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Brian J. Giffin: The Australian Metal Guide
von rls anno 2005

Brian J. Giffin: The Australian Metal Guide

Australien ist ein riesiges, aber dünn besiedeltes Land; außerhalb der Städte muß man, wenn man als Sänger/Bassist 'ne Band gründet und die beiden Nachbarfarmerssöhne als Gitarrist bzw. Drummer anheuert, schon mal zwei Tage fahren, bis man den gemeinsamen Proberaum erreicht hat. Aufgrund der immensen Entfernungen auch zwischen den einzelnen Großstädten ist es in diesem Falle verständlich, daß sich selbst dort lokale Szenen herausbildeten, die zunächst weitgehend isoliert blieben, und nur wenige australische Bands haben es zu landesweiter Popularität gebracht. Brian J. Giffin spürt in seinem Buch nun beiden Sorten nach, den großen Bands ("groß" kann dabei sowohl einen nationalen wie einen internationalen Maßstab bedeuten) wie denen, die es gerade mal für ein paar einzelne Gigs auf die Bühne gebracht haben; das ist der strukturelle Unterschied zu den anderen Metallexika aus dem Hause Iron Pages, wo als Aufnahmekriterium mindestens ein Tonträger vorzuweisen war - hier dagegen findet man auch Bands wie die christlich orientierten Traditionsmetaller Krioni, die es lediglich auf den Beitrag "Black" auf Steve Rowes "Godspeed"-Sampler brachten, die Death Metaller The Implicate Order, die erst 2002, also knapp vor dem Redaktionsschluß Mai 2003, gegründet wurden, oder die "esoterischen Black Metaller" Haar, die es trotz Gründungsdatum 1994 bis zum Redaktionsschluß nicht auf eine Veröffentlichung brachten. Selbstredend kann dieser Under-Underground nicht komplett vertreten sein - man stößt in den Texten noch des öfteren auf Namen nicht aufgeführter Bands. Der Begriff "Metal" im Titel muß relativ weit gefaßt werden, denn Giffin behandelt auch diverse zweifellos hart rockende und auch von vielen Metallern geliebte, aber eigentlich keinen Metal spielende Bands wie The Angels oder - natürlich - AC/DC (wohingegen Punk, Hardcore und verwandte Genres bis auf die legendären Hard Ons nahezu abwesend bleiben). Beim Durchlesen des in recht gut verständlichem Englisch geschriebenen Buches fallen mehrere Dinge auf. Erstens existierten auch in Australien massenweise Bands, die sich einen anderweitig schon (ob erfolgreicher, mag dahingestellt sein) verwerteten Namen gegeben haben (etwa Aftermath, Torment, Hollow oder Sanctuary), daß das gleiche Phänomen aber auch umgekehrt passieren konnte (als sich die australischen Fair Warning 1987 auflösten, gab es die gleichnamige deutsche Band, die später vor allem in Japan abräumte, noch gar nicht, und auch die popmetallischen Belial aus Adelaide hatten sich schon aufgelöst, ehe die gleichnamigen finnischen Black Metaller etwas bekannter wurden), daß der traditionelle Power Metal in den Neunzigern in Australien ein noch schattigeres Dasein geführt haben muß als im restlichen Teil der Welt, wohingegen der Kontinent immer ein guter Brutkasten für die extremeren Metalspielarten gewesen sein muß, zieht man den Anteil von Death, Black- und Grind-Bands an der gesamten Szene ins Kalkül. Kann natürlich auch sein, daß dies an Giffins musikalischen Interessen liegt (die sind offensichtlich im extremeren Bereich angesiedelt - diesen Eindruck gewinnt man jedenfalls beim Lesen) und seine Bandkartei im gemäßigteren Bereich einige Lücken aufweist - das zu ergründen bleibt aber dem absoluten Aussie-Insider vorbehalten, meine überblicksartige Bandkenntnis aus diesem Areal läßt jedenfalls keine großen Spaltengebiete erkennen, lediglich das Fehlen von Teramaze ist mir aufgefallen. Giffins Bandkapitel bleiben meist im kompakten Rahmen (nur über die ganz Großen läßt er sich etwas länger aus), und viele Bandeinträge vor allem undergroundigerer Bands ähneln sich durchaus stark, so daß beim Lesen am Stück schnell Langeweile aufkommen kann (wenngleich natürlich jede Menge Wissen eruiert werden darf - wer hätte beispielsweise gewußt, daß bei den Traditionsrockern/-metallern Rosanna's Raiders ab 1981 Johnno Zaffarese hinterm Drumkit saß, dessen Sohn Adam ab 2000 den gleichen Posten bei Mortification bekleiden sollte?). Aber der Nutzen als Nachschlagewerk wird dadurch nicht beeinträchtigt - diesem wiederum hätte eine etwas größere Konsequenz bei den Besetzungsangaben gut getan, denn das hier zu findende Kauderwelsch aus alphabetischer, chronologischer und gar keiner Ordnung der Bandmitglieder ist besonders bei diversen Besetzungswechselkönigen nicht leicht zu durchschauen (wohingegen die Idee, nicht nur die Gründungsbesetzung als Einleitung zum jeweiligen Bandkapitel anzugeben, sondern, wo bekannt, alle Mitglieder und ihre Dauer der Bandzugehörigkeit, durchaus positiv zu bemerken ist). Die den Bandbeschreibungen nachgeordneten Diskographien beschränken sich nicht nur auf eigenständige Tonträger, sondern listen akribisch auch Samplerbeiträge auf; in den Diskographien ist allerdings die Unvollständigkeit der Lizenzpressungsangaben zu konstatieren (bei einigen Bands gibt's diese Infos, bei anderen, z.B. Virgin Black oder Paramaecium, fehlen sie). Trotz dieser kleinen schwachen Seiten (auch eine Angabe hilfreicher URLs für den Interessenten zur Einarbeitung ins Sujet muß zu den Desideraten gezählt werden, die Bandkapitel enthalten ebenfalls keine URLs) ist "The Australian Metal Guide" ein Pflichterwerb für jeden Metalhead, der sich für die Szene down under interessiert und schon immer mal wissen wollte, wer eigentlich hinter Horde steckte. Zum Reviewabschluß noch ein paar Schmankerl aus den Besetzungslisten: Die Grinder Volatile hatten ihren Drumcomputer Nigel Nofriends getauft, bei den Blackies Urgrund spielte 2001 ein Bassist namens Sparticus Stöve, und wenn Post Life Disorder-Drummer Rudi Weber und Pleasure Ground-Gitarrist Karl Reimann nicht allermindestens deutsche Vorfahren haben, weiß ich auch nicht mehr weiter ...

Brian J. Giffin: The Australian Metal Guide. Berlin: I.P. Verlag 2004. 176 Seiten. ISBN 3-931624-23-4. 18,90 Euro. www.ip-verlag.de






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