche Gefahr für die Gemeinde und das Leben als Christ. Soweit die Informationen des Klappentextes. Wie gesagt, es geht um Überzeugungen. Da ist es schwer, sachliche Auseinandersetzung mit dem Gegenstand des Interesses zu führen, obwohl uns der Autor genau dies suggeriert. Ausgangspunkt der Betrachtungen ist das Statement: "Die Bibel reichte aus; es war keine Rockmusik nötig, um mich zum Evangelium zu führen". Soweit, so schlecht. Denn hier wird persönliche Erfahrung zum Allgemeingut erhöht.
In diesem Duktus geht es nun weiter. Da wird berichtet, dass die Rockmusik großen Einfluss auf das Fleisch des Autors hatte, dass sie sich gegen das Evangelium stellte und überhaupt Ausgangspunkt für ständige sexuelle Ausschweifungsgedanken von Herrn Lucarini war. Dies vom Einzelfall als anthropologische Wahrheiten zu verkünden, ist einfach unseriös. Aber Seriosität und Überzeugungstäterschaft sind auch nicht unbedingt Partner des gleichen Weges.
Lesen wir weiter. Da erfahren wir, dass nur Musik gläubiger Menschen zum Lobe Gottes geeignet ist. Leider wird nichts darüber gesagt, welchem Glauben diese Menschen angehören müssten. Das zu wissen, wird auf Seite 18 schon vorausgesetzt. Und nun geht es Schlag auf Schlag. Zeitgemäße christliche Musik (CCM = contemporary christian music) ist eine heidnische Anbetungspraktik und wird von Gott schwer gerichtet werden. CCM ist profan und vulgär und besudelt die Heiligkeit Gottes. Und endlich geht's zur Sache: "... die CCM-Bewegung sagt: Komm wie du bist. Das Problem ist jedoch, dass diese Botschaft oft bedeutete: Bleib wie du bist." Aus dem "oft" dieses Zitates wird ohne weiteren Kommentar Lucarinis ein "immer". Und nun wird verbunden mit den persönlichen Erfahrungen des Autors (siehe oben) eine Auslese von Bibelstellen präsentiert, die ein Widersprechen scheinbar unmöglich macht. Da wird aus dem "so-bleiben" plötzlich Sünde. Wir brauchen demnach für echte Bekehrung nicht nur einen neuen Geist und ein neues Herz, sondern auch einen neuen Musikgeschmack, neue Sprache und neue Kleidung. Soweit das Destillat der "biblischen Betrachtung" von Herrn Lucarini. Und wenn andere Autoren (Fermor, Tischer, Koenot u.a.) das religiöse Erbe der Rock- und Popmusik im Rhythmus suchen, hat Dan Lucarini das sündhafte der Rock- und Popmusik eben dort gefunden. Weil es der Rhythmus ist, der unweigerlich sein (und wie er folgert auch unser) Fleisch anspricht und "... uns an die Lieblingslieder der Welt erinnert." Was, wie wir erfahren durften, eben sündhaft ist. Lassen wir den Autor noch einmal zu Wort kommen: "Ich bin heute überzeugt, dass Gott unsere Anbetung nicht annehmen wird, wenn sie mit Musikstilen dargebracht wird, die auch von Heiden bei ihrem sündigen Treiben verwendet werden." Klingt interessant und für jüngere Leser sicher auch verlockend. Aber wir wissen mittlerweile auch, was für den Autor sündhaftes Treiben ist. Und das ist nun wieder auch nicht so spektakulär. Was allerdings beim Lesen auffällig ist, dass aus Worten wie "scheinbar", "oft" oder "gelegentlich" spätestens zwei Seiten später Wahrheiten, nein: dogmatische Lehrsätze geworden sind. Das wird dann vermixt mit einigen zutreffenden Beschreibungen wie "... plötzlich versuchten die Gemeinden, Rockmusik in ihre Gottesdienste zu integrieren, legten aber dabei eine miserable Qualität an den Tag ...", spezifisch interpretierten Bibelzitaten und einem platten Dualismus.
Dabei kann man Lucarini nicht vorwerfen, eine Schmähschrift gegen christliche Rockmusik geschrieben zu haben. Dazu ist sein Stil einfach zu freundlich. Vorwerfen kann man ihm allerdings das Reden mit gespaltener Zunge - so stehen Aussagen im vorderen Teil des Buches denen an späterer Stelle konträr gegenüber und ein demagogischer Eifer tritt zutage, der dem von Kulturoffizieren der verblichenen DDR in nichts nachsteht. Ein Anflug von Mitleid überkommt mich beim nochmaligen Durchblättern des Büchleins. Mitleid mit dem Autor, der "... noch immer vom Tier der Rockmusik gepeinigt ..." und von "... lüsternen Neigungen verfolgt ..." wird. Möglicherweise sind diese Phobien ja ebenso heilbar wie krankhafte Logik, wie aus "Schmeichelei für das Ego und die Attraktivität der Mädchen und Frauen im Lobpreisteam" (S. 28) ohne Vorwarnung "freier und außerehelicher Sex und Drogenkonsum" (S. 77) wird.
Eigentlich hätte Herr Lucarini nur eine einzige Seite schreiben müssen, um jegliche Musik für das Lob Gottes zu disqualifizieren. Auf Seite 80 arbeitet er heraus, dass Jubal - der Vorvater aller Musiker - ein direkter Nachkomme Kains war. Sünde und Gottlosigkeit ist also Musikern quasi angeboren. Noch Fragen? (Ja. Warum ist dieses Buch so spät erschienen, daß ich es nicht mehr für "Haarus Longus Satanas?" verarbeiten konnte? - Anm. rls) Emails an den Autor unter danlucarini@msn.com

Dan Lucarini: Worship bis zum Abwinken. Betanien 2002. ISBN 3-935558-57-0






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